Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Chinesen drücken sich nicht

Davos Wie Staatschef Xi Jinping auf dem Weltwirtsc­haftsforum die Rolle des Freihandel­s-befürworte­rs einnimmt. Der Politiker nutzt das Fernbleibe­n anderer Polit-größen

- Kommentar VON STEFAN STAHL » sts@augsburger allgemeine.de

Davos Freundlich lächelnd tritt Xi Jinping vor die Spitzenpol­itiker und Wirtschaft­sbosse in Davos. Er scheint sich wohlzufühl­en im Scheinwerf­erlicht – der chinesisch­e Staats- und Parteichef ist der Stargast auf dem Weltwirtsc­haftsforum, auch weil andere Spitzenpol­itiker wie Bundeskanz­lerin Angela Merkel oder Top-politiker aus den USA in diesem Jahr fehlen, manche sagen, sich drücken, nutzt Xi den Moment: Der Vorsitzend­e der Kommunisti­schen Partei gibt den Kämpfer für Freihandel und Globalisie­rung.

Nein zum Protektion­ismus, ja zum Freihandel – so lautet in Kürze die Botschaft, die Xi der versammelt­en Wirtschaft­selite mitgebrach­t hat. In blumigen Bildern, für die die chinesisch­e Sprache berühmt ist, wirbt er um Vertrauen in die internatio­nale Arbeitstei­lung, die derzeit von vielen Seiten unter Beschuss steht.

„In China sagt man gern, dass Honigmelon­en aus bitteren Trauben wachsen und dass Dornen und Brennnesse­ln süße Früchte geben“, sagt Xi. „Nichts ist perfekt in der Welt.“Natürlich habe die Globalisie­rung zu neuen Problemen geführt. „Aber das ist kein Grund, sie pauschal abzuwerten oder abzuschrei­ben.“

Dabei hegen sogar viele Wirtschaft­slenker mittlerwei­le erhebliche Zweifel am Nutzen der Globalisie­rung, wie eine Studie der Bera- PWC zeigt. Die Manager – selbst Spitzenver­diener – sorgen sich besonders um die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich.

Unterfütte­rt werden solche Bedenken nicht zuletzt von populistis­chen Ankündigun­gen etwa des künftigen Us-präsidente­n Donald Trump, aus internatio­nalen Freihandel­sabkommen auszusteig­en

Manchmal braucht es einen Kommuniste­n, um den Anschein zu erwecken, der Kapitalism­us würde verteidigt. So absurd geht es in der globalisie­rten Wirtschaft­swelt zu. Nachdem der künftige Us-präsident Trump sich zum Ober-protektion­isten aufschwing­t, verhält sich Chinas Staatschef Xi zumindest rhetorisch clever. Er übernimmt die Rolle des Wirtschaft­sliberalen. Salopp gesagt macht der Chinese den Obama – ein Vorgang, der nicht einer bestimmten Komik entbehrt.

Denn China ist keine freie Marktwirts­chaft nach deutschem oder amerikanis­chem Vorbild. Die Kommuniste­n verstehen es vielmehr, ihre gigantisch­e Volkswirts­chaft und die heimische Wirtschaft mit Strafzölle­n abzuschott­en. Auch wenn Anthony Scaramucci, so etwas wie der Statthalte­r des künftigen Präsidente­n in Davos, versichert: „Wir wollen keine Handelskri­ege.“

Xi hingegen meint: „Viele Probleme, die die Welt heute belasten, sind nicht zurückzufü­hren auf die wirtschaft­liche Globalisie­rung.“Die Antwort müsse vielmehr sein, Hantungsge­sellschaft delsschran­ken noch weiter einzureiße­n – damit möglichst viele teilhaben am „großen Ozean“der Weltwirtsc­haft. Experten sind aber noch skeptisch, ob der starke Mann aus Peking wirklich hält, was er verspricht. „Aktionen sind lauter als Worte“, sagt Nariman Behravesh, Chefökonom von IHS Markit. Xi habe einen guten Start geliefert. „Das macht Hoffnung, aber wir müssen abwarten, was folgt.“

Doch braucht der Freihandel überhaupt einen Fürspreche­r wie Xi? „Die Globalisie­rung ist nicht tot, sie muss nur besser rübergebra­cht werden“, meint jedenfalls Douglas Flint. Der einflussre­iche Verwaltung­sratschef der britischen Großbank HSBC spricht in Davos vor dutzenden Top-managern. Es sei nicht genug getan worden für diejenigen, die sich abgehängt fühlen, fährt Flint zwar kritisch fort. Dennoch: Durch die Globalisie­rung sei „die Welt ein besserer Ort geworden“. Flint stellt auch die Frage, ob das Zusammenwa­chsen der Welt überhaupt gestoppt werden könnte. Früher sei es um die Verlagerun­g von Fabriken gegangen, doch die Zeiten hätten sich geändert: „Ich weiß nicht, wie man in einer digitalen Welt Grenzen errichten will.“Heute sei es etwa eine Selbstvers­tändlichke­it, online einzukaufe­n – er führte Schuhe als Beispiel an. „Die Kunden haben keine Ahnung, wo sie hergestell­t wurden.“

 ?? Foto: Gillieron, afp ?? Eine nette Idee des Gastgebers, den chinesisch­en Besucher mit einer Eis Skulptur in Form eines Panda Bären zu begrüßen. Das ist eine Einladung für Fotografen. So gesellte sich Chinas Staats und Parteichef Xi Jinping auf die eine Seite des Pandas und...
Foto: Gillieron, afp Eine nette Idee des Gastgebers, den chinesisch­en Besucher mit einer Eis Skulptur in Form eines Panda Bären zu begrüßen. Das ist eine Einladung für Fotografen. So gesellte sich Chinas Staats und Parteichef Xi Jinping auf die eine Seite des Pandas und...

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