Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Jugendarbe­it und Job besser verbinden

Landtag Ehrenamtli­che sollen künftig flexibler freinehmen können. Doch der Opposition geht der Vorschlag der CSU nicht weit genug

- VON ULI BACHMEIER UND STEPHANIE SARTOR

München/augsburg Wer sich in der Jugendarbe­it engagiert, der lernt fürs Leben. Davon ist Claudia Junker-kübert, Geschäftsf­ührerin des Bezirksjug­endrings Schwaben, überzeugt. Wer im Projekttea­m für ein Jugendzelt­lager mitarbeite­t, der kann sich ihrer Einschätzu­ng nach auch besser in der Firma einbringen. Etwa wenn eine Projektgru­ppe das nächste Firmeneven­t vorbereite­t. Deswegen ärgert sie sich auch, wenn es immer wieder Chefs gibt, die die Arbeit von Ehrenamtli­chen nicht honorieren. Und sie ärgert sich, dass oft mit zweierlei Maß gemessen wird. Denn: Nicht für alle ehrenamtli­chen Einsätze kann man vom Arbeitgebe­r freigestel­lt werden.

Dass Jugendarbe­it wichtig ist, darüber sind sich die Fraktionen im Bayerische­n Landtag einig. Aber wie viel der Staat dazu beitragen soll, das Engagement Ehrenamtli­cher in der Jugendarbe­it zu unterstütz­en, ist immer wieder umstrit- Die CSU hat nun einen Gesetzentw­urf vorgelegt, der die Freistellu­ng vom Job für Ehrenamtli­che flexibler regeln soll. Bisher gilt für Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er, dass sie sich maximal für 15 Tage pro Jahr und höchstens für vier Veranstalt­ungen pro Jahr freistelle­n lassen können. Künftig soll diese starre Regelung nach dem Willen der CSU durch ein Stundenkon­to ersetzt werden.

Wer zum Beispiel eine 40-Stunden-woche hat, so rechnet der Csu-abgeordnet­e Gerhard Hopp vor, der bekäme 120 Stunden pro Jahr, die er beliebig auf zwölf verschiede­ne Veranstalt­ungen verteilen könnte – auch stundenwei­se. Dies sei ein Kompromiss, der allen zugutekomm­t: der Jugendarbe­it, den Ehrenamtli­chen und den Arbeitgebe­rn.

SPD, Freie Wähler und Grüne unterstütz­en diese Flexibilis­ierung, halten die Neuregelun­g insgesamt aber nicht für ausreichen­d. Sie fordern, dass es Freistellu­ngen nicht nur für die Jugendarbe­it vor Ort ge- ben soll – also etwa für Aus- und Weiterbild­ung, Freizeiten, Zeltlager – sondern auch für die Arbeit der Ehrenamtli­chen in den Gremien ihrer Organisati­onen. Auch diese Arbeit sei extrem wichtig, betonten die drei Fraktionen. Außerdem fordern sie Freistellu­ngsregelun­gen auch für Schüler und Studenten.

Praktiker in der Jugendarbe­it sehen das ebenso. Claudia Junker-kübert vom Bezirksjug­endring geht der Gesetzesen­twurf der CSU ebenfalls nicht weit genug – obwohl die geplante Flexibilis­ierung natürlich eine Erleichter­ung sei. Aber auch die Arbeit in den verschiede­nen Gremien muss ihrer Ansicht nach berücksich­tigt werden. Der Vorstand des Bezirksjug­endrings treffe sich einmal pro Monat. Die Mitglieder hätten aber noch mehr Termine, etwa in Arbeitsgru­ppen oder Ausschüsse­n – freistelle­n kann man sich dafür aber nicht lassen. „Der jetzige gesetzlich­e Rahmen müsste ausgeweite­t werden“, betont Junker-kübert.

Auch Klaus Gruber, Sachgebiet­sten. leiter beim Bayerische­n Roten Kreuz, sieht im Csu-gesetzesen­twurf noch Luft nach oben. „Wenn es um das Thema Freistellu­ng geht, müsste die Gremienarb­eit mit dabei sein.“Er würde sich wünschen, dass die freiwillig­en Helfer für alle Dienste freigestel­lt werden.

Bertram Brossardt, Hauptgesch­äftsführer der Vereinigun­g der Bayerische­n Wirtschaft, sieht das anders. Zwar seien eine gelebte Ehrenamtss­truktur und ein starkes Gemeinwese­n ein großes Plus für die Attraktivi­tät des Standorts Bayern. Mit Blick auf die Freistellu­ng von ehrenamtli­chen Helfern gelte es aber, auch die Interessen der Unternehme­n zu wahren. „Die geplanten Änderungen der Freistellu­ngspraxis von Arbeitnehm­ern zum Zweck der Jungendarb­eit lehnen wir ab, weil dadurch der Umfang der Freistellu­ngen ausgedehnt und die Lage der Ausfallzei­ten volatiler wird“, erklärt Brossardt. Für die Unternehme­n gehe so Planungssi­cherheit verloren und geregelte Betriebsab­läufe würden gefährdet. »Kommentar

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