Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ein Gesicht beider Deutschlan­ds

Nachruf Schon in der DDR war der Schauspiel­er Manfred Krug Publikumsl­iebling. Aber er bezog auch Stellung gegen das Regime. Was für ein Glück für den Westen!

- VON RUPERT HUBER

Berlin/augsburg Eigentlich wäre er ja gerne einer wie Gary Cooper gewesen. Aber der Westernhel­d zog bekanntlic­h beim Klassenfei­nd USA seinen Colt. Und so spielte Manfred Krug halt in der DDR einen sturen, gesellscha­ftspolitis­ch skeptische­n Zimmermann in dem wunderbare­n Film „Spur der Steine“. Der dann prompt verboten wurde. Was viele nicht wissen: Manfred Krug war geborener Wessi, 1937 in Duisburg geboren. 1949 kam er als Kind in die eben erst entstanden­e DDR, wo er als junger Mann seine schauspiel­erische Heimat fand.

Die Defa-studios in Babelsberg waren ohne den so liebenswer­ten wie knurrigen Publikumsl­iebling Manfred Krug nicht denkbar. Auch wenn die Filmtitel schrecklic­h klangen: „Mir nach, Kanaillen!“oder „Fünf Patronenhü­lsen“– sie mochten ihn eben „drüben“. So wie ab Anfang der 80er Jahre die Fernsehzus­chauer in der Bundesrepu­blik ihn in ihr Herz schlossen, dank seines „Tatort“-kommissars Paul Stoever, als menschlich­en Anwalt in der Serie „Liebling Kreuzberg“oder als Truckerfah­rer in der Serie „Auf Achse“. Den Schweiß und die Maloche nahm man ihm gerne ab.

Nun ist Trauer angesagt, denn Manfred Krug ist, wie erst jetzt bekannt wurde, bereits am vergangene­n Freitag im Alter von 79 Jahren in Berlin gestorben. So richtig überrasche­nd kam der Tod auch für seine Anhänger nicht. Schon länger fragte man sich, was macht eigentlich Manfred Krug? Es war still um den vierfachen Vater geworden. Ein Schlaganfa­ll 1997 brachte ihn ausgerechn­et in eine Rehaklinik nach Wandlitz in Brandenbur­g auf das ehemalige Areal der Ddr-prominenz. Mit der hatte sich Krug 1976 überworfen, weil er seine Unterschri­ft unter die Protestres­olution gegen die Ausbürgeru­ng des Liedermach­ers Wolf Biermann gesetzt hatte. Wenige Monate später übersiedel­te Krug mit seiner Familie in den Westen Berlins.

Schon früh verschwand der Schauspiel­er und Sänger aus dem Scheinwerf­erlicht. Zumal er im Herbst 2014 sich einer Herzklappe­noperation unterziehe­n musste. Seinen letzten „Tatort“unter dem Titel „Tod vor Scharhörn“drehte er zusammen mit seinem Partner Charles Brauer bereits im Jahr 2000. In Erinnerung geblieben sind die Duette der beiden, zumal Singen für

Stationen eines Lebens

Geboren am 8. Februar 1937 in Duisburg 1949: Umzug in die DDR 1951–1954: Arbeiter im Stahlwerk 1954: Studium an der staatliche­n Schauspiel­schule in Ostberlin

wichtig war. Im traditione­llen Jazz fühlte er sich wohl und auch deutsches Liedgut wie die Ode an die „Kleine Schaffneri­n“fand bei ihm eine neue Liebe. In der Tv-serie „Liebling Kreuzberg“gefielen seine Menschlich­keit, sein Teddybär-charme und die bunten Krawatten. Nach längerer Krankheit empfand Krug die Verleihung des Bundesverd­ienstkreuz­es 1. Klasse

1966: Verbot des Ddr-kritischen Films „Spur der Steine“1973: Verdienstm­edaille der DDR 1976: Protest gegen die Ausbürgeru­ng des Sängers Wolf Biermann

1977: Ausreise nach Westberlin

als „wunderschö­ne

Aber nicht immer meinten es Medien und Fans gut mit dem populären Schauspiel­er. Als er Werbung für die Telekom und deren Börsengang machte, wurde er von Linken als Kapitalist­enknecht gescholten. Manfred Krug gab später dem ein Interview, in dem er sich erschrocke­n bei den Telekom-aktiokrug

Streichele­inheit“.

1984 bis 2001: 41 Folgen als Tatort-kommissar Paul Stoever

1986–1998: Hauptdarst­eller in der Tv-serie Liebling Kreuzberg 2013: Bundesverd­ienstkreuz Tod am 21. 10. 2016. (dpa)

nären für die entschuldi­gte.

Der Entertaine­r und sanfte Rebell wollte eigentlich, wie er einmal untertrieb, „nur sich selbst spielen“. Was so nicht gelang. Aber er war wohl der Einzige, der Ost und West gleicherma­ßen repräsenti­erte. Ein Bürger mit Ecken und Kanten, mit einer klaren Meinung und konsequent­er Haltung.

erlittenen

Verluste

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Foto: rbb/dpa Mit Schlips, Charme und Hut: Manfred Krug in einer seiner Tv-paraderoll­en als Rechtsanwa­lt Liebling. BERLINER WETTBEWERB

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