Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Neben der Spur
Vierschanzentournee In einem chaotischen Wettbewerb fällt Markus Eisenbichler in Innsbruck weit zurück. Wegen starken Windes war das Springen immer wieder unterbrochen worden. An der Spitze des Klassements steht jetzt ein Norweger
Innsbruck Als Werner Schuster, der Bundestrainer der deutschen Skispringer, in der Turnhalle der Pädagogischen Hochschule Tirol, dem Pressezentrum der dritten Station auf der Vierschanzentournee, die Ergebnisliste studierte, traute er seinen Augen nicht. Sturmtief „Axel“hatte die Schanze am Bergisel in die weltgrößte Freiluftlotterie verwandelt. Bei der in lediglich einem Durchgang durchgeführten Ziehung „Drei aus 48“schaffte es der in der Tourneewertung nun führende Daniel-andré Tande (Norwegen/ 128,5 Meter) ganz oben aufs Podest, gefolgt von Robert Johansson (Norwegen/133) und Evgeniy Klimov (Russland/127).
Sonst produzierte der Tag nur gestürzte (Mit-)favoriten und enttäuschte Deutsche. Der Pole Kamil Stoch war beim Probedurchgang auf die linke Schulter gestürzt. „Ich kann den Arm nicht richtig bewegen. Aber bei der Form, die ich momentan habe, wollte ich springen“, sagte Stoch. Dank 120,5 Metern und Platz vier steht er immerhin noch auf dem zweiten Platz in der Gesamtwertung, vor Stefan Kraft. Der nun Gesamtdritte war nur mit halber Kraft unterwegs gewesen, hatte die halbe Nacht auf der Toilette verbracht, sprang nur auf Platz 18. Sein Fazit: „Das war ein bisschen ein Scheißtag.“
Sein Zimmerkollege Michael Hayböck konnte wegen eines Magen-darm-infekts nicht einmal starten.
Kurios: Auch dessen Gegner im K.-o.-duell, Severin Freund, startete nicht. Wegen „eines beginnenden grippalen Infekts“, teilte der deutsche Mannschaftsarzt Dr. Mark Dorfmüller mit. Freund war schon am Dienstag nach Hause gefahren.
Eisenbichler schließlich wurde als 29. aus der Lostrommel geworfen und rutschte von Gesamtrang vier auf sechs ab. „Das hat heute keinen Spaß gemacht: den Sportlern nicht, den Betreuern nicht und den Zuschauern nicht“, sagte also Bundestrainer Werner Schuster. Aber man teile das Leid mit den Slowenen und vor allem den Österreichern: Stefan Kraft bekam ebenso wie Markus Eisenbichler nach 43 beziehungsweise 44 Sekunden bei schwierigen Bedingungen grünes Licht für seinen Sprung – nach 45 Sekunden dürfen die Athleten vom Balken und auf eine neue Chance warten. Dumm gelaufen.
„Ich war echt sauer, dass es keinen zweiten Durchgang gegeben hat. Ich wollte noch einmal angreifen“, ärgerte sich Eisenbichler. Aber der erste Durchgang hatte Spielfilmlänge, die Dämmerung setzte bald darauf ein. Zum kuriosen Tag passte, dass der bisher schwächste Deutsche, Karl Geiger, die besten Bedingungen hatte. Das verhalf zu Platz 15. Bester deutscher Adler war dennoch Stephan Leyhe. Er bekam nicht so viele Windpunkte abgezogen und wurde Elfter. Andreas Wellinger wurde 13.
Der Platz von Severin Freund werde auch in Bischofshofen nicht nachbesetzt, teilte Werner Schuster mit. „Severin soll jetzt mal gesund werden.“Und als Werner Schuster mit dem Studium der Ergebnisliste fertig war, sagte er noch: „Wir hatten in dieser Saison schon Slowenentage, Österreicher-tage und Polen-tage. Heute war Norwegertag. Wir arbeiten daran, dass wir auch mal wieder einen Deutschlandtag kriegen.“Ohne Hilfe eines Sturmtiefs.
Noch am Mittwoch ist der Tourneetross nach Bischofshofen weitergezogen. Auf der Paul-außerleitmarkus ner-schanze geht es am heutigen Donnerstag mit der Qualifikation und am Dreikönigstag mit dem finalen Springen (jeweils 16.45 UHR/ZDF und Eurosport) weiter.