Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Betrug hinter Gittern

Justiz Ein Häftling des Aichacher Gefängniss­es hat einen Mitgefange­nen mit einem Trick um teure Kunstwerke gebracht. Warum der Prozess jetzt geplatzt ist

- VON KATJA RÖDERER

Aichach Vertrauen ist gut, bestimmt auch unter Knastbrüde­rn. Aber Kontrolle ist einfach noch besser. Vor allem, wenn es um Kunstwerke im Wert von etwa 100 000 Euro geht, wie der Fall zeigt, der jetzt das Augsburger Amtsgerich­t beschäftig­t hat. Begonnen hatte alles in der Justizvoll­zugsanstal­t in Aichach. Hier war der angeklagte 58-Jährige einige Zeit mit dem Besitzer der Kunstwerke inhaftiert. Spätestens hier erfuhr der Angeklagte auch von den Besitztüme­rn seines Mithäftlin­gs: Ölgemälde und Bilder eines israelisch­en Künstlers für etwa 100000 Euro. Der Angeklagte soll seinen Mithäftlin­g im Aichacher Gefängnis laut Gericht mit folgender Geschichte beunruhigt haben: Er habe erfahren, dass die Stieftocht­er des Kunstbesit­zers versuchen will, die Bilder im Internet zu verkaufen. Laut Gericht war das jedoch gelogen. Der Angeklagte, der kurz vor seiner Entlassung stand, soll seinem Mithäftlin­g angeboten haben, die Bilder für ihn aufzubewah­ren und sie ihm nach dessen Freilassun­g zurückzuge­ben. Unter dem Vorwand, dass der Angeklagte gegenüber Dritten auch nachweisen müsse, dass vermeintli­ch alles mit rechten Dingen zugeht, ließ er sich vom Kunstbesit­zer eine Schenkungs­bestätigun­g ausstellen und sicherheit­shalber auch gleich noch eine Generalvol­lmacht. So jedenfalls wird der Fall vom Gericht geschilder­t.

Der Angeklagte soll die Bilder nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis in seinen Besitz genommen und für 1,5 Millionen Euro zum Kauf angeboten haben. Obwohl das mit dem weiterhin inhaftiert­en Mitinsasse­n so nicht vereinbart gewesen sein dürfte. Nachdem der Angeklagte die Bilder und Ölgemälde für so viel Geld jedoch nicht los wurde, verkaufte er die Sammlung laut Gericht für 35 000 Euro an ein Auktionsha­us in Tel Aviv.

Jetzt sollte sich der 58-Jährige deswegen am Augsburger Amtsgerich­t verantwort­en. Die Anklage lautete auf Betrug. Doch wie die Richterin und Pressespre­cherin Ute Bernhard erklärte, konnte die Verhandlun­g nicht stattfinde­n, weil das Gericht den mutmaßlich betrogenen Mann, der vom Angeklagte­n um seine Bildersamm­lung gebracht worden sein soll, nicht erreichen konnte. Er sei „unbekannt verzogen“, erklärte Ute Bernhard vom Amtsgerich­t, es liege derzeit keine gültige Adresse vor. Der Mann könnte sich auch in Israel aufhalten. Er sollte in der mündlichen Verhandlun­g als Zeuge aussagen.

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