Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie ein See im Stadion entsteht

Winter Game Rund eine Million Euro hat es gekostet, die Hoffenheim­er Fußball-arena umzubauen, damit hier am Samstag ein Eishockey-spiel zwischen Mannheim und Schwenning­en stattfinde­n kann. Warum sich der Aufwand lohnt

- VON DIRK SALZMANN

Sinsheim Markus Wincher steht im dicken Mantel auf der Tribüne der Rhein-neckar Arena. Hier, wo normalerwe­ise die Fußballer der TSG Hoffenheim dem Ball hinterherj­agen, legen Arbeiter Planen aus, schlägt ein Zimmermann Nägel in eine Holzkonstr­uktion, tragen Gärtner Schilfbüsc­hel heran. „Feinarbeit­en“nennt Wincher das, Kosmetik für den zugefroren­en See, der in der Mitte des Fußballfel­des erschaffen wurde. Ein See in einem Stadion? Die Römer sollen bereits das Kolosseum geflutet haben, um das Volk mit nachgestel­lten Seeschlach­ten zu unterhalte­n. Im Prinzip passiert hier das Gleiche, nur dass das Wasser gefroren wird, damit am Samstag die Schwenning­er Wild Wings gegen die Adler Mannheim Eishockey spielen können.

Winter Game, Winterspie­l, nennt sich das, wenn eine Eishockey-fläche in ein Fußball-stadion verlegt wird. Alle zwei Jahre gönnt sich die höchste deutsche Spielklass­e diesen Spaß, die Premiere fand 2013 in Nürnberg vor 50 000 Fans statt.

Zahlen zum Winter Game

8 Zentimeter dick wird das Eis am Samstag sein, wenn die Adler Mannheim im Spiel der Deutschen Eis hockey Liga ab 17 Uhr auf die Schwenning­er Wild Wings treffen.

23 Tage dauern der Auf und der Abbau.

105 Kilometer den verlegt. Kälteleitu­ngen wur

150 Arbeiter waren phasenweis­e gleichzeit­ig in der Arena tätig.

320 Kubikmeter Schotterma­terial wurden auf den Rasen aufgetrage­n. Nach dem Winter Game wird ein kom plett neuer Rasen verlegt. Am 4. Fe bruar wird wieder Fußball gespielt.

4000 Quadratmet­er Folie wurden als Unterbau der Eisfläche verlegt. 2015 in Düsseldorf waren es sogar 51 125. In Nordamerik­a, wo es schon länger Winter Games gibt, sind die Zahlen noch beeindruck­ender. 2014 verfolgten 105 491 Zuschauer die Partie zwischen den Toronto Maple Leafs und den Detroit Red Wings unter freiem Himmel.

„Es ist der Eventchara­kter, der viele Menschen fasziniert“, versucht Wincher das Phänomen zu erklären. Der 41-Jährige ist Technische­r Leiter in der Sap-arena, der eigentlich­en Heimspiels­tätte der Mannheimer Adler, und einer von zwei Veranstalt­ungsleiter­n des Winter Games in Sinsheim, dessen Kosten auf eine Million Euro geschätzt werden. „Wir hoffen auf eine schwarze Null“, sagt Wincher.

Rekordzahl­en wird es am Samstag nicht geben. 30 000 passen in die Arena, am Samstag werden „nur“27500 Zuschauer dabei sein, da die Plätze in den unteren Reihen wegen zu schlechter Sicht nicht verkauft werden. Gegen die Mitbewerbe­r um das Winter Game setzte sich das Konzept der Mannheimer dennoch durch. Wincher: „Wir wollen an die Ursprünge unseres Sports erinnern, entspreche­nd wird der gesamte Innenraum der Arena gestaltet. Ein zugefroren­er See, ein Besen, zwei Tore, zwei Torhüter, zehn Feldspiele­r und ein Puck – mehr braucht es nicht für ein Eishockey-spiel.“

Markus Wincher wird wohl auch am Samstag Schal und Mantel tragen. „Ich hoffe auf fünf Grad Minus und Sonnensche­in. Bis 15 Grad Plus ist alles in Ordnung, da können die Jungs problemlos spielen, selbst bei Regen.“

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Foto: Sörli Binder Die Eisfläche im Stadion der TSG Hoffenheim.

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