Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Entspannter in die Prüfung
Interview Psychologe Thomas Blum kennt die Probleme der Studenten. Was er ihnen rät
An den Augsburger Hochschulen beginnt die Prüfungszeit. Herr Blum, wie schätzen Sie als Psychologe den Prüfungsstress für Studenten ein? Blum: Etwa jeder fünfte Student, der zu mir in die Beratung kommt, hat Probleme mit Prüfungsstress. Der Unterschied zu früher ist, dass man in den Bachelor- und Masterstudiengängen praktisch ständig Prüfungen hat und in Form sein muss.
Was raten Sie Studenten, leistungsbereit sein müssen? Blum: Die objektiv verdichtete Prüfungsbelastung kann man nicht ändern. Allein zu mehr Entspannung zu raten, nützt nichts. Man muss genau hinschauen, wovor jemand konkret Angst hat.
Gibt es Grundregeln, wie man in die Prüfung geht? Blum: Das Beste ist, sich gut auf die Prüfung vorzubereiten. Aber viele Studenten machen sich selbst zu viel Druck, weil sie nur mit der Note 1 zufrieden sind. Ich rate dann, den Blick darauf zu richten, die Prüfung zu bestehen und den Wert der Note zu relativieren. Später im Job wird der Arbeitgeber auf die Berufserfahrung schauen und nicht nur aufs Abschlusszeugnis.
Aber etwa bei Lehramtsstudenten ist der Notenschnitt entscheidend für eine Anstellung ... Blum: Der nötige Notenschnitt erzeugt viel Panik bei Studierenden fürs Lehramt. Deshalb weise ich darauf hin, dass sich die Situation bis zum Ende des Studiums stark ändern kann.
Was können Eltern beitragen, um zu viel Prüfungsstress zu verhindern? Blum: Heute ist es oft so, dass Eltern auf die Bremse treten, aber die Studenten hochleistungsmotiviert sind. Wann ist Prüfungsstress noch normal, wann nicht mehr? Blum: Dass man vor einer Prüfung aufgeregt ist, ist normal und sogar leistungsfördernd. Aber man muss das Angstmanagement hinbekommen, damit man den Druck produktiv nutzen kann und nicht blockiert ist. Deshalb sollte man auch darauf achten, ob es noch andere Probleme im persönlichen Umfeld gibt.
Blum: Studenten haben öfter Liebeskummer. Wenn das zum Problem wird, muss man sich stärker damit beschäftigen und diesem Problem mehr Raum geben. Gute Noten alleine machen auch nicht glücklich.
Man hört auch öfter von einem anderen Problem, der Studienabschlussangst ... Blum: Es gibt Studenten, die Arbeitsstörungen bekommen, weil sie Angst vor einem neuen Lebensabschnitt haben. Das kommt besonders in Studiengängen vor, die nicht direkt in einen Beruf münden. Öfter haben Betroffene auch das Gefühl, noch nicht bereit dafür zu sein, die Jugendzeit hinter sich zu lassen und Verantwortung zu übernehmen.
Wie können Sie bei all diesen Problemen helfen? Blum: Oft reicht es aus, Betroffenen das Problem bewusst zu machen und sie zu ermutigen. Das gelingt meist mit zwei bis drei Beratungen.
Wie viele Studenten kommen psychologische Beratung? Blum: Pro Jahr sind es insgesamt etwa 150, die Nachfrage steigt.
Könnte auch ein Gespräch mit einem guten Freund helfen? Blum: Viele Studenten gelten nach außen hin als sozial kompetent und trotzdem haben sie zu wenige Freundschaften. Vor allem fehlen oft Freunde, mit denen sie wirklich offen über persönliche Dinge sprechen können. Der Druck, smart rüberzukommen, ist sehr groß. Professionelle Hilfe von Beratern ist vor allem dann sinnvoll, wenn es darum geht, unbewusste Prozesse bewusst zu machen.
Beratung Für den Erstkontakt gibt es beim Studentenwerk Augsburg die Of fene Sprechstunde (Di 11 12 Uhr) oder eine Terminvereinbarung, Telefon: (0821) 650424 40, E Mail: bist@stu dentenwerk augsburg.de. Die psycho logische Beratung des Studentenwerks läuft in Form von bis zu zehn Einzelge sprächen. Besucheradresse: Am Silber mannpark 1a, Haltestelle „Haunstetter Straße/fh“.
Thomas Blum ist Diplom Psycholo ge und Psychotherapeut beim Stu dentenwerk Augsburg. Seine Bera tung ist streng vertraulich, der Be rater unterliegt der Schweigepflicht.