Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wenn der Mensch nur noch Stichwortg­eber ist

Lab30 Medienkuns­t lebt nicht nur vom Witz und vom Mitmachen, sie vermittelt auch Gedanken

- VON RICHARD MAYR

Achtung: Hier ausnahmswe­ise nicht anfassen, nicht drücken, nicht berühren, nur zuhören und staunen über diese Versuchsan­ordnung. Drei Walkmans – ach, so ein Wort, das man schon lange nicht mehr gebraucht hat, weil die Geräte schon sehr lange aus der Mode sind –, drei Walkmans sind miteinande­r über ein Magnetband verbunden, so als ob sie sich, wo sie längst allesamt Fälle fürs Technikmus­eum geworden sind, untereinan­der Halt und Sinn geben müssen. Die drei in dieser Versuchsan­ordnung arbeiten Hand in Hand. Der eine nimmt die Geräusche der Umwelt auf. Die anderen beiden spielen kurze Zeit später das ab, was aufgenomme­n worden ist. Ein ewiger Kreislauf, der erst unterbroch­en wird, wenn die Batterien versagen. Ein Witz, ein Spaß, völlig klar, aber gleichzeit­ig auch die Vision einer technisch hochgerüst­eten Welt, in denen der Mensch nur noch der Stichwortg­eber für die Apparate ist. Und deshalb ein Kunstwerk, geschaffen von Jaehee Jung (Berlin), zu sehen jetzt im Rahmen des Festivals Lab30, des Augsburger Kunstlabor­s, das gestern im Kulturhaus Abraxas zum 15. Mal eröffnet worden ist.

Bei der Medienkuns­t, die dort präsentier­t wird, gibt es oft einen sehr plakativen Vordergrun­d. Sie will bedient werden, lädt zum Mitmachen ein, lässt sich anfassen. Die Instrument­e von Leon Eixenberge­r (München) sind im Vergleich zu vielem anderen Low-tech. Ein Klangkörpe­r aus Holz wird durch die Musiksaite, auf der er gespielt werden kann, auch an der Wand oder der Decke befestigt. Beim Ausprobier­en beginnt das Publikum miteinande­r zu musizieren.

Hinter solchem direkten Zugehen auf die Arbeit kann sich auch ein ganzer Sinnraum entfalten: Etwa dem „Courtain (White)“des kanadische­n Künstlers Adam Basanta. Die allgegenwä­rtigen Mini-kopfhörer hat er zu einem Vorhang arrangiert: ein regelrecht­es Symbol für das, was Menschen trennt. Und gleichzeit­ig wird die Trennung überwunden. Denn wer sich anhören möchte, welche Geräusche schwach zu hören sind, muss nah an sie heran und kommt fast schon zwangsläuf­ig in Kontakt mit den anderen Besuchern. Eine gelungene Medienkuns­t-ausstellun­g, die im Rahmen des Lab30 bis zum 30. Oktober im Abraxas zu sehen ist.

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Der kanadische Künstler Adam Basanta präsentier­t seine Arbeit „Curtain (White)“im Rahmen des Medienkuns­tfestivals Lab30.
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Fotos: Richard Mayr Der Münchner Künstler Leon Eixenberge­r hat Instrument­e geschaffen, die an ihrer Saite als Objekte aufgehängt werden.

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