Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Endlich wieder Arbeit!
Projekt Brigitte Machado Teixeira war vier Jahre arbeitslos. Trotz zahlreicher Bewerbungen. Jetzt hat die alleinerziehende Mutter von fünf Kindern wieder einen Job. Wie es ihr damit geht
Alle Computer, die in die Recyclingcontainer der Stadt Augsburg geworfen werden, landen bei Brigitte Machado Teixeira und ihren Kollegen. Sie schrauben sie auseinander und sortieren Festplatten, Laufwerke und Prozessoren in die dafür vorgesehenen Boxen ein. Machado Teixeira ist seit Januar dieses Jahres Helferin im Recycling bei der infaulern/statt Gmbh. Ihre Arbeitsstelle hat sie dem Bundesprogramm für Langzeitarbeitslose des Europäischen Sozialfonds (ESF) zu verdanken.
Zuvor hatte die Augsburgerin mehr als vier Jahre lang keine Arbeit. „Das war schrecklich. Ich bin kein Mensch, der immer nur zuhause hocken kann“, sagt sie über diese Zeit. Mehr als 60 Bewerbungen hat die 42-Jährige geschrieben, aber auf jede gab es eine Absage.
Machado Teixeira hat keine Berufsausbildung und sie hat fünf Kinder. „Das stieß bei den potenziellen Arbeitgebern nicht gerade auf Begeisterung.“Auch wenn der Nachwuchs im Alter von 14 bis 24 Jahren eigentlich aus dem Gröbsten raus ist: In Vorstellungsgesprächen machten die Arbeitgeber der Augsburgerin deutlich, dass sie Bedenken haben, wie sie ihren Job weitermachen kann, wenn einmal eines der Kinder krank ist. „Solche Äußerungen ziehen einen runter“, sagt die Alleinerziehende.
Dabei könnte die Abstimmung mit ihren Kindern derzeit nicht besser laufen. Wenn Machado Teixeira kurz nach 7 Uhr das Haus verlässt, stehen sie selbstständig auf. Nach der Schule machen sie sich das Essen selbst warm. Und am Nachmittag ist die fünffache Mutter ohnehin wieder zurück, da sie eine Halbtagsstelle hat. Dass ihre Mutter endlich wieder Arbeit hat, freut auch die Kinder. „Das gibt mehr Taschengeld, sagen sie“, erzählt Machado Teixeira und schmunzelt. Die Arbeitsstelle wurde der 42-Jährigen vom Jobcenter vermittelt. Ihr Vertrag läuft zwei Jahre lang, das ist bei dem Langzeitarbeitslosenprogramm die Regel. Bevor sie bei infau-lern/statt begann, hatte sie dort ein einwöchiges Praktikum absolviert. So sollte der potenzielle Arbeitgeber einen Eindruck von ihr bekommen und Machado Teixeira selbst konnte auf diese Weise testen, ob ihr die Arbeit liegt. Das tut sie – auch Monate später macht ihr die Arbeit noch großen Spaß. Sie berichtet von der Hilfsbereitschaft der Kollegen und dass sie wieder einen geregelten Tagesablauf habe. „Und langsam habe ich auch eine Ahnung von Computern“, sagt sie. Die Begeisterung ist aber nicht nur auf ihrer Seite vorhanden. „Man merkt ihr die Freude an der Arbeit an“, sagt Geschäftsführerin Irena Kotyrba. „Und wir schätzen ihre Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit sehr.“
Bei einem anderen Mitarbeiter, der ebenfalls aus der Langzeitarbeitslosigkeit, aber in einem anderen Bereich des Dienstleistungsunternehmens tätig war, war das anders. „Er hat nach ein paar Monaten abgebrochen“, sagt Kotyrba. Schließlich sei es auch eine starke Umstellung, nach einer langen Erwerbslosigkeit wieder arbeiten zu gehen. Auch deshalb wird der Eintritt in die neue Arbeit durch ein Coaching begleitet. Über das Esfbundesprogramm können Arbeitslose eine Arbeit vermittelt bekommen, die seit mehr als zwei Jahren durchgehend keinen Job gefunden haben.
Weitere Voraussetzungen sind, dass sie keinen Berufsabschluss besitzen und älter als 35 Jahre sind. Knapp 30 Arbeitsverhältnisse hat das Jobcenter in der Stadt und im Landkreis Augsburg und dem Landkreis Aichach-friedberg durch das Programm seit Mitte 2015 bereits schaffen können. Dafür ist unter anderem Peter Arndt als sogenannter Betriebsakquisiteur zuständig. Er tritt aktiv an Unternehmen heran und versucht, sie für das Projekt zu begeistern. Dabei hat er zwei Hauptargumente: Zum einen gehen die Unternehmen seiner Meinung nach kaum ein Risiko ein. Denn sie erhalten über einen Zeitraum von 18 Monaten einen Lohnkostenzuschuss. Dieser beträgt das erste halbe Jahr 75 Prozent und wird im Laufe der Zeit auf 25 Prozent heruntergeschraubt.
Zum anderen kennen die Verantwortlichen beim Jobcenter die Langzeitarbeitslosen in der Regel gut. „Wir glauben, einschätzen zu können, bei welchen Kunden und Arbeitgebern die Chemie stimmt“, sagt Arndt. Darüber hinaus sei das Projekt für den Arbeitslosen freiwillig, sodass er in der Regel sehr motiviert an die Sache rangeht.
So wie auch Brigitte Machado Teixeira. Ob die alleinerziehende Mutter nach Ablauf ihres Vertrages ihre Arbeitsstelle als Recyclinghelferin behalten kann, steht noch nicht fest. „Wir würden sie gerne übernehmen“, sagt infau-geschäftsführerin Kotyrba. Aber die Abteilung sei abhängig von der Stadt. Nur wenn diese weiterhin bei infau-lern/ statt recyceln lasse, könne die ehemals Langzeitarbeitslose dort bleiben. Dann wäre ihre Eingliederung auf dem Arbeitsmarkt so richtig geglückt.