Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Elias Holl, der Ingenieur
Forschung Ein umfassendes Werkverzeichnis des berühmten Augsburger Baumeisters wartet mit Neuentdeckungen auf
Elias Holl ist in Augsburg wahrlich kein Unbekannter. Seine Bauten – Rathaus, Zeughaus, Stadtmetzg und andere – haben hohen Wiedererkennungswert; sein Wirken als Stadtwerkmeister lernen schon die Schulkinder kennen, und dem Lesepublikum hat ihn zuletzt Bernd Roeck in seiner Biografie nahegebracht. Man kann sich kaum vorstellen, dass es immer noch etwas Neues von Elias Holl zu entdecken gibt, und doch ist es so. Die Kunsthistorikerin Eva Haberstock hat in ihrer Dissertation das bislang bekannte Werkverzeichnis um 70 Risse und Planskizzen erweitert und diese akribische Arbeit der Fundbestimmung und quellenkritisch eindeutigen Zuordnung nun veröffentlicht, als Band 7 der Beiträge zur Geschichte der Stadt Augsburg, die das Stadtarchiv herausgibt.
„...und erstlich stund ich/elias Holl, daß erste mahl an zuem//mauren, war 13 jahr alt...“So heißt es in der Haus-chronik der Familie Holl in einem Eintrag aus dem Jahr 1586, die nun in dem dicken Band nachgelesen werden kann. Der Bub lernte also das Maurerhandwerk vom Vater Hans Holl. Diese Chronik ist eines der bekannten und viel geschätzten Dokumente, die uns den Stadtwerkmeister und seine Zeit sowie den Berufsstand verständlich machen.
Wie es mit Holls Handwerk und dann mit seinem Amt weiterging, verdeutlichen Einblicke in das „Beschatzungsbuch“(in dem die Bewertung von Haus- und Grundbesitz zum Zweck der Steuererhebung ist) oder in sein „Vermessungsbuch“mit über 100 Grundstücksmessungen. „Herrn Otto Laugingers gartten unter den vischern ...helt 4309 creitzschueh“, heißt es da in einer Notiz aus dem Jahr 1604. Im „Zeichnungsbuch“geht es um „Geometria und Messkunst“, was er „von jugendt auff ge- studiert und gelernett“habe. Außerdem berichten zahlreiche Gesuche, Kostenvoranschläge, Rechnungen und Baugutachten von seiner weitgespannten Tätigkeit als Stadtwerkmeister.
Dass zu dieser neben der Bauplanung und dem Entwerfen auch in großem Umfang vermessungstechfestgehalten nische, stadt- und landschaftsplanerische Aufgaben zählten, wird durch Eva Haberstocks neu zugeordnete und erschlossene Dokumente deutlich – etwa die „Lechrisse“, also Blätter mit Zeichnungen zu Grundstücken an Lechkanälen, Wegen im Siebentischwald oder Mühlen und Eisenhämmern an den Kanälen. Haberstocks Forschung macht durch diese Dokumente deutlich, dass Holl nicht nur Baumeister und Architekt war, sondern auch Landvermesser, Stadtplaner und Wasserbauingenieur. All diese Aufgaben waren in der Berufsbezeichnung des Stadtwerkmeisters enthalten – ein äußerst vielschichtiges Amt.
Doch auch für die Bewertung Holls als Architekt und Entwerfer erbringt Haberstocks Forschung neue Aspekte: Ihm sei in seinen Zeichnungen viel an Darstellungsgenauigkeit, Lesbarkeit und bautechnischer Umsetzbarkeit gelegen gewesen. Als Mann der Praxis erweist er sich etwa durch seine Sammlung von Rezepturen für Leime und Kitte, aber auch durch seine schon zu Lebzeiten gerühmte Beurteilung der Tragfähigkeit von Bauteilen. Wenn Elias Holl sein Augenmerk auf bautechnische Konstruktionsdetails legte, dann spricht das laut Haberstock einerseits für seine starke Verbundenheit mit dem traditionellen Handwerk, andererseits aber auch für ein zu seiner Zeit höchst modernes Selbstverständnis als wissenschaftlich gebildeter Ingenieur.
Für bau- und stadtgeschichtlich Interessierte ist das Werkverzeichnis mit seinen erstklassig abgebildeten Rissen, Plänen und Skizzen ein wahres Schatzkästlein. Und für die Stadtgesellschaft stellt das umfassende Werk einen weiteren Baustein ihres Geschichtsbildes dar.
» Eva Haberstock: Der Augsburger Stadtwerkmeister Elias Holl (1573 1646). Werkverzeichnis. Michael Imhof Verlag, 504 Seiten, 49,95 Euro