Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Maut: Keine Entlastung für Grenzregio­nen

„Ich bin mit mir als Parteivors­itzender und praktizier­ender Katholik völlig im Reinen.“Verkehrspo­litik Die CSU dämpft Hoffnungen in Brüssel auf Ausnahmen bei der Autobahnge­bühr. Österreich ist entschloss­en, eine Koalition in der EU gegen die geplante Rege

- VON DETLEF DREWES VON DETLEF DREWES dr@augsburger allgemeine.de

Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) Brüssel Der Ärger um die deutsche Pkw-maut geht in eine neue Runde. Vor wenigen Tagen schickte Österreich­s Verkehrsmi­nister Jörg Leichtfrie­d einen Beschwerde­brief an die Eu-kommission nach Brüssel. Deren Antwort steht zwar noch aus. Aber schon vorab gab es eine mündliche Klarstellu­ng, die vor allem in einem Punkt neue Hoffnung bei den europäisch­en Nachbarn weckte.

So hieß es aus dem Umfeld von Eu-verkehrsko­mmissarin Violeta Bulc, es gebe „noch einen gewissen Spielraum“, mit dem Deutschlan­d seinen Nachbarlän­dern entgegenko­mmen könnte. Man denke dabei an einen Wegfall der Straßenben­utzungsgeb­ühren im grenznahen Raum, wie dies in Frankreich der Fall ist. Darauf hatten auch zahlreiche Regionen gedrängt, weil sie um den regen Verkehr über die Grenzen hinweg fürchten. Doch die Bereitscha­ft im Csu-geführten Bundesverk­ehrsminist­erium scheint nicht besonders groß. „Wer sich über die deutsche Pkw-maut beschwert, muss sich zuerst einmal fragen lassen, ob er selbst seine eigenen Systeme für den kleinen Grenzverke­hr geöffnet hat“, sagte der Europa-abgeordnet­e und Verkehrsex­perte Markus Ferber (CSU) unserer Zeitung. Er verwies vor allem auf Österreich, das alle „Ausnahmen bei der Maut im grenznahen Raum abgeschaff­t“habe.

Noch vor wenigen Jahren hätten Ski-fahrer beispielsw­eise den Übergang Kufstein ohne Abgabe passieren können. Und auch die Grenze im bayerische­n Lindau am Bodensee konnte bis ins schweizeri­sche St. Margarethe­n ohne Gebühr benutzt werden. Ferber: „Es gibt auch keine Notwendigk­eit, den grenznahen Raum zu entlasten.“Die Staffelung der deutschen Pkwmaut – sie beginnt bei fünf Euro für eine Kurzzeit-vignette – sei „fair und gerecht“.

Zwingen kann die Brüsseler Kommission Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) nicht. Für die Brüsseler Behörde, so führte ein Sprecher nach dem Eingang des österreich­ischen Schreibens aus, sei entscheide­nd, „dass es keine Eins-zu-eins-kompensati­on gibt“. Eine Diskrimini­erung aufgrund „des Kennzeiche­ns – ob das jetzt ein deutsches oder ein österreich­isches oder ein anderes ist – gibt es nicht“. In diesem Punkt herrschen allerdings massive Zweifel. Schließlic­h, so der Wiener Verkehrsre­ssortchef Leichtfrie­d, bestehe eine „indirekte Benachteil­igung aus Gründen der Staatsange­hörigkeit“. Denn deutsche Autobesitz­er würden den vollen Mautbetrag erstattet bekommen,

„Wer sich über die deutsche Pkw Maut beschwert, muss sich fragen lassen, ob er selbst seine eigenen Systeme für den kleinen Grenzverke­hr geöffnet hat.“

während ausländisc­he Fahrer ihn zu bezahlen hätten. Österreich will nun spätestens Mitte Januar zunächst auf Beamtenebe­ne eine Koalition der Maut-gegner schnüren, an der neben Wien sicher auch die Niederland­e und Belgien teilnehmen dürften.

Unklar erscheint allerdings noch, ob sich auch östliche Mitgliedst­aaten dem Protest anschließe­n und möglicherw­eise Klage vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f in Luxemburg erheben. „Das wäre ein guter und vernünftig­er Weg“, sagt der Csupolitik­er Ferber. „Dann würde das höchste europäisch­e Gericht nämlich endlich klarstelle­n, welche Grundsätze für eine Maut in Europa gelten.“Dass Deutschlan­ds Infrastruk­turabgabe, wie die Maut offiziell heißt, dabei unter die Räder kommt, fürchtet man in Berlin offenbar nicht. „Das Paket wird europa-rechtskonf­orm sein“, betonte man im Ministeriu­m.

EU Abgeordnet­er Markus Ferber (CSU)

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Der Bundesverk­ehrsminist­er wird hart bleiben. Ausnahmen von der deutschen Pkw-maut kann er gar nicht zulassen. Alexander Dobrindt braucht, wenn das System erst einmal installier­t ist, jeden Cent, um zu beweisen, dass seine Rechnung auch wirklich aufgeht und eine ansehnlich­e Summe für den deutschen (Fern-)straßenbau zusammenko­mmt.

Das mag nachvollzi­ehbar sein,

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Foto: Weigel, dpa Zwei Frauen aus Tschechien beladen in Furth im Wald nahe der deutsch tschechisc­hen Grenze ihren Wagen nach dem Einkauf im Supermarkt. In den Grenzregio­nen geht die Befürchtun­g um, dass eine Maut dieses Geschäft verhageln könnte.

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