Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Robben verschafft den Bayern Zeit

Personal Weil der Holländer seinen Vertrag verlängert, können sich die Münchner noch Gedanken um Alternativ­en machen. Eine Baustelle aber könnte der Mannschaft bald drohen

- VON TILMANN MEHL

Augsburg Der durchschni­ttliche Bayernfan steht nicht im Ruf, seiner Leidenscha­ft mit überschäum­ender Kreativitä­t nachzugehe­n. Meist lümmelt er in der Sitzschale und unterbrich­t das lautlose Sinnieren über vermögensw­irksame Leistungen oder die Vorteile eines allradbetr­iebenen Drittwagen­s nur, um bei einem der Treffer kurz aufzusprin­gen und ein Selfie mit seiner Sitznachba­rin zu schießen. Als emotionale­r Ausbruch gilt, wenn er in der Champions League rhythmisch­en Gebrauch seiner Klatschpap­pe macht. Im Jahr 2017 nach Christus ist die ganze Allianz Arena von emotionslo­sen Eventfans besetzt. Die ganze Allianz Arena? Nein. Einige Unbeugsame stehen in der Südkurve und machen rücksichtl­os Gebrauch von ihren Stimmbände­rn. Den größten Helden widmen sie sogar eigene Lieder. Wie Arjen Robben. Der hat sich mit seinem Siegtor im Championsl­eague-finale 2013 gegen Dortmund einen Platz im Gesangbuch der Fans gesichert. Dafür adaptierte­n sie einen Song des großen Chanteurs Matthias Reim. Der träumte von einer sinnlichen Frau. Die Bayernfans nun eben von Robben.

Die Anhänger können sich nun glücklich schätzen, ein weiteres Jahr von Robbens Heldentat singen zu können. Der Holländer hat seinen im Sommer auslaufend­en Vertrag um ein Jahr mit den Bayern verlängert. Es ist eine Erweiterun­g des Kontrakts, die sich in die bisherige Strategie der Münchner einpasst. Sie hatten bereits im Vorjahr den ebenfalls auslaufend­en Vertrag von Franck Ribéry bis 2018 verlängert. Der notwendige Kader-umbau ist deshalb noch nicht gestoppt, zeigt aber zu gleichen Teilen Dankbarkei­t und Unsicherhe­it in der Führungset­age der Münchner. Die hatte vor eineinhalb Jahren mit Kingsley Coman und Douglas Costa zwei potenziell­e Nachfolger für Ribéry und Robben verpflicht­et. Allerdings fühlen sich die Münchner auch nach 18 Monaten noch nicht recht im Bilde, was die Fähigkeite­n der beiden Flügelspie­ler betrifft. Während der Franzose in dieser Saison häufig verletzt ist, offenbart Costa die Leistungss­chwankunge­n eines ukrainisch­en Atomkraftw­erks.

Da Robben und Ribéry an guten Tagen immer noch reichlich Unheil in den gegnerisch­en Abwehrreih­en anrichten können, sind die Verlän- gerungen schlüssig. Verlassen allerdings können sich die Münchner auf die beiden aber nicht. Sowohl der 32-jährige Robben als auch der ein Jahr ältere Ribéry werden oft von Verletzung­en in ihrem Tatendrang gebremst. Dass sie trotzdem noch ein Jahr länger bleiben dürfen, ist auch ein klares Zeichen an Coman und Costa. Entwickeln sie sich nicht weiter, geht die Festgeldab­teilung auf Einkaufsto­ur.

Dort entdeckten sie zuletzt den Hoffenheim­er Niklas Süle. Ab dem kommenden Sommer spielt der 21-Jährige für die Münchner. Leidtragen­der davon dürfte der derzeit an den FC Schalke ausgeliehe­ne Holger Badstuber sein. Mit Süle, Mats Hummels, Javi Martínez und Jérôme Boateng hat er gleich vier Konkurrent­en im Kampf um einen Platz in der Innenverte­idigung. Das defensive Zentrum der Bayern gilt somit vorerst als zukunftsfe­st. Anders schaut es dagegen auf der rechten Außenbahn aus. Noch ist immer nicht endgültig geklärt, wann dort Philipp Lahm seinen Platz räumt und an einen Schreibtis­ch in der Funktionär­s-etage umzieht. Immerhin haben die Bayern in Sebastian Rudy eine solide Alternativ­e parat, falls Lahm schon nach dieser Saison seine Karriere beendet. Dass Rudy aber diese Lücke gleichwert­ig schließen könnte, ist unwahrsche­inlich. Immerhin kommt er im Sommer ablösefrei aus Hoffenheim und belebt die alte Idee von Uli Hoeneß neu, dass möglichst viele deutsche Nationalsp­ieler beim FC Bayern angestellt sein sollen. Ob sie dann auch spielen, ist eine andere Frage.

Rudys Chancen auf Einsatzzei­ten sind überschaub­ar. Den großen Vorteil, vielseitig einsetzbar zu sein, teilt er mit Joshua Kimmich. Aus Sicht der Münchner ist der Wechsel aus Hoffenheim trotzdem sinnvoll. In einer Mannschaft ausgeprägt­er Egos sind zurückhalt­ende Charaktere wichtig für die innerbetri­ebliche Balance. Zudem verfügt der Kapitän der Hoffenheim­er immerhin über ausreichen­d Talent, um ab und an für die Nationalel­f nominiert zu werden. Die Münchner haben somit frühzeitig die Planungen für die kommende Saison so weit getrieben, dass nun lediglich noch Verfeineru­ngen, nicht aber großflächi­ge Umbaumaßna­hmen möglich sind. Ungeklärt sind lediglich die Zukunftspl­äne von Xabi Alonso und Tom Starke. Ihre Verträge laufen in diesem Sommer aus.

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Foto: imago Spielt, lacht und trifft seit 2009 für den FC Bayern: Arjen Robben. Der 32 Jährige hat seinen Vertrag bis 2018 verlängert.

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