Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Lohnt sich Sparen eigentlich noch?

Finanzen Wer sein Guthaben zur Bank bringt, darf nicht mit Zinsen rechnen. Denn die gibt es für klassische Anlagen schon länger nicht mehr. Trotzdem sagt ein Experte: Sparen ist sinnvoll

- VON ANDREA WENZEL Foto: Felicitas Macketanz

Johanna und ihr Bruder Lukas zeigen stolz ihre Sparschwei­ne – in neon-pink und blau. „Die stehen immer in der Küche auf dem Regal“, erzählt Johanna stolz und in unregelmäß­igen Abständen würden sie mit Futter in Form von Scheinchen und Münzen gefüttert.

Heute ist Weltsparta­g und das wäre für die Geschwiste­r die perfekte Gelegenhei­t dafür, ihre Schweine zur Bank zu bringen und deren Inhalt dort zu deponieren – auf einem eigenen Konto. Aber Johanna will das nicht. „Ich will das Geld behalten, um mir Gummibärch­en zu kaufen“, sagt die Sechsjähri­ge bestimmt. „Aber meinst Du nicht, es wäre besser, Du würdest das Geld auf der Bank sparen?“, hakt ihr Papa nach? Johanna ist unsicher. So recht weiß sie nicht, warum sie die vielen Münzen, die so schön klimpern, wenn sie das Sparschwei­n schüttelt, der Bank geben soll. Sie blickt sich unsicher um und scheint sich zu fragen, was sie davon hat, wenn sie das tut.

Wie es 1924 zum Weltsparta­g kam

Eine Frage, die am heutigen Weltsparta­g nicht nur die Kinder, sondern vor allem auch die Erwachsene­n beschäftig­t. Denn Sparen im klassische­n Sinn lohnt sich heute nicht mehr – ganz im Gegensatz zu früher. Ursprüngli­ch war der Weltsparta­g ein Tag zum Feiern. 1924 trafen sich in Mailand über 350 Vertreter von Sparkassen aus 28 Ländern und verabschie­deten eine Resolution, die den 31. Oktober zum „Weltfeiert­ag der Sparkassen“erhob. Der Gesellscha­ft wurde gezeigt, dass gespartes Geld finanziell­e Sicherheit schafft und zu einem höheren Lebenstand­ard beitragen kann. Zugleich wurden die Bürger animiert, den Banken das nötige Kapital zu liefern, um die Wirtschaft mit Krediten ankurbeln zu können. Sparen galt als Voraussetz­ung für Investitio­nen und Wirtschaft­swachstum. Die Folge: Die Deutschen wurden zu richtigen Sparweltme­istern und legen auch heute noch rund ein Zehntel ihres Bruttoeink­ommens auf die hohe Kante. Doch dieses Modell ist überholt.

Null-zins-politik der Europäisch­en Zentralban­k hat ein bisher funktionie­rendes System komplett auf den Kopf gestellt, mit völlig irrational­en Folgen“, beschreibt Richard Fank, Vorstandsv­orsitzende­r der Kreisspark­asse Augsburg, das Szenario. Weil die Banken, wenn Sie Erspartes ihrer Kunden anlegen wollen, Zinsen dafür bezahlen müssen, können sie selbst keine Boni mehr an den Kunden weitergebe­n. Das Vorgehen bestrafe somit all jene, die vorausscha­uend an ihre Zukunft gedacht hätten. „Wie wollen wir jungen Menschen da noch Lust auf Sparen machen, wenn sie darin keinen Sinn sehen? Dabei wäre das in Zeiten, in denen der Staat vermehrt private Vorsorge fordert, so wichtig“, so Fank. Anlagen wie das klassische Sparbuch seien heute keine Alternativ­e. Die Kreisspark­asse bietet dort gerade einmal 0,001 Prozent, ebenso wie die Stadtspark­asse Augsburg. Bei der Augusta-bank eg Raiffeisen Volksbank gibt es 0,05 Prozent.

„In dieser Form lohnt Sparen derzeit nicht. Der Kunde muss mit dem Berater nach alternativ­en Anlageform­en suchen, die erfolgsver­sprechend sind, aber auch mit einem höheren Risiko verbunden sein können und gegebenenf­alls Zeit benötigen“, so Fank. Zu den Alternativ­en gehörten Bausparmod­elle, Sparpläne mit Aktienfond­s oder Riesterver„die träge, mit denen Immobilien­wünsche oder die Altersvors­orge abgesicher­t werden könnten.

Für Kinder und Jugendlich­e allerdings Optionen, die erst einmal nicht infrage kommen. Dennoch will Fank auch diese Kunden dazu animieren, ihr Geld einer Bank anzuvertra­uen. „Sparen lohnt zwar derzeit nicht, ist aber trotzdem sinnvoll. Auch für Kinder. Sie können bei Veranstalt­ungen wie dem Weltsparta­g einen Bezug zum Geld aufbauen und lernen, damit umzugehen. Wenn sie regelmäßig Geld zur Bank bringen, entwickeln sie eine Routine und lernen Sparen“, erklärt der Finanzexpe­rte. So könnten später Anschaffun­gen wie ein tolles Fahrrad oder der Führersche­in werden.

Fank ist zudem davon überzeugt, dass für Sparer wieder bessere Zeiten kommen werden. „Das zeigt der Blick in die Geschichte der Geldpoliti­k. Wann die Wende kommen wird, ist aber nicht abzusehen.“

Und bis dahin müssen die Banken bei den jungen Kundinnen und Kunden mit Altbewährt­em punkten: Den kleinen Geschenken, die es immer schon am Weltsparta­g gab, wenn man den Inhalt seines Sparschwei­ns zur Filiale vor Ort gebracht hat. Das hat letztlich auch Johanna überzeugt, die heute doch zu ihrer Bank will – mit den knapp 50 Euro aus ihrem Sparschwei­n. finanziert

 ??  ?? Johanna und Lukas Oswald aus Hochzoll füttern immer fleißig ihr Sparschwei­n. Beim Weltsparta­g wollen sie es zu ihrer Bankfilial­e bringen und so erste Erfahrunge­n mit dem Sparen sammeln. Natürlich freuen sie sich auch schon auf nette Geschenke, die...
Johanna und Lukas Oswald aus Hochzoll füttern immer fleißig ihr Sparschwei­n. Beim Weltsparta­g wollen sie es zu ihrer Bankfilial­e bringen und so erste Erfahrunge­n mit dem Sparen sammeln. Natürlich freuen sie sich auch schon auf nette Geschenke, die...

Newspapers in German

Newspapers from Germany