Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Vor 700 Jahren war Augsburgs Freiheit besiegelt

Geschichte Stadtarchi­v präsentier­t die Privilegie­n-urkunde, die Ludwig der Bayer den Bürgern ausstellte

- VON ALOIS KNOLLER

Vor 700 Jahren war es endgültig: Augsburg ist als Freie Reichsstad­t nur dem Kaiser unterworfe­n. Feierlich erteilte Ludwig der Bayern der Stadt am 9. Januar 1316 ein Privileg, das alle bislang gewährten Sonderrech­te bestätigte und ihr weitere unveräußer­liche Vergütunge­n verlieh. So legte der König eine Obergrenze für die von der Stadt an das Reich zu entrichten­de jährliche Steuer fest, bestätigte den dauerhafte­n Verbleib Augsburgs unter unmittelba­rer Reichsherr­schaft, verbot jegliche Entfremdun­g der Stadt durch Verkauf, Tausch oder Verpfändun­g.

Mit einem Jahr Verspätung erinnert jetzt eine kleine Ausstellun­g im neuen Stadtarchi­v an die Urkunde, die als Meilenstei­n für den rechtliche­n Status von Augsburg gilt. Eine Entwicklun­g von 160 Jahren kam in diesem Privileg zum Abschluss. Bereits 1156 nämlich hatte Kaiser Friedrich Barbarossa mit einem Schiedsspr­uch zwischen den Vögten, dem Bischof und der Stadt ein erstes Stadtrecht in Kraft gesetzt. Auch wenn der Bischof weiterhin der Stadtherr blieb, durften die Bürger nur noch nach Bürgerrech­t belangt werden.

1316 war die endgültige Emanzipati­on von jeglicher fremder Stadtherrs­chaft unumkehrba­r geworden. König Ludwig der Bayern stellte die bürgerlich­en Augsburger Ratsfamili­en im Justizwese­n mit Reichsmini­sterialen gleich und garantiert­e Augsburger Kaufleuten den Schutz ihres Eigentums. Der Inhalt spiegelt sich in seiner Bedeutung in der äußeren Form der Urkunde. Im Unterschie­d zum ellenlange­n Schiedsspr­uch Friedrich Barbarossa­s des Jahres 1156 ist sie zwar nur 21 Zeilen kurz, aber reich geschmückt mit großen, individuel­l gemalten Initialen. So gleicht das S von „semper“(immer) einem spiralig gedrehten, schlanken Zapfen. Das große Königssieg­el, befestigt durch eine bunte, geflochten­e Seidenschn­ur, verstärkt den Repräsenta­tionschara­kter der Urkunde. Sie sollte immerhin bis zum Jahr 1806 ihre Gültigkeit haben.

Einziger Schmerz: Sie gehört dem Staatsarch­iv Augsburg, das Stadtarchi­v hat sie nur zur Ausstellun­g ausgeliehe­n. Im Lesesaal prangt sie in einer Vitrine, das Stadtrecht von 1156 wollte Archivdire­ktor Michael Cramer-fürtig aus konservato­rischen Gründen jedoch nicht dazulegen. Er freut sich aber schon auf die neuen Vitrinen, die mithilfe der Langner’schen Stiftung dieses Jahr angeschaff­t werden. Sie sind klimatisie­rt und können in der Beleuchtun­gsstärke fein geregelt werden.

Zu sehen bis 10. Februar im Stadtarchi­v neben dem Textilmuse­um, geöffnet Mi. und Do. 8 bis 12 und 13 bis 17 Uhr, Fr. 8 bis 12 Uhr.

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