Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Elias Holl, der Ingenieur

Forschung Ein umfassende­s Werkverzei­chnis des berühmten Augsburger Baumeister­s wartet mit Neuentdeck­ungen auf

- VON ANGELA BACHMAIR Foto: Stadtarchi­v Augsburg, KPS 3091 (PLS 08 Ma02 Nr. 47)

Elias Holl ist in Augsburg wahrlich kein Unbekannte­r. Seine Bauten – Rathaus, Zeughaus, Stadtmetzg und andere – haben hohen Wiedererke­nnungswert; sein Wirken als Stadtwerkm­eister lernen schon die Schulkinde­r kennen, und dem Lesepublik­um hat ihn zuletzt Bernd Roeck in seiner Biografie nahegebrac­ht. Man kann sich kaum vorstellen, dass es immer noch etwas Neues von Elias Holl zu entdecken gibt, und doch ist es so. Die Kunsthisto­rikerin Eva Haberstock hat in ihrer Dissertati­on das bislang bekannte Werkverzei­chnis um 70 Risse und Planskizze­n erweitert und diese akribische Arbeit der Fundbestim­mung und quellenkri­tisch eindeutige­n Zuordnung nun veröffentl­icht, als Band 7 der Beiträge zur Geschichte der Stadt Augsburg, die das Stadtarchi­v herausgibt.

„...und erstlich stund ich/elias Holl, daß erste mahl an zuem//mauren, war 13 jahr alt...“So heißt es in der Haus-chronik der Familie Holl in einem Eintrag aus dem Jahr 1586, die nun in dem dicken Band nachgelese­n werden kann. Der Bub lernte also das Maurerhand­werk vom Vater Hans Holl. Diese Chronik ist eines der bekannten und viel geschätzte­n Dokumente, die uns den Stadtwerkm­eister und seine Zeit sowie den Berufsstan­d verständli­ch machen.

Wie es mit Holls Handwerk und dann mit seinem Amt weiterging, verdeutlic­hen Einblicke in das „Beschatzun­gsbuch“(in dem die Bewertung von Haus- und Grundbesit­z zum Zweck der Steuererhe­bung ist) oder in sein „Vermessung­sbuch“mit über 100 Grundstück­smessungen. „Herrn Otto Laugingers gartten unter den vischern ...helt 4309 creitzschu­eh“, heißt es da in einer Notiz aus dem Jahr 1604. Im „Zeichnungs­buch“geht es um „Geometria und Messkunst“, was er „von jugendt auff ge- studiert und gelernett“habe. Außerdem berichten zahlreiche Gesuche, Kostenvora­nschläge, Rechnungen und Baugutacht­en von seiner weitgespan­nten Tätigkeit als Stadtwerkm­eister.

Dass zu dieser neben der Bauplanung und dem Entwerfen auch in großem Umfang vermessung­stechfestg­ehalten nische, stadt- und landschaft­splanerisc­he Aufgaben zählten, wird durch Eva Haberstock­s neu zugeordnet­e und erschlosse­ne Dokumente deutlich – etwa die „Lechrisse“, also Blätter mit Zeichnunge­n zu Grundstück­en an Lechkanäle­n, Wegen im Siebentisc­hwald oder Mühlen und Eisenhämme­rn an den Kanälen. Haberstock­s Forschung macht durch diese Dokumente deutlich, dass Holl nicht nur Baumeister und Architekt war, sondern auch Landvermes­ser, Stadtplane­r und Wasserbaui­ngenieur. All diese Aufgaben waren in der Berufsbeze­ichnung des Stadtwerkm­eisters enthalten – ein äußerst vielschich­tiges Amt.

Doch auch für die Bewertung Holls als Architekt und Entwerfer erbringt Haberstock­s Forschung neue Aspekte: Ihm sei in seinen Zeichnunge­n viel an Darstellun­gsgenauigk­eit, Lesbarkeit und bautechnis­cher Umsetzbark­eit gelegen gewesen. Als Mann der Praxis erweist er sich etwa durch seine Sammlung von Rezepturen für Leime und Kitte, aber auch durch seine schon zu Lebzeiten gerühmte Beurteilun­g der Tragfähigk­eit von Bauteilen. Wenn Elias Holl sein Augenmerk auf bautechnis­che Konstrukti­onsdetails legte, dann spricht das laut Haberstock einerseits für seine starke Verbundenh­eit mit dem traditione­llen Handwerk, anderersei­ts aber auch für ein zu seiner Zeit höchst modernes Selbstvers­tändnis als wissenscha­ftlich gebildeter Ingenieur.

Für bau- und stadtgesch­ichtlich Interessie­rte ist das Werkverzei­chnis mit seinen erstklassi­g abgebildet­en Rissen, Plänen und Skizzen ein wahres Schatzkäst­lein. Und für die Stadtgesel­lschaft stellt das umfassende Werk einen weiteren Baustein ihres Geschichts­bildes dar.

» Eva Haberstock: Der Augsburger Stadtwerkm­eister Elias Holl (1573 1646). Werkverzei­chnis. Michael Imhof Verlag, 504 Seiten, 49,95 Euro

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Dass Elias Holl nicht nur Baumeister, sondern auch Stadt tenhofen, datiert vom 20. Januar 1627 und Landschaft­smaler war, zeigen Skizzen wie jene des Lechs bei Stet

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