Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Eltern attackiere­n Krampus nach Klaps

Brauchtum Georg Loidl gibt seit 26 Jahren den gruseligen Gesellen. Nun hat er zum ersten Mal eine massive Beschwerde erhalten. Doch er denkt gar nicht daran, sich zu entschuldi­gen

- VON STEPHANIE SARTOR

Höhenkirch­en Siegertsbr­unn Georg Loidl versteht die Welt nicht mehr. 15 Zeilen, vier kleine Absätze, gedruckt auf weißem Büropapier, haben Loidl am Neujahrsta­g die Sprache verschlage­n. „Als der Brief ankam, hat mich fast der Schlag getroffen“, sagt er. Loidl spricht schnell, laut, energisch. Man merkt ihm an, dass ihn die ganze Sache ziemlich aufregt.

Es geht um seinen Auftritt bei der Weihnachts­feier der Spielverei­nigung Höhenkirch­en (Kreis München) Anfang Dezember. Es gibt Geschenke für die Fußballjun­iorinnen, der Nikolaus liest aus seinem goldenen Buch vor. Loidl gibt an diesem Tag den Krampus, rasselt mürrisch mit der Kette, verteilt gelegentli­ch einen kleinen Klaps mit seiner Rute. So, wie es Krampusse im Advent tun. „Brauchtum eben“, sagt Loidl.

Doch genau daran stören sich die Eltern eines Mädchens, das bei der Feier dabei war und einen Klaps mit der Rute bekommen hatte. Vier Wochen nach der Feier schreiben sie einen Brief und fordern eine Ent- „Wir möchten Sie hiermit darauf hinweisen, dass es in Deutschlan­d gesetzlich verboten ist, ein Kind zu schlagen oder ihm auch nur einen Klaps zu geben“, steht in dem Schreiben nebst einem Verweis auf das Bürgerlich­e Gesetzbuch und das Gesetz zur Ächtung von Gewalt in der Erziehung. „Wir erwarten, dass der Krampus sich diesbezügl­ich bei uns meldet, sich entschuldi­gt

Der Brief beruft sich auf das Bürgerlich­e Gesetzbuch

und versichert, dass er von solchen gesetzeswi­drigen Maßnahmen künftig Abstand nimmt“, heißt es weiter. Der Brief wurde an den Burschenve­rein geschickt, der den Auftritt organisier­t hat. Und der leitete ihn an Loidl weiter.

Der kann die ganze Aufregung um seinen Krampus-auftritt nicht verstehen. „So etwas habe ich noch nicht erlebt. Es ist ja praktisch gar nichts passiert“, sagt er. Die Kinder waren alle zwischen neun und zehn Jahre alt. Er ist sich sicher, dass keines der Mädchen vor ihm Angst hatte. Seit 26 Jahren tritt Loidl im Ad- vent als Krampus auf. Eine Beschwerde, dass er zu grob oder zu gruselig sei, habe es in all den Jahren nie gegeben.

Vieles habe sich in den vergangene­n Jahrzehnte­n geändert, sagt er. „Früher hat man die Kinder in den Sack gesteckt und die Eltern haben gelacht.“Heute hätten viele Mütter und Väter Angst, ihre Kinder könnten den Auftritt des finsteren Gesellen psychisch nicht verkraften. „Damals waren wir drei Krampusse. Heute wird schon bei einem gesagt, er soll lieber draußen vor der Tür bleiben.“

Dass sich die Eltern so sehr um ihre Kinder sorgen, sei nicht das Einzige, was sich im Vergleich zu damals verändert hat. „Viele kleine Kinder fürchten sich heute mehr vor dem Auftritt des Krampus. Aber die Größeren haben den Respekt verloren“, sagt Loidl.

Der ganze Fußballver­ein halte in der Angelegenh­eit zu ihm. Der Trainer der jungen Fußballeri­nnen wollte sich gegenüber unserer Zeitung aber nicht äußern. Die Eltern des Mädchens waren für eine Stellungna­hme nicht zu erreichen.

Georg Loidl steht zu seinem Aufschuldi­gung. tritt als Krampus und hat sich entschiede­n, mit der ganzen Geschichte an die Öffentlich­keit zu gehen. Entschuldi­gen will er sich bei den Eltern, die den Brief verfasst haben, nicht. „Ich lasse mich nicht unterkrieg­en“, sagt er. Deswegen will er auch weiterhin im Advent als Krampus auftreten.

 ?? Foto: Loidl ?? Georg Loidl tritt seit 26 Jahren als gruseliger Begleiter des Nikolaus auf. In diesem Jahr gab es erstmals eine Beschwerde. Das Foto entstand bei der Weihnachts­feier, die für Loidl noch ein Nachspiel haben sollte.
Foto: Loidl Georg Loidl tritt seit 26 Jahren als gruseliger Begleiter des Nikolaus auf. In diesem Jahr gab es erstmals eine Beschwerde. Das Foto entstand bei der Weihnachts­feier, die für Loidl noch ein Nachspiel haben sollte.

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