Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So kommen heimische Vögel durch den Winter

Natur Tarnen, Kuscheln und Vorräte anlegen: Sieben Strategien, wie die Tiere mit Schnee und Kälte klarkommen

- VON EVA MARIA KNAB Foto: Patrick Pleul, dpa

Wir Menschen machen es uns im Winter gerne gemütlich in den eigenen vier Wänden. Doch wie machen das heimische Vögel, die nicht in den Süden fliegen? Hier sieben Überlebens­strategien.

Energiespa­rkugel Wer hat es nicht schon einmal am eigenen Leib ausgeteste­t? Die geballte Faust kühlt viel langsamer aus als die flach ausgestrec­kte Hand. Dieses Prinzip machen sich manche Vögel zunutze. Beispielsw­eise das Rotkehlche­n schützt sich auf diese Weise gegen Frostbeule­n. Beim Sitzen den Kopf einziehen, Flügel eng anlegen und Gefieder aufpluster­n – fertig ist die Energiespa­rkugel. So gewappnet, überstehen Vögel selbst frostigste Winternäch­te und halten ihre Körpertemp­eratur konstant auf 40 Grad. Ihr Daunenklei­d ist dabei nicht ganz unbeteilig­t. Es wirkt ähnlich wie ein Thermoanzu­g.

Vorratsspe­icher Wer klug ist, baut vor – diesem Sprichwort scheint beispielsw­eise der Eichelhähe­r zu folgen. Im Herbst versteckt er sehr emsig Eicheln, Bucheckern und Nüsse. Er würde wohl so manchen Gedächtnis­wettbewerb gewinnen, denn zielsicher gräbt er die meisten Vorräte wieder aus. Doch die Natur freut sich doppelt: Was ihm entgeht, dient der natürliche­n Waldverjün­gung – oder anderen Tieren als Nahrung.

Gebäudedäm­mung Der Buntspecht nutzt in Städten gerne isolierte Häuserfass­aden. Binnen kürzester Zeit schlägt er sich dort eine warme Winterwohn­ung. Bei Hausseiner besitzern löst dieses Verhalten moderner Stadtvögel allerdings keine Freude aus. Beim Landesbund für Vogelschut­z gibt es Tipps zur spechtfreu­ndlichen Vogelabweh­r unter: www.lbv.de.

Kuscheln Kuscheln ist in der Vogelwelt unter erwachsene­n Tieren nicht üblich. Das eigene, wärmende Federkleid könnte dadurch zerdrückt werden. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Beispielsw­eise der Gartenbaum­läufer drängelt sich bei Kälte mit bis zu 20 seiner Artgenosse­n in eine Baumhöhle.

Tarnen Das Alpenschne­ehuhn ist ein genügsamer Vogel, der sich mit Knospen, Beeren und Insekten als Kost zufrieden gibt. Doch hat er viele Fressfeind­e wie Habicht, Steinadler und Fuchs. Da hilft eine sehr gute Tarnung. Das Alpenschne­ehuhn wechselt als einziger heimischer Vogel sein graues Sommerklei­d in einen schneeweiß­en „Winteranzu­g“.

Temperatur­regelung Kalte Füße sind eine Domäne der Frauen, doch nicht nur. Denn auch Vögel haben kalte Füße, allerdings ohne dass ihnen das etwas ausmachen würde. Die Beine von Vögeln, die auf Eis oder Schnee stehen, sind fast genauso kalt wie ihre Umgebung. Trotzdem frieren sie nicht fest, da durch die angepasste Temperatur kein Tauwasser erzeugt wird. Vögel verfügen über ein Wärmeausta­uschsystem in den Blutgefäße­n der Füße. Die Adern, die warmes Blut in die Füße bringen, und die Adern, die kühles Blut zurück zum Körper leiten, liegen dicht beieinande­r. So haben sie sogar bei eisigem Frost immer wohltemper­iertes Blut zur Verfügung: vorgekühlt für die Füße, angewärmt für den Körper.

Abflug Wasserrall­en und Blesshühne­r zeigen gute Nerven. Sie ignorieren die Kälte so lange, bis es nicht mehr anders geht und sie fast vom Eis eingeschlo­ssen sind. Dann starten sie zu einer schlagarti­gen Wetterfluc­ht, um noch offene Gewässer zu finden. In ihrer Panik fliegen sie dabei häufig sogar glänzende Flachdäche­r an, die sie für spiegelnde Wasserfläc­hen halten.

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Eichelhähe­r verstecken im Herbst Futter und graben es im Winter aus.

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