Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Jugendarbeit und Job besser verbinden
Landtag Ehrenamtliche sollen künftig flexibler freinehmen können. Doch der Opposition geht der Vorschlag der CSU nicht weit genug
München/augsburg Wer sich in der Jugendarbeit engagiert, der lernt fürs Leben. Davon ist Claudia Junker-kübert, Geschäftsführerin des Bezirksjugendrings Schwaben, überzeugt. Wer im Projektteam für ein Jugendzeltlager mitarbeitet, der kann sich ihrer Einschätzung nach auch besser in der Firma einbringen. Etwa wenn eine Projektgruppe das nächste Firmenevent vorbereitet. Deswegen ärgert sie sich auch, wenn es immer wieder Chefs gibt, die die Arbeit von Ehrenamtlichen nicht honorieren. Und sie ärgert sich, dass oft mit zweierlei Maß gemessen wird. Denn: Nicht für alle ehrenamtlichen Einsätze kann man vom Arbeitgeber freigestellt werden.
Dass Jugendarbeit wichtig ist, darüber sind sich die Fraktionen im Bayerischen Landtag einig. Aber wie viel der Staat dazu beitragen soll, das Engagement Ehrenamtlicher in der Jugendarbeit zu unterstützen, ist immer wieder umstrit- Die CSU hat nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Freistellung vom Job für Ehrenamtliche flexibler regeln soll. Bisher gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dass sie sich maximal für 15 Tage pro Jahr und höchstens für vier Veranstaltungen pro Jahr freistellen lassen können. Künftig soll diese starre Regelung nach dem Willen der CSU durch ein Stundenkonto ersetzt werden.
Wer zum Beispiel eine 40-Stunden-woche hat, so rechnet der Csu-abgeordnete Gerhard Hopp vor, der bekäme 120 Stunden pro Jahr, die er beliebig auf zwölf verschiedene Veranstaltungen verteilen könnte – auch stundenweise. Dies sei ein Kompromiss, der allen zugutekommt: der Jugendarbeit, den Ehrenamtlichen und den Arbeitgebern.
SPD, Freie Wähler und Grüne unterstützen diese Flexibilisierung, halten die Neuregelung insgesamt aber nicht für ausreichend. Sie fordern, dass es Freistellungen nicht nur für die Jugendarbeit vor Ort ge- ben soll – also etwa für Aus- und Weiterbildung, Freizeiten, Zeltlager – sondern auch für die Arbeit der Ehrenamtlichen in den Gremien ihrer Organisationen. Auch diese Arbeit sei extrem wichtig, betonten die drei Fraktionen. Außerdem fordern sie Freistellungsregelungen auch für Schüler und Studenten.
Praktiker in der Jugendarbeit sehen das ebenso. Claudia Junker-kübert vom Bezirksjugendring geht der Gesetzesentwurf der CSU ebenfalls nicht weit genug – obwohl die geplante Flexibilisierung natürlich eine Erleichterung sei. Aber auch die Arbeit in den verschiedenen Gremien muss ihrer Ansicht nach berücksichtigt werden. Der Vorstand des Bezirksjugendrings treffe sich einmal pro Monat. Die Mitglieder hätten aber noch mehr Termine, etwa in Arbeitsgruppen oder Ausschüssen – freistellen kann man sich dafür aber nicht lassen. „Der jetzige gesetzliche Rahmen müsste ausgeweitet werden“, betont Junker-kübert.
Auch Klaus Gruber, Sachgebietsten. leiter beim Bayerischen Roten Kreuz, sieht im Csu-gesetzesentwurf noch Luft nach oben. „Wenn es um das Thema Freistellung geht, müsste die Gremienarbeit mit dabei sein.“Er würde sich wünschen, dass die freiwilligen Helfer für alle Dienste freigestellt werden.
Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, sieht das anders. Zwar seien eine gelebte Ehrenamtsstruktur und ein starkes Gemeinwesen ein großes Plus für die Attraktivität des Standorts Bayern. Mit Blick auf die Freistellung von ehrenamtlichen Helfern gelte es aber, auch die Interessen der Unternehmen zu wahren. „Die geplanten Änderungen der Freistellungspraxis von Arbeitnehmern zum Zweck der Jungendarbeit lehnen wir ab, weil dadurch der Umfang der Freistellungen ausgedehnt und die Lage der Ausfallzeiten volatiler wird“, erklärt Brossardt. Für die Unternehmen gehe so Planungssicherheit verloren und geregelte Betriebsabläufe würden gefährdet. »Kommentar