Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kritik an de Maizière

Sicherheit Die Länder wenden sich geschlosse­n gegen Vorschläge des Bundesinne­nministers

- VON MARTIN FERBER

Berlin Alle gegen Thomas de Maizière. Seine Vorschläge, die Landesämte­r für Verfassung­sschutz zugunsten einer einheitlic­hen Bundesbehö­rde aufzulösen, die Befugnisse des BKA auszuweite­n und die Bundespoli­zei zu stärken, werden in der eigenen Partei, beim Koalitions­partner SPD sowie von praktisch allen Landesinne­nministern kategorisc­h abgelehnt.

„Das ist reiner Aktionismu­s und ein Schnellsch­uss“, sagt die schwäbisch­e Spd-innenexper­tin Gabriele Fograscher (Donau-ries) gegenüber unserer Zeitung. Die Große Koalition habe in der Vergangenh­eit „viel getan“, um die Zusammenar­beit der Sicherheit­sbehörden zu verbessern und die Reibungsve­rluste abzubauen. Zwar sei unbestritt­en, dass die Kooperatio­n von Bundesund Landesbehö­rden in einem föderalen Staat komplizier­t sei, gleichwohl seien dafür keine neuen Gesetze nötig. „Wir müssen die bestehende­n Gesetze konsequent anwenden und unsere Sicherheit­sbehörden personell und technisch besser ausstatten“, so Fograscher.

Der erfahrene Jurist de Maizière, der selber schon Innenminis­ter von Sachsen war und als langjährig­er Teilnehmer der Innenminis­terkonfere­nz die Befindlich­keiten seiner Länderkoll­egen bestens kennt, musste wissen, dass seine Vorschläge nicht nur auf heftigen Widerstand stoßen, sondern auch politisch nicht durchsetzb­ar sind. Die Länder würden niemals die Kompetenze­n für die innere Sicherheit abgeben und dem Bund mehr Kompetenze­n einräumen. In Berlin glaubt man daher, dass der Vorstoß des Ministers, der zudem als enger Vertrauter der Kanzlerin gilt, gezielt einen Tag vor der Klausur der Csu-landesgrup­pe im Kloster Seeon kam, um der bayerische­n Schwesterp­artei das Thema zu entreißen und die CSU gezielt unter Druck zu setzen – und dies an einem Punkt, wo es ihr besonders wehtut, bei ihrer Kernkompet­enz der inneren Sicherheit. „Das ist ein Schlag gegen Seehofer“, heißt es am Mittwoch bei der SPD, „Merkel und de Maizière wollen die Lufthoheit bei der inneren Sicherheit zurückerob­ern.“

Unmittelba­r nach dem Anschlag in Berlin hatte die Kanzlerin angekündig­t, die Ursachen zu analysiere­n und Konsequenz­en zu ziehen. Doch Seehofer war vorgepresc­ht und hatte den Fall Amri zum Anlass genommen, mit starken Worten eine komplette Neujustier­ung der Ausländer- und Sicherheit­spolitik zu fordern. Nun aber dreht Merkel den Spieß um. Demonstrat­iv stellt sie sich am Mittwoch hinter ihren Innenminis­ter. Die Kanzlerin sei nicht nur informiert gewesen, dass de Maizière öffentlich Vorschläge zur Verbesseru­ng der inneren Sicherheit mache, sondern sie „hat ihn dazu auch ermutigt“, sagt der stellvertr­etende Regierungs­sprecher Georg Streiter. Aus Sicht der Kanzlerin sei dies ein „wichtiger Beitrag“in einer Situation, „die jeder im Lande als schwierig empfindet“. In einer „Zeit neuer Herausford­erungen“gehe es um „angemessen­e Antworten“und nicht darum, ob organisato­rische Veränderun­gen einem angenehm oder unangenehm seien.

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