Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Schmutzige Luft bleibt ein Thema
Umwelt Längst dürfen nicht mehr alle Autos in die Augsburger Innenstadt. Die Vorgaben in der Umweltzone wurden vergangenes Jahr verschärft. Warum die Werte dennoch nicht viel besser sind und was die Stadt tun will
Die Luft in der Augsburger Innenstadt ist im vergangenen Jahr trotz Verschärfung der Umweltzone nicht deutlich sauberer geworden. An der Messstation in der Karlstraße lag der Jahresmittelwert für das giftige Verbrennungsgas Stickstoffdioxid bei 46 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, so eine vorläufige Auswertung des bayerischen Landesamtes für Umwelt. Zulässig ist ein Wert von 40 Mikrogramm.
Der Feinstaub macht hingegen immer weniger Probleme: Die Zahl der Tage mit Überschreitung (zulässig wären 35) sinkt seit Jahren und lag laut vorläufiger Auswertung in der Karlstraße bei sieben. Zum Vergleich: 2011 waren es noch 35 Tage mit Überschreitung.
Dass die Verschärfung der Umweltzone mit Aussperrung der Autos mit gelber Plakette in Sachen Stickstoffdioxid viel bringen würde, war nie zu erwarten. Das hatte auch die Stadt schon bei der Verschärfung vor einem halben Jahr klar gesagt. Prognosen hatten nur eine minimale Verminderung der Schadstoffe vorhergesagt – bei Weitem nicht genug, um den Stickstoffdioxid-grenzwert einzuhalten.
Der vorläufige Jahreswert entspricht in etwa dem der vergangenen Jahre, wenn auch mit Tendenz nach unten. Allerdings spielt bei den Jahreswerten auch immer das Wetter eine große Rolle. In Wintern mit sogenannter Inversionswetterlage, wenn also eine Kaltluftglocke über der Stadt liegt, sind die Schadstoffwerte wegen des fehlenden Luftaustauschs generell höher. Feinstaub gilt als Risikofaktor für Herzinfarkte, Stickstoffdioxid kann Atemwegserkrankungen auslösen.
Dass die Regierung von Schwaben zusammen mit der Stadt Augsburg die dritte Stufe der Umweltzone in Kraft gesetzt und allein aus dem Raum Augsburg 26000 Fahrzeuge ausgesperrt hat, lag vor allem daran, dass Augsburg so auf die rechtlich sichere Seite kommen wollte. Im Fall von Klagen durch Anwohner oder Umweltverbände kann die Stadt vor dem Verwaltungsgericht argumentieren, alle rechtlich möglichen Maßnahmen ergriffen zu haben. In anderen Städten waren derartige Klagen bereits erfolgreich.
Nichtsdestotrotz verteidigt Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) die Umweltzone, deren erste Stufe vor neun Jahren gestartet wurde, auch in der Sache. In Städten mit solchen Sperrzonen sei der Autobestand nachweislich jünger und somit in der Summe schadstoffärmer. Der Mechanismus: Ein drohendes Fahrverbot in der Innenstadt übt Druck auf manche Autofahrer aus, sich ein neueres Auto zu kaufen, sofern sie nicht nachrüsten können. Dies habe, neben der „natürlichen“Erneuerung der Autoflotte durch Abnutzung den Rückgang beim Feinstaub beschleunigt. Dass es beim Stickstoffdioxid viel langsamer geht, führt Erben unter anderem auf die Abgaswert-tricksereien der Autokonzerne zurück.
Der ADAC hingegen bezweifelt generell die Wirksamkeit von Umweltzonen. „Erfolgsversprechender aus unserer Sicht sind ‚grüne Wellen‘ und intelligente Verkehrsleitsysteme, um den Verkehr zu verflüssigen“, heißt es vom Autofahrer-verband. Auch ein attraktives Nahverkehrsangebot gehöre dazu.
Auch Erben sagt: „Verbotspolitik ist die schlechteste Lösung, muss aber dann gemacht werden, wenn nichts anderes hilft. Gesundheitsschutz ist nicht verhandelbar.“Die Stadt bemühe sich aber massiv, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen, um Alternativen aufzuzeigen. Auch Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) hatte in einem Interview mit unserer Zeitung vor Kurzem ein glasklares Bekenntnis zur Notwendigkeit des Nahverkehrsausbaus abgegeben.
Umweltreferent Erben schließt nicht aus, dass es in Augsburg zu weiteren Einschränkungen für Autofahrer kommen könnte, um die Luft sauberer zu bekommen. Kurz vor Weihnachten war ein Verordnungsentwurf des Umweltbundesministeriums bekannt geworden, der es Kommunen bei besonderen Wetterlagen erlauben würde, bestimmte Straßen oder Zonen für alle Dieselautos (Ausnahme: Euro VI) zu sperren oder – nach dem Vorbild von Paris – Dieselautos mit geraden Kennzeichenziffern nur noch an geraden Datumstagen (und mit ungeraden Kennzeichenziffern nur noch an ungeraden Datumstagen) in die Innenstadt zu lassen. Wegen der andauernd schlechten Stickstoffdioxidwerte hat die Eu-kommission gegen Deutschland 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Sollten die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, werde man auch solche Maßnahmen abwägen müssen, so Erben. »Kommentar