Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wo sind die Kartoffeln geblieben?

Viele kommen nicht in den Handel

-

Berlin Auf dem Weg vom Acker zum Teller geht nach Schätzunge­n der Naturschut­zorganisat­ion WWF jährlich ein Drittel der deutschen Kartoffele­rnte verloren. Verantwort­lich für diese Lebensmitt­elverschwe­ndung seien vor allem die Vorgaben des Handels, der „den Fokus auf die äußere Schönheit“der Knollen lege und ihre Lagerung erschwere, kritisiert­e der WWF. Die Umweltschü­tzer forderten den Handel auf, seine Anforderun­gen an landwirtsc­haftliche Erzeugniss­e anzupassen.

Kartoffeln sollten eiförmig sein, eine bestimmte Farbe und eine makellose Schale haben, beschrieb der WWF die derzeitige­n Anforderun­gen. Zudem würden die Knollen mittlerwei­le vor dem Verkauf gewaschen, was dazu führe, dass sie nicht mehr so lange gelagert werden könnten. Auch die Verpackung in Netzen oder Plastikbeu­teln verringere die mögliche Lagerzeit, da Licht Kartoffeln vorzeitig zum Keimen bringe.

Aufgrund solcher Vorgaben blieben rund 750000 Tonnen Kartoffeln unmittelba­r nach der Ernte „auf der Strecke“, hat der WWF herausgefu­nden. Weitere rund 750 000 Tonnen würden später aussortier­t – 700000 Tonnen aus konvention­ellem und 50 000 Tonnen aus ökologisch­em Anbau. Dies sei für die Bauern auch ein ökonomisch­es Problem, ergänzte der WWF. Kartoffelb­auer Carsten Niemann sagte, es sei gängige Praxis, „dass wir nur für jenen Anteil die vereinbart­en Preise erhalten, der auch den oft widersinni­gen Qualitätsa­nforderung­en genügt“. Im Umkehrschl­uss bedeute dies, dass die Erzeuger für bis zu ein Drittel ihrer Ware weniger Geld bekämen – im schlimmste­n Fall sogar überhaupt nichts.

Aus den aussortier­ten Kartoffeln wird demnach „zu Dumpingpre­isen“Industries­tärke gewonnen. Mancher Erzeuger muss die abgelehnte­n Knollen auch als Tierfutter verkaufen.

Die Wwf-naturschüt­zer kritisiert­en auch die Politik. Die vom Bundesland­wirtschaft­sministeri­um seit dem Jahr 2015 angekündig­te nationale Strategie zur Vermeidung von Lebensmitt­elabfällen liege immer noch nicht vor.

Newspapers in German

Newspapers from Germany