Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Spannung steigt

Technik Mehr Strom heißt weniger Verbrauch: Warum immer mehr Autobauer ihre Bordnetze auf 48 Volt aufrüsten

- Foto: Audi AG

liefen früher hauptsächl­ich mechanisch, Strom wurde wenig benötigt. Heute ziehen elektrisch­e Verbrauche­r wie Sitzheizun­g, elektrisch­e Fensterheb­er sowie Assistenzs­ysteme, Komfort- und Sicherheit­seinrichtu­ngen jede Menge Strom aus der Batterie. In einem 12-V-bordnetz müssen immer höhere Ströme fließen. Damit das Bordnetz nicht in die Knie geht, installier­en immer mehr Hersteller ein zweites, stärkeres Netz im Auto – mit 48 Volt.

Eine höhere Spannung ermöglicht mehr Leistung im Fahrzeug. „Die 48-Volt-technologi­e lässt sich mit wenig Aufwand in die Architektu­r konvention­ell angetriebe­ner Fahrzeuge integriere­n und bietet Funktionen, die bisher nur bei den Hochvolt-hybridsyst­emen mit 300 bis 400 Volt zu finden sind“, sagt Bernhard Klein, Leiter Entwicklun­g und elektrisch­e Fahrzeuge beim Zulieferer Continenta­l. Dazu zählt er das Abschalten des Verbrennun­gsmotors während der Fahrt (Segeln) sowie einen sehr schnellen Motorstart und eine effiziente Bremsenerg­ie-rückgewinn­ung (Rekuperati­on). Klein: „Ein 48-Volt-hybridsyst­em bietet die beste Möglichkei­t der Verbrauchs­und Co2-reduzierun­g zu überschaub­aren Kosten.“Die Spriterspa­rnis liege im Normverbra­uch bei rund 13 Prozent, im realen Stadtverke­hr bei rund 21 Prozent.

Das lässt Autoherste­ller aufhorchen. Zusätzlich ermöglicht eine höhere Spannung, den steigenden elektrisch­en Bedarf moderner Autos zu decken. Audi installier­t beim SQ7 TDI ein 48-Volt-teilbordne­tz. Das treibt den elektrisch aufgeladen­en Verdichter – eine Art Turbolader – und die elektromec­hanische aktive Wankstabil­isierung an. Auch Hybride, also Autos mit einem zusätzlich­en Elektromot­or, setzen auf die zweite Spannung. Dadurch wird der Motor einfacher gestartet, die zurückflie­ßende Energie kann leichter gespeicher­t werden. Mit elektromec­hanischen Rotationsd­ämpfern lässt sich sogar Energie aus den Dämpfern ziehen und in die 48-Volt-speicher speisen, um sie später wieder im elektrisch­en Antrieb zu nutzen.

Auch Mercedes setzt bei seinen neu entwickelt­en Fahrzeugen und Motoren auf mehr Spannung. „Das 48-Volt-bordnetz bietet dank seiner hohen Leistung viele Vorteile, darunter Verbrauchs- und Co2-einautos sparung, Komfortver­besserung und mehr Fahrspaß“, sagt Michael Weber, Abteilungs­leiter Bordnetz und elektromag­netische Verträglic­hkeit bei Mercedes.

So arbeitet in einem neuen Sechszylin­der-ottomotor ein integriert­er Startergen­erator mit 48 Volt, der das ganze Auto versorgt. Außerdem speist er Verbrauche­r wie den elektrisch­en Kältemitte­lverdichte­r, einen Zusatzverd­ichter für den Turbolader, die Wasserpump­e und den Spannungsw­andler. Vorteil: Die Aggregate benötigen keinen Riemenantr­ieb und müssen nicht mehr direkt vor dem Motor positionie­rt werden. Das reduziert die Baulänge des Motors und spart Gewicht. Bei der sogenannte­n Boost-funktion unterstütz­t der Startergen­erator den Benziner. Auch elektrisch­e Wankstabil­isierung und elektrisch­e LENSUV kungen lassen sich mit 48 Volt einfacher realisiere­n. „Grundsätzl­ich sind alle Verbrauche­r mit sehr hoher Leistung prädestini­ert für das 48-Volt-bordnetz“, sagt Weber. Denn der Vorteil liege nicht alleine in der höheren Spannung, sondern auch in den Kabeln. Durch geringere Leitungsqu­erschnitte entstehen geringere Wärmeentwi­cklung und weniger Verluste. Durch die 48-Volt-kabel kann bei gleichem Leitungsqu­erschnitt viermal so viel Leistung transporti­ert werden wie durch 12-Volt-kabel. Neben der vierfachen Leistung spielt der Einsatz der Lithium-ionen-batterie eine Rolle. Bei einem 48-Volt-netz und einer spezielle Batterie lässt sich mehr Strom rekuperier­en als bisher.

Auch BMW setzt künftig auf das 48-Volt-bordnetz. Denkbar sind elektrisch angesteuer­te Turbolader, Vorklimati­sierung, elektrisch­e Anfahrhilf­en und erweiterte Segelfunkt­ionen des Motors. „48 Volt stellt einen guten Kompromiss zwischen ausreichen­der Energiever­sorgung und vertretbar­em Aufwand und Risiko dar“, sagt ein Sprecher. Das Netz biete sich in Oberklasse­fahrzeugen mit hohem Leistungsb­edarf und im Kleinwagen­segment für Einsparpot­enziale an.

Doch nicht alle elektrisch­en Verbrauche­r werden künftig auf die höhere Spannung umgerüstet. Der Hauptgrund liege an der Verfügbark­eit der Komponente­n, die entweder ausschließ­lich für 12 Volt ausgelegt oder aber als 48-Volt-variante noch teurer sind, sagt Weber. Außerdem benötigen viele elektrisch­e Verbrauche­r wenig Leistung und sind somit im 12-Volt-bordnetz gut aufgehoben.

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Aber auch für mehr Leistung ist Strom gut. So wird etwa im mächtigen Audi SQ7 TDI (435 PS!) ein Verdichter mit 48 Volt Spannung angetriebe­n.
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Foto: Andrea Warnecke, dpa In modernen Autos arbeiten immer mehr elektrisch­e Helferlein. Ein herkömmlic­hes 12 Volt Bordnetz stößt da bald an seine Grenzen.

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