Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Fehler im Fall Amri: Zwei SPD Minister unter Druck

Terror Grüne erheben schwere Vorwürfe. Csu-innenexper­te sieht Länder in der Pflicht

- VON SIMON KAMINSKI

Augsburg Die Attacken der Opposition im Fall Amri werden härter: Grünen-fraktionsc­hefin Katrin Göring-eckardt hat der Großen Koalition mangelnden Aufklärung­swillen vorgeworfe­n. „Die Bundesregi­erung verschlepp­t und verschlepp­t und verschlepp­t“, sagte sie. Die Grünen werfen Union und SPD vor, dass sie aus taktischen Gründen auf Zeit spielen. Vieles spricht allerdings dafür, dass die Pannen vor dem Terroransc­hlag mit zwölf Toten insbesonde­re für die SPD im Wahljahr 2017 zu einem ernsten Problem werden könnten.

Denn in den Vordergrun­d rückt die Frage, wer für die Ermittlung­sfehler verantwort­lich ist. Der innenpolit­ische Sprecher der Cdu/csufraktio­n, Stephan Mayer, lässt den Vorwurf der Grünen an die Adresse der Bundesregi­erung, es werde verschlepp­t, nicht gelten: „Das ist haltlos. Federführe­nd zuständig waren jeweils Nordrhein-westfalen oder Berlin“, sagte Mayer unserer Zeitung. Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) hat bereits zugegeben, dass von den Sicherheit­sbehörden Fehler gemacht worden sind.

Doch wer ist persönlich verantwort­lich? Eine Frage, die für die SPD große Brisanz entwickeln könnte. Denn die Ermittlung­en gegen den Terroriste­n aus Tunesien wurden in erster Linie von den Behörden zweier Spd-regierter Bundesländ­er geführt. Zuständige­r Innenminis­ter in Nordrhein-westfalen ist Klaus Jäger, wie sein Amtskolleg­e, der Berliner Innensenat­or Andreas Geisel, ein Sozialdemo­krat. Würde Jäger in dem Fall belastet, könnte sich das auf die im Mai anstehende­n Landtagswa­hlen in NRW entscheide­nd auswirken. Verliert Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft dort ihr Amt, wäre das aus Sicht der SPD ein fatales Signal für die Bundestags­wahl im September.

Wie geht es jetzt weiter? Das für die Kontrolle der Geheimdien­starbeit zuständige Parlamenta­rische Kontrollgr­emium (PKGR) hatte sich darauf verständig­t, eine Ermittlerg­ruppe zum Fall Amri einzusetze­n. Eine Entscheidu­ng, die von der Großen Koalition unterstütz­t wird. Mayer: „Durch die Einsetzung einer Art Task Force werden wir die Arbeit schon in der kommenden Woche aufnehmen können – also sehr viel rascher als bei einem Untersuchu­ngsausschu­ss.“

Im Schatten der Tat Amris, der ja bereits 2011 illegal nach Italien einreiste, wird diskutiert, ob deutsche Sicherheit­sbehörden Warnungen vor einer wachsenden Terrorgefa­hr durch die Flüchtling­skrise lange Zeit fahrlässig in den Wind geschlagen haben. Genau diesen Vorwurf macht das Recherche-team des

Ard-magazins Report München: Bereits 2015 hätten „handfeste Hinweise“vorgelegen, dass sich unter den vielen Hunderttau­senden, die nach Deutschlan­d kamen, auch „einige wenige Is-sympathisa­nten“befanden.

Auch Stephan Mayer hatte solche Befürchtun­gen. „Die Möglichkei­t stand durchaus im Raum, es gab dazu auch entspreche­nde Anfragen an die Sicherheit­sbehörden.“Damals sei es aber die übereinsti­mmende Einschätzu­ng gewesen, dass es unrealisti­sch sei, dass „der IS den für ihn umständlic­hen Weg geht, seine Anhänger über die Flüchtling­srouten einzuschle­usen“. Mayer räumt ein, „dass diese Gefahren offenbar unterschät­zt wurden.“

Für den Verfassung­sschutzprä­sidenten Hans-georg Maaßen ist die Bedrohung durch Islamisten, die in Deutschlan­d aufgewachs­en sind und sich hier radikalisi­ert haben, größer. Sie seien fahndungst­echnisch schwierige­r zu bekämpfen. Über potenziell­e Gefährder, die aus dem Ausland zu uns kommen, würde es inzwischen sehr gute Informatio­nen von befreundet­en Geheimdien­sten geben, sagte Maaßen als Gast der Csu-klausurtag­ung im Kloster Banz. »Kommentar

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