Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wenn Banken Besserverdiener bevorzugen
Finanzmarkt Wie die Postbank mit einer Änderung einen Teil ihrer Kunden verärgert
Augsburg Der Ärger begann für Michael Wolf vor knapp drei Monaten. Der 69-jährige Rentner aus Friedberg bekam damals Post von seiner Bank. Worum es geht, verrät die Postbank erst im fünften Absatz des Schreibens: Ab 1. November erhebt das Geldhaus für das Konto Giro plus, das auch Wolf und seine Frau nutzen, 3,90 Euro Kontoführungsgebühren. Für die bisher kostenlosen Leistungen zahlen die Kunden also künftig knapp 50 Euro im Jahr.
Michael Wolf ärgert sich über die zusätzlichen Kosten, eine andere Sache regt ihn aber noch mehr auf: Er empfindet die Änderung als „Affront gegen die Rentner“. Denn die Postbank kassiert nicht bei all ihren Kunden gleich ab. Wer monatlich Einnahmen von mehr als 3000 Euro hat, muss auch weiterhin nichts für sein Girokonto zahlen. „Ich finde das unsozial, dass da solche Unterschiede gemacht werden“, sagt Wolf. Die Bank argumentiert auf Anfrage damit, dass Kunden mit einem höheren Einkommen überproportional oft auch andere Produkte der Bank in Anspruch nähmen, zum Beispiel eine Baufinanzierung oder einen Ratenkredit. Darüber hinaus sieht die Postbank „bei dieser Zielgruppe Chancen, künftig zusätzliches Geschäft zu machen, etwa bei Wertpapieren“. Dadurch sei es möglich, den Besserverdienern besondere Konditionen einzuräumen.
Die Postbank ist nicht das einzige Geldhaus, das sich vom Gratis-konto verabschiedet. Auch die Hypovereinsbank verlangt seit Juli zwischen 2,90 und 7,90 Euro von ihren Kunden für die Kontoführung. Sparkassen-präsident Georg Fahrenschon betonte erst vor kurzem, er erwarte, „dass es in einigen Jahren praktisch nirgendwo mehr kostenlose Girokonten geben wird“.
Den Banken macht vor allem die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank zu schaffen. Weil die Zinsen so niedrig sind, verdienen die Kreditinstitute am Geldverleih kaum noch. Ein kostenloses Konto können sie sich in dieser Situation kaum noch leisten. Daneben werden die Banken immer kreativer, wenn es darum geht, neue Einkommensquellen aufzuspüren. Viele Geldhäuser verlangen mittlerweile Gebühren für alltägliche Leistungen wie Papier-überweisungen oder das Bereitstellen einer Girokarte. Verbraucherschützer kritisieren diese versteckten Kosten massiv. „Der Kunde verliert dadurch schnell den Überblick“, sagt etwa Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern. Finanzexpertin Stephanie Pallasch von der Stiftung Warentest rät dazu, im Zweifelsfall zu einem günstigeren Konto-modell oder gleich zu einer anderen Bank zu wechseln.
Das hat auch Michael Wolf, der Kunde aus Friedberg, gemacht – wenn auch eher unfreiwillig. Der Rentner legte bei der Postbank Widerspruch gegen die Änderung ein – und erhielt kurz darauf die Kündigung. Durch den Widerruf bestehe „leider keine Basis mehr“für den mit Wolf geschlossenen Girovertrag. Wolf hat nun ein neues Konto bei einer Internetbank – ohne Kontoführungsgebühren.