Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Plötzlich gibt ein anderer den Takt vor
Bei der Tour de Ski muss sich Superstar Sundby erneut geschlagen geben. Sieger Ustiugov stellt einen Rekord auf
Oberstdorf Es ist eine ungewohnte Situation für Martin Johnsrud Sundby. Normalerweise gibt der 32-jährige Norweger bei den Langläufern den Takt vor. Er führt den Gesamtweltcup an und ist Titelverteidiger bei der Tour de Ski. Bei den ersten vier Rennen der Serie kam ihm in diesem Jahr aber Sergej Ustiugov in die Quere. Der Russe war bei allen bisherigen Etappen schneller als Sundby, auch gestern in Oberstdorf. Mit vier Siegen stellte er einen neuen Tour-rekord auf. Im 15 Kilometer langen Verfolgungsrennen baute Ustiugov seinen Vorsprung in der Gesamtwertung weiter aus.
Im Schneetreiben von Oberstdorf ging er vor 3400 Zuschauern genau 30 Sekunden vor dem Titelverteidiger auf die Stecke, zurück im Ziel waren es 37 Sekunden Vorsprung. „Es war ein schwieriges Rennen. Die Loipe war durch den Neuschnee stumpf und tief“, erklärte Sundby. Er hatte genau diese Bedingungen schon am Tag zuvor prophezeit und gemeint: „In der Verfolgung ist es bei diesem Wetter kein Spaß, vorneweg zu laufen und den Schneepflug zu spielen.“
Dabei lief es für ihn zunächst recht gut. Der 32-Jährige holte Sekunde um Sekunde auf. Zur Hälfte der Strecke war sein Rückstand auf 17 Sekunden geschmolzen. Dann fiel Sundby zurück. „In Toblach geht die Jagd weiter“, sagte er. Die Titelverteidigung ist noch nicht abgehakt. Selbst 42,2 Sekunden Rückstand in der Gesamtwertung scheinen ihn nicht aus der Ruhe zu bringen. Aber so leicht gelingt das ohnehin nicht. Sundby, der als introvertiert gilt, sagte: „Seit ich Vater geworden bin, habe ich gelernt, gewisse Dinge im Leben entspannter anzugehen.“
Bester Deutscher in der Verfolgung war Florian Notz. Er wurde 16. und geht auf dieser Position auch in die letzten drei Etappen der Tour de Ski – mit 3:48 Minuten Rückstand auf Ustiugov.
Auch bei den Frauen kam die Gejagte nach zehn Kilometern als Erste ins Ziel. Die Schwedin Stina Nilsson war von ihren beiden ärgsten Verfolgerinnen, den Norwegerinnen Heidi Weng und Ingvild Flugstad Oestberg, zwar schon kurz nach dem Start eingeholt worden. Auf der Zielgeraden preschte sie jedoch an beiden vorbei und entschied den Sprint für sich. Damit geht Nilsson am Freitag bei der nächsten Etappe in Toblach/italien weiterhin als Gesamtführende ins Rennen über fünf Kilometer im freien Stil und hat dabei 6,7 Sekunden Vorsprung auf Heidi Weng.
Die Allgäuerin Nicole Fessel war auch in der Verfolgung von Oberstdorf als Sechste wieder beste Deutsche. Die 33-Jährige war trotz der schwierigen Bedingungen – zum Teil fegten starke Windböen über die Loipe – durchweg zufrieden. „Ich war vor den Rennen in der Heimat schon sehr aufgeregt. Ich bin sehr glücklich über die zwei sechsten Plätze“, sagte sie. Im Tour-gesamtstand verbesserte sich Fessel damit ebenfalls auf Rang sechs. Ihr Rückstand auf die Spitze beträgt 2:54 Minuten.
Für fünf andere deutsche Langläufer ist die Tour indessen vorzeitig beendet: Sofie Krehl, Hanna Kolb, Andy Kühne, Thomas Wick und Tim Tscharnke steigen nach dem Stopp in Oberstdorf aus.