Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Loblied auf den Denunzianten W
arum haben es Menschen, die gern über andere abfällig reden, ja sie lachend hinhängen, nur so schwer? Der Denunziant kommt als hinterfotzige Plaudertasche nicht gut weg. Dabei weiß er doch anderen so viel Interessantes über andere zu stecken. Der Denunziant ist ein Meister darin, Menschen mit Worten in den Rücken zu fallen.
Dennoch hält sich hartnäckig der Satz: „Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant!“Ob das Zitat von Hoffmann von Fallersleben oder Max Kegel stammt, es sollte aus Sicht der Kartellwächter umgeschrieben werden: „Der größte Held im ganzen Land, ist und bleibt der Denunziant!“Denn der zu lange fälschlich als heimtückisch geltende Typus des Verräters spielt eine segensreiche Rolle, wenn es darum geht, ein zulasten der Verbraucher Preise absprechendes Kartell aufzuheben. Neudeutsch Whistleblower – bayerisch eher Wischelblower – genannte fröhliche Verräter sind unverzichtbar, um als Mitglieder eines Kartells die Kungelrunde zu enttarnen. Für das moralische Aufraufen, ja Aufsteigen zum wertvollen Kronzeugen bekommen die Exlumpen einen Strafnachlass, manchmal müssen sie gar nicht für ihr übles Tun finanziell büßen.
Rein wirtschaftlich betrachtet (natürlich nicht moralisch) verhält sich gerissen, wer bei einem Kartell mitmischt, daraus lange geldwerten Vorteil zieht und aufhört, wenn es am schönsten ist. Dann wartet der Lohn des Straf-rabatts.
Nur komisch, dass keiner mehr etwas mit Verrätern zu tun haben will. Am Ende muss es dann doch heißen: „Der einsamste Lump im ganzen Land ist und bleibt der Denunziant!“Vielleicht sollten sich die armen Hunde zu einem Denunzianten–kartell zusammenschließen. Das gibt einen höllischen Spaß: Lauter Verräter suchen sozusagen den Super-judas. Das hätte Tvqualität. Dieter Bohlen würde sich als Chef der Jury bestens machen. Das Bundeskartellamt hat gegen Süßwarenhersteller Bußgelder in Millionenhöhe verhängt. Doch einige Unternehmen wollen das nicht hinnehmen. So war das Oberlandesgericht Düsseldorf mit dem Fall beschäftigt. Gestern stärkte es dem Bundeskartellamt den Rücken und bestätigte nicht nur die von der Wettbewerbsbehörde gegen Süßwarenhersteller wegen eines kartellrechtswidrigen Informationsaustausches verhängten Bußgelder, sondern erhöhte sie sogar um sieben auf rund 21 Millionen Euro. Süßwaren kosten oft wenig, doch es lässt sich viel damit verdienen. Noch mehr, wenn es gelingt, den harten Preiswettbewerb im Lebensmittelhandel aufzuweichen. Genau dies haben nach Einschätzung des Bundeskartellamts führende Süßwarenhersteller vor einigen Jahren getan.
Worum ging es in dem Prozess?
Das Bundeskartellamt belegte 2013 Mitglieder eines Arbeitskreises der „Konditionenvereinigung“der Deutschen Süßwarenindustrie mit Bußgeldern in Millionenhöhe. Dagegen wehrt sich ein Teil der Unternehmen. Einige Firmen – darunter Haribo, Katjes, Kraft, Storck und Zentis – akzeptierten die Bußgeldbescheide der Behörde. Andere wie Bahlsen, Griesson-de Beukelaer und Feodora waren nicht bereit zu zahlen.