Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Störkraft“Lied und eine Nazifahne

Strafe für Anhänger der Reichsbürg­er

- VON KLAUS UTZNI

„Ich verstehe nicht, warum man mich Reichsbürg­er nennt“, gibt sich der Angeklagte, 69, verständni­slos. Freilich, das, was die Staatsanwa­ltschaft in diesem Prozess zusammenge­tragen hat, müsste reichen, um den Rentner zumindest als großen Sympathisa­nten dieser seltsamen Bewegung zu bezeichnen. Immerhin hat er Polizisten bei einer Hausdurchs­uchung im Juni 2016 deutlich zu erkennen gegeben, dass er sie als Vertreter dieses Staates nicht ernst nimmt, hat sie als Verbrecher und „Dreckspack“tituliert.

In seiner Wohnung fand der Staatsschu­tz einen „Hitler-führersche­in“, Ausweis und Führersche­in einer „Republik Freies Deutschlan­d“und einen Mitgliedsa­usweis für eine „Gesellscha­ft für Wehrund Sicherheit­sdienst“. Dass er nicht nur der Bundesrepu­blik kritisch gegenübers­teht, wie er beteuert, sondern offenbar in seiner politische­n Haltung auch ziemlich weit rechts steht, beweisen „Funde“der Kripo auf seinem Facebook-account.

Dort hat er den verbotenen Musiktitel „Blut und Ehre“der rechten Band „Störkraft“verlinkt, der nationalso­zialistisc­hes Gedankengu­t verherrlic­ht und auffordert, Ausländer zu vertreiben, um die „deutsche Rasse zu retten“. Ebenso hat er ein Foto verlinkt mit dem Titel „Die USA wollen den totalen Krieg“mit der Abbildung einer Hakenkreuz­fahne. Er sei bei einer Diskussion auf Facebook über die Flüchtling­skrise einfach in Wut geraten, verteidigt er die strafbaren Aktivitäte­n im sozialen Netzwerk.

Der „Reichsbürg­er“hatte schon im November für Aufregung bei Gericht gesorgt. Bei einem ersten Prozess wegen Widerstand­s gegen Polizisten bei der damaligen Hausdurchs­uchung ließ er seinen Platz auf der Anklageban­k leer, wartete dagegen vor dem Gerichtsge­bäude auf das weitere Geschehen. Als das Gericht Haftbefehl erließ, wurde er fünf Minuten später draußen auf dem Gehsteig festgenomm­en, saß einige Tage in Haft, wurde dann zu sieben Monaten Bewährungs­strafe verurteilt.

Jetzt hatte Amtsrichte­rin Rita Greser über den zweiten Teil des Komplexes zu richten. Die Vorwürfe: Verbreiten von Propaganda­mitteln und Verwenden von Kennzeiche­n verfassung­swidriger Organisati­onen sowie verbotene Gewaltdars­tellung. Über seinen Anwalt Moritz Bode räumte der Rentner die Vorwürfe ein. Das Gericht hatte nun mit dem ersten Urteil eine Gesamtstra­fe zu bilden. Richterin Greser verhängt insgesamt zehn Monate Bewährungs­strafe für den bereits einschlägi­g vorbestraf­ten Rentner. Er muss außerdem 700 Euro an den „Bunten Kreis“zahlen. Das Urteil ist rechtskräf­tig.

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