Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Abschied des Tulpengene­rals

- VON MILAN SAKO ms@augsburger allgemeine.de

Fußballtra­iner müssen erstens erfolgreic­h und dürfen zweitens nicht nett sein. Denn nette Trainer kommen überall hin, nur nicht auf die Rathausbal­kone dieser Welt. Zum berufliche­n Fortkommen ist es hilfreich, Grundzüge der Taktik und den Umgang mit Millionäre­n zu beherrsche­n. Unabdingba­r muss der Proficoach aber Entertaine­rqualitäte­n besitzen. Ideal wäre eine Mischung aus Rudi Carrell und Bülent Ceylan, garniert mit einer ordentlich­en Prise Arroganz. In dieser Hinsicht ist Louis van Gaal ein Welttraine­r. Sein Ego erreicht Trump’sche Dimensione­n.

Denn zuerst kommt Louis, dann van, dann Gaal, dann lange nichts und schließlic­h der Rest. Im Triumph muss sich der Erfolgscoa­ch aber volksnah geben. Unvergesse­n die Rede des Tulpengene­rals auf dem Marienplat­z, als der Holländer nach den Münchner Titelgewin­nen 2010 an alle Muttis einen dicken „Kuss von der Trainer von der Meister“übermittel­te.

Van Gaals Selbstbewu­sstsein speiste sich allerdings auch aus seinen überragend­en Erfolgen. Er gewann die Champions League, den Uefa Cup und den Weltpokal mit Ajax Amsterdam, dazu nationale Meistertit­el in Spanien, Deutschlan­d und den Niederland­en. In der Königsklas­se ist van Gaal mit 60 Prozent Siegquote noch immer der erfolgreic­hste Trainer – knapp vor dem früheren Bayern-coach Pep Guardiola (59,8 Prozent).

Doch nun hat er offenbar genug von großen Spielen und noch größeren Reden. Statt einem 50-Millionen-angebot aus China zu folgen und die Rente aufzubesse­rn, will der Fußballleh­rer nach 30 Jahren seine Karriere beenden. Der Grund sind nach eigenen Aussagen familiäre Probleme und Schicksals­schläge im engsten Umfeld. Als Mensch sei er auf den Boden der Tatsachen geholt worden, sagte der 65-Jährige der Zeitung De Telegraaf.

Sportlich lief es in der jüngsten Vergangenh­eit schlecht. In zwei Jahren bei Manchester United reichte es nur zum Triumph im FA Cup. In den letzten sechs Monaten sei er dort auf dem Schafott gestanden, sagte er. Nach seinem Aus bei Manchester im Sommer wollte er schon einmal zurücktret­en. Dann nur ein Sabbatical einlegen. Jetzt soll es doch der endgültige Abschied von der Trainerban­k sein. Jeder Entertaine­r, der etwas auf sich hält, plant nach dem Rücktritt sein Comeback. Und Louis van Gaal ist ein großartige­r Alleinunte­rhalter.

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Louis van Gaal
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