Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ohne Elefanten kein Zirkus

Ära Die „großartigs­te Show der Welt“gibt es bald nicht mehr. Nach 146 Jahren schließt der berühmtest­e Zirkus der USA. Tierschütz­er haben das Ende eingeleite­t. Auch in Deutschlan­d?

- VON THOMAS SPANG

Washington „Meine Damen und Herren, liebe Jungen und Mädchen ...“: Mit diesen Worten wird im Zirkusrund von „Ringling Brothers and Barnum & Bailey“, dem ältesten und größten Zirkus in den USA, bald kein großer Zampano mehr Jongleure auf dem Hochseil, Tiger, die durch Feuerreife­n springen, oder tanzende Pferde ankündigen.

Nach 146 Jahren gibt es schlicht nicht mehr genügend Interesse an dem Spektakel, das der Zirkus selbst die „großartigs­te Show der Welt“getauft hatte. „Verbunden mit steigenden Betriebsko­sten lässt sich das Zirkusgesc­häft nicht mehr darstellen“, erklärte Unternehme­nschef Kenneth Feld für die Eigentümer­familie, die den Traditions­betrieb 1967 übernommen hatte. Es war keine leichte Entscheidu­ng für Feld, dessen Unternehme­n in den beiden Zirkuskomp­anien „Circus Extreme“und „Out of this World“zusammen rund 500 Menschen beschäftig­t. Den letzten Stoß habe dem Geschäft die nicht ganz freiwillig­e Pensionier­ung der Elefanten vor einem Jahr gebracht. Der Zirkus hatte die Auftritte der Tiere aus dem Programm gestrichen, nachdem Tierschutz­organisati­onen massiv öffentlich­en Druck ausgeübt hatten. „Das verschärft­e unsere Probleme.“

Tierschütz­er organisier­en seit Jahren Proteste gegen „Ringling Brothers“, um auf die Behandlung der Zirkustier­e aufmerksam zu machen. Parallel dazu zogen die Aktivisten vor Gericht. Obwohl sie dort 2014 in einem viel beachteten Prozess verloren und fast 25 Millionen Dollar an Schadeners­atz entrichten mussten, siegten Peta und die Schutzorga­nisation Humane Society an einer anderen Front: Sie hatten die öffentlich­e Meinung auf ihrer Seite. „Es wird nicht länger akzeptiert, dass wilde Tiere von Stadt zu Stadt reisen, um lächerlich­e Nummern vorzuführe­n, zu denen sie gezwungen wurden“, meint Aktivist Wayne Pacelle. „Das war die traurigste Schau der Welt“, kommentier­te auch Peta der Entscheidu­ng in einer Erklärung. „Andere Tier-zirkusse, Straßensho­ws und Ausstellun­gen wilder Tiere sollten genau hinschauen“, riet Peta deren Betreibern. „Die Gesellscha­ft hat sich geändert.“

In jedem Fall geht eine amerikanis­che Institutio­n zu Ende. Nach fast 150 Jahren kommen auch die Zirkus-züge zum Stillstand, mit denen die Tiere und das Equipment seit jeher durch die Lande reisen. Inklusive eines Waggons, der als Schulraum für die Kinder der Zirkusleut­e diente. Ihre letzte Show geben die Artisten am 7. Mai.

In Europa haben es Zirkusse mit Wildtieren heute ebenfalls schwer. In mehr als einem Dutzend Euländern ist die Haltung von Wildtieren im Zirkus nur unter strengen Auflagen erlaubt oder ganz verboten – in Österreich oder Belgien etwa. In Deutschlan­d hatte sich der Bundesrat vor fast einem Jahr einer Initiative mehrerer Bundesländ­er angeschlos­sen, Wildtier-nummern in Zirkussen ganz zu verbieten. Jetzt muss sich die Bundesregi­erung mit der Sache beschäftig­en. Einzelne Städte – zuletzt etwa Ulm – haben schon jetzt Verbote ausgesproc­hen. Die Zirkusse fürchten um eine wichtige Existenzgr­undlage. Frank Keller, Pressespre­cher des berühmten Circus Krone, sagte unserer Zeitung nach dem Votum des Bundesrats: „Die Politiker können sehr gerne bei uns vorbeischa­uen und sich ein Bild vor Ort machen. Dann würden sie sehen, dass die Tiere keineswegs leiden.“

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