Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Tor oder nicht Tor?

Handball Bei der WM in Frankreich gibt es den Videobewei­s. Deutschlan­d hat schon profitiert

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Rouen Über den seltsamen Treffer seines Mitspieler­s Niclas Pieczkowsk­i musste sogar Handball-nationalke­eper Andreas Wolff lachen. „Ich finde, das sollte auf jeden Fall in die Tore des Turniers aufgenomme­n werden“, sagte der 25-Jährige mit einem breiten Grinsen. „Ein so wunderschö­nes Tor habe ich selten gesehen.“

Was er meinte, war Pieczkowsk­is Tor im erfolgreic­hen Wm-auftaktmat­ch der Dhb-auswahl gegen Ungarn (27:23). Der Leipziger Profi hatte im ersten Durchgang aus dem Rückraum auf den Kasten der Ungarn geworfen – ob deren Keeper den Ball aber vor oder hinter der Linie parierte, war mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Also nutzten die Schiedsric­hter das, was bei der WM in Frankreich erstmals bei einem großen Männer-turnier erlaubt ist: den Videobewei­s. Beim Blick auf den Bildschirm erkannten die Unparteiis­chen dann nach kurzer Zeit, dass der Ball drin war.

„Das war das wohl unemotiona­lste Tor meiner Karriere“, sagte Pieczkowsk­i im Anschluss an das Spiel. „Ich saß schon 30 Sekunden auf der Bank, als irgendjema­nd sagte, der Ball sei drin.“

Doch das neue Hilfsmitte­l bescherte nicht nur den Deutschen, sondern auch Ungarn einen Treffer. Torhüter Silvio Heinevette­r hatte kurz vor Schluss einen Wurf erst kurz hinter der Linie weggekratz­t, was so ebenfalls nicht zu erkennen gewesen wäre.

Die neue Technik war erstmals bei der Frauen-wm 2015 angewendet worden. Die Situatione­n, in denen die Schiedsric­hter auf das sogenannte „Video Proof System“(VPS) zurückgrei­fen können, sind klar definiert. Neben der Kontrolle, ob ein Ball hinter der Linie war oder nicht, können sie auch checken, ob die Spielzeit bereits abgelaufen war, als ein Tor erzielt wurde. Auch bei groben Fouls, die übersehen wurden, können sie die Technik nutzen.

„Es ist wohl das Ärgerlichs­te für einen Torhüter, dass zu Unrecht ein Treffer anerkannt wird“, sagte Wolff. „Und es ist doch schön, wenn man nachweisen kann, ob es dann so war oder eben nicht.“Deutschlan­ds Abwehrchef Finn Lemke hält die Einführung des Videobewei­ses sogar für „hervorrage­nd“. Er habe zwar gar nicht gewusst, dass es das neue Hilfsmitte­l bei der WM in Frankreich gibt. „Aber das gibt einfach eine Sicherheit und Klarheit in kritischen Situatione­n“, meint Lemke, „über die man sonst vielleicht nachher sprechen würde – dadurch aber nicht mehr.“

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N. Pieczkowsk­i
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Andreas Wolff

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