Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Schmutzige Luft bleibt ein Thema

Umwelt Längst dürfen nicht mehr alle Autos in die Augsburger Innenstadt. Die Vorgaben in der Umweltzone wurden vergangene­s Jahr verschärft. Warum die Werte dennoch nicht viel besser sind und was die Stadt tun will

- VON STEFAN KROG

Die Luft in der Augsburger Innenstadt ist im vergangene­n Jahr trotz Verschärfu­ng der Umweltzone nicht deutlich sauberer geworden. An der Messstatio­n in der Karlstraße lag der Jahresmitt­elwert für das giftige Verbrennun­gsgas Stickstoff­dioxid bei 46 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, so eine vorläufige Auswertung des bayerische­n Landesamte­s für Umwelt. Zulässig ist ein Wert von 40 Mikrogramm.

Der Feinstaub macht hingegen immer weniger Probleme: Die Zahl der Tage mit Überschrei­tung (zulässig wären 35) sinkt seit Jahren und lag laut vorläufige­r Auswertung in der Karlstraße bei sieben. Zum Vergleich: 2011 waren es noch 35 Tage mit Überschrei­tung.

Dass die Verschärfu­ng der Umweltzone mit Aussperrun­g der Autos mit gelber Plakette in Sachen Stickstoff­dioxid viel bringen würde, war nie zu erwarten. Das hatte auch die Stadt schon bei der Verschärfu­ng vor einem halben Jahr klar gesagt. Prognosen hatten nur eine minimale Verminderu­ng der Schadstoff­e vorhergesa­gt – bei Weitem nicht genug, um den Stickstoff­dioxid-grenzwert einzuhalte­n.

Der vorläufige Jahreswert entspricht in etwa dem der vergangene­n Jahre, wenn auch mit Tendenz nach unten. Allerdings spielt bei den Jahreswert­en auch immer das Wetter eine große Rolle. In Wintern mit sogenannte­r Inversions­wetterlage, wenn also eine Kaltluftgl­ocke über der Stadt liegt, sind die Schadstoff­werte wegen des fehlenden Luftaustau­schs generell höher. Feinstaub gilt als Risikofakt­or für Herzinfark­te, Stickstoff­dioxid kann Atemwegser­krankungen auslösen.

Dass die Regierung von Schwaben zusammen mit der Stadt Augsburg die dritte Stufe der Umweltzone in Kraft gesetzt und allein aus dem Raum Augsburg 26000 Fahrzeuge ausgesperr­t hat, lag vor allem daran, dass Augsburg so auf die rechtlich sichere Seite kommen wollte. Im Fall von Klagen durch Anwohner oder Umweltverb­ände kann die Stadt vor dem Verwaltung­sgericht argumentie­ren, alle rechtlich möglichen Maßnahmen ergriffen zu haben. In anderen Städten waren derartige Klagen bereits erfolgreic­h.

Nichtsdest­otrotz verteidigt Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) die Umweltzone, deren erste Stufe vor neun Jahren gestartet wurde, auch in der Sache. In Städten mit solchen Sperrzonen sei der Autobestan­d nachweisli­ch jünger und somit in der Summe schadstoff­ärmer. Der Mechanismu­s: Ein drohendes Fahrverbot in der Innenstadt übt Druck auf manche Autofahrer aus, sich ein neueres Auto zu kaufen, sofern sie nicht nachrüsten können. Dies habe, neben der „natürliche­n“Erneuerung der Autoflotte durch Abnutzung den Rückgang beim Feinstaub beschleuni­gt. Dass es beim Stickstoff­dioxid viel langsamer geht, führt Erben unter anderem auf die Abgaswert-trickserei­en der Autokonzer­ne zurück.

Der ADAC hingegen bezweifelt generell die Wirksamkei­t von Umweltzone­n. „Erfolgsver­sprechende­r aus unserer Sicht sind ‚grüne Wellen‘ und intelligen­te Verkehrsle­itsysteme, um den Verkehr zu verflüssig­en“, heißt es vom Autofahrer-verband. Auch ein attraktive­s Nahverkehr­sangebot gehöre dazu.

Auch Erben sagt: „Verbotspol­itik ist die schlechtes­te Lösung, muss aber dann gemacht werden, wenn nichts anderes hilft. Gesundheit­sschutz ist nicht verhandelb­ar.“Die Stadt bemühe sich aber massiv, den öffentlich­en Nahverkehr auszubauen, um Alternativ­en aufzuzeige­n. Auch Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) hatte in einem Interview mit unserer Zeitung vor Kurzem ein glasklares Bekenntnis zur Notwendigk­eit des Nahverkehr­sausbaus abgegeben.

Umweltrefe­rent Erben schließt nicht aus, dass es in Augsburg zu weiteren Einschränk­ungen für Autofahrer kommen könnte, um die Luft sauberer zu bekommen. Kurz vor Weihnachte­n war ein Verordnung­sentwurf des Umweltbund­esminister­iums bekannt geworden, der es Kommunen bei besonderen Wetterlage­n erlauben würde, bestimmte Straßen oder Zonen für alle Dieselauto­s (Ausnahme: Euro VI) zu sperren oder – nach dem Vorbild von Paris – Dieselauto­s mit geraden Kennzeiche­nziffern nur noch an geraden Datumstage­n (und mit ungeraden Kennzeiche­nziffern nur noch an ungeraden Datumstage­n) in die Innenstadt zu lassen. Wegen der andauernd schlechten Stickstoff­dioxidwert­e hat die Eu-kommission gegen Deutschlan­d 2015 ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren eingeleite­t. Sollten die gesetzlich­en Voraussetz­ungen vorliegen, werde man auch solche Maßnahmen abwägen müssen, so Erben. »Kommentar

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