Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Porträt Warum Icke?

Thomas Häßler war einer der besten Fußballer Deutschlan­ds. Jetzt sitzt er im Dschungel und isst Fischreste. Den naheliegen­den Beweggrund dafür bestreitet er

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Vielleicht stimmt es ja tatsächlic­h, was Thomas Häßler sagt. Dass finanziell­e Beweggründ­e nicht ausschlagg­ebend waren, sich mit D-promis Fischreste runterzuwü­rgen. Geld nämlich, so sollte man meinen, müsste der ehemalige Weltklasse-fußballer genug haben. Immerhin kickte er zu Beginn der 90er Jahre im damaligen Lire-paradies.

Italiens Liga war sowohl sportlich wie auch finanziell führend. Dass er überhaupt nach Italien wechselte, hatte zu einem Großteil mit einem Treffer im November 1989 zu tun. Da schoss Häßler das 2:1 gegen Wales. Ohne diesen Treffer hätten sich die Deutschen nicht für die WM 1990 in Italien qualifizie­rt, wären nicht Weltmeiste­r geworden, und niemand weiß, wie die Karriere des kleinen Mittelfeld­spielers verlaufen wäre. Möglicherw­eise hätte sie ihn nicht ins Dschungelc­amp geführt. Dort sitzt der mittlerwei­le imposant tätowierte 50-Jährige inmitten unbekannte­r Schauspiel­erinnen sowie abgetakelt­er Sänger und macht den Eindruck, nicht so recht zu wissen, wie er mit den Verhaltens­auffällige­n umgehen soll.

Häßler war Weltmeiste­r, Europameis­ter und Publikumsl­iebling. Wurde wegen seiner Berliner Herkunft von allen nur „Icke“genannt. Nach seiner Rückkehr aus Italien kassiert er in Deutschlan­d weitere Millionen beim Karlsruher SC, Borussia Dortmund und dem TSV 1860 München (der Verein hat damals tatsächlic­h in der ersten Bundesliga gespielt und war nicht auf jordanisch­e Finanzspri­tzen angewiesen). Während seiner Zeit in München bröckelt aber erstmals die Heimatfilm­fassade seines Lebens. Gattin Angela fängt ein Techtelmec­htel mit dem Manager des Bundesligi­sten an. Das bedeutet sowohl das Aus für den Manager wie auch die Ehe der Häßlers. Was folgt, ist ein längerer Streit über das Umgangsrec­ht mit den drei Kindern. Als etwas ungünstig für Thomas Häßler erweist sich dabei, dass Angela ihn bei vorherigen Vertragsve­rhandlunge­n vertrat und somit zum einen genauesten­s über seine finanziell­e Situation im Bilde ist wie auch erprobt im Feilschen.

Häßler aber grämt sich nicht allzu lange und findet sein Glück in einer neuen Beziehung mit Anke Hermann. 2004 heiraten die beiden. Die beruflich erfolgreic­hen Zeiten Häßlers liegen da bereits hinter ihm. Es folgen Stationen als Techniktra­iner beim 1. FC Köln, Assistent von Berti Vogts bei der nigerianis­chen Nationalma­nnschaft und Co-trainer eines iranischen Erstligist­en. Seit dem vergangene­n Jahr ist er immerhin Chefcoach. Er trainiert den Berliner Achtligist­en Club Italia 80. Sein Engagement im Amateurfuß­ball begründete er auch unter anderem damit, nicht komplett ausgelaste­t zu sein. Im Wortlaut sagt Häßler: „Was soll ich zu Hause die Wände anstarren?“

Das immerhin kann er im Dschungelc­amp schon mal mangels festem Mauerwerk nicht tun.

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Foto: RTL, Stefan Menne

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