Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
So kommen heimische Vögel durch den Winter
Natur Tarnen, Kuscheln und Vorräte anlegen: Sieben Strategien, wie die Tiere mit Schnee und Kälte klarkommen
Wir Menschen machen es uns im Winter gerne gemütlich in den eigenen vier Wänden. Doch wie machen das heimische Vögel, die nicht in den Süden fliegen? Hier sieben Überlebensstrategien.
Energiesparkugel Wer hat es nicht schon einmal am eigenen Leib ausgetestet? Die geballte Faust kühlt viel langsamer aus als die flach ausgestreckte Hand. Dieses Prinzip machen sich manche Vögel zunutze. Beispielsweise das Rotkehlchen schützt sich auf diese Weise gegen Frostbeulen. Beim Sitzen den Kopf einziehen, Flügel eng anlegen und Gefieder aufplustern – fertig ist die Energiesparkugel. So gewappnet, überstehen Vögel selbst frostigste Winternächte und halten ihre Körpertemperatur konstant auf 40 Grad. Ihr Daunenkleid ist dabei nicht ganz unbeteiligt. Es wirkt ähnlich wie ein Thermoanzug.
Vorratsspeicher Wer klug ist, baut vor – diesem Sprichwort scheint beispielsweise der Eichelhäher zu folgen. Im Herbst versteckt er sehr emsig Eicheln, Bucheckern und Nüsse. Er würde wohl so manchen Gedächtniswettbewerb gewinnen, denn zielsicher gräbt er die meisten Vorräte wieder aus. Doch die Natur freut sich doppelt: Was ihm entgeht, dient der natürlichen Waldverjüngung – oder anderen Tieren als Nahrung.
Gebäudedämmung Der Buntspecht nutzt in Städten gerne isolierte Häuserfassaden. Binnen kürzester Zeit schlägt er sich dort eine warme Winterwohnung. Bei Hausseiner besitzern löst dieses Verhalten moderner Stadtvögel allerdings keine Freude aus. Beim Landesbund für Vogelschutz gibt es Tipps zur spechtfreundlichen Vogelabwehr unter: www.lbv.de.
Kuscheln Kuscheln ist in der Vogelwelt unter erwachsenen Tieren nicht üblich. Das eigene, wärmende Federkleid könnte dadurch zerdrückt werden. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Beispielsweise der Gartenbaumläufer drängelt sich bei Kälte mit bis zu 20 seiner Artgenossen in eine Baumhöhle.
Tarnen Das Alpenschneehuhn ist ein genügsamer Vogel, der sich mit Knospen, Beeren und Insekten als Kost zufrieden gibt. Doch hat er viele Fressfeinde wie Habicht, Steinadler und Fuchs. Da hilft eine sehr gute Tarnung. Das Alpenschneehuhn wechselt als einziger heimischer Vogel sein graues Sommerkleid in einen schneeweißen „Winteranzug“.
Temperaturregelung Kalte Füße sind eine Domäne der Frauen, doch nicht nur. Denn auch Vögel haben kalte Füße, allerdings ohne dass ihnen das etwas ausmachen würde. Die Beine von Vögeln, die auf Eis oder Schnee stehen, sind fast genauso kalt wie ihre Umgebung. Trotzdem frieren sie nicht fest, da durch die angepasste Temperatur kein Tauwasser erzeugt wird. Vögel verfügen über ein Wärmeaustauschsystem in den Blutgefäßen der Füße. Die Adern, die warmes Blut in die Füße bringen, und die Adern, die kühles Blut zurück zum Körper leiten, liegen dicht beieinander. So haben sie sogar bei eisigem Frost immer wohltemperiertes Blut zur Verfügung: vorgekühlt für die Füße, angewärmt für den Körper.
Abflug Wasserrallen und Blesshühner zeigen gute Nerven. Sie ignorieren die Kälte so lange, bis es nicht mehr anders geht und sie fast vom Eis eingeschlossen sind. Dann starten sie zu einer schlagartigen Wetterflucht, um noch offene Gewässer zu finden. In ihrer Panik fliegen sie dabei häufig sogar glänzende Flachdächer an, die sie für spiegelnde Wasserflächen halten.