Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Er hilft einsamen Senioren
Silberdistel im Januar Hans Starke leitet den Uttinger Verein „Füreinander“, der sich darum kümmert, dass ältere Menschen weiter am sozialen Leben teilhaben und fit bleiben
Utting „Wenn man sich integrieren möchte, dann muss man was tun.“Nach dieser Regel richtete sich auch Hans Starke, als er vor knapp neun Jahren mit seiner Frau nach Utting zog. Und bald hatte er viel zu tun. Sein Betätigungsfeld ist der Verein „Füreinander“, der Maßstäbe in der Seniorenhilfe gesetzt hat, in Utting, aber auch im Landkreis Landsberg.
Nun hat Starke, ein bald 70-jähriger Ingenieur im Ruhestand, die Seniorenarbeit in Utting nicht erfunden, aber er hat sie weiter vorangebracht. Für seinen außergewöhnlichen Einsatz erhält er nun die Silberdistel, eine Auszeichnung unserer Zeitung für besonderes gesellschaftliches Engagement. Starkes Verein gab es schon seit 2001, allerdings mit dem sperrigen Namen „Verein für soziale und kulturelle Dienste am Ammersee“. Nachdem Starke 2010 Vorsitzender geworden war, erhielt der Verein den eingängigeren Namen „Füreinander“, er kam in dieser Zeit auch richtig ins Laufen. Dreh- und Angelpunkt der Vereinstätigkeit ist dabei der 2009 in einem ehemaligen Textilgeschäft mitten im Dorf eingerichtete Bürgertreff „17 & Wir“.
Die Angebote von „Füreinander“richten sich weder an die aktiven Jungsenioren noch an hochbetagte und pflegebedürftige Personen. Der Verein rückt vor allem die älteren Menschen in den Mittelpunkt seines Handelns, deren körperliche und geistige Leistungsfähigkeit langsam abbaut. Solche Menschen zögen sich allmählich aus dem Gemeinschaftsleben zurück und drohten oft in ihren Wohnungen zu vereinsamen, erklärt Starke. Zwar könne ein Demenzleiden jeden treffen, Starke ist aber auch davon überzeugt, dass soziale Kontakte und die Herausforderungen des Alltags „ein Mittel sind, das ein bisschen helfen kann“, Demenz hinauszuzögern oder zumindest abzumildern, wenn jemand bereits an Demenz leide.
Im Uttinger Bürgertreff sorgt der Verein um Hans Starke jedenfalls für reichlich Aktivitäten und Herausforderungen. Das fängt bei ganz einfachen hauswirtschaftlichen Tätigkeiten an: Für den gemeinsamen Mittagstisch etwa werden jeden Mittwoch Kartoffeln geschält. „Die Leute sind glücklich, wenn sie gebraucht werden“, sagt Starke. Es geht weiter über kreative Angebote wie Aquarellmalen bis hin zum Stammtisch „alte Uttinger“, der monatlichen Singstunde mit altem Liedgut und zu den „Tagesgesprächen“, bei der sich ältere Leute unter der Leitung einer Journalistin über das Tagesgeschehen im Dorf und in der Welt austauschen. Und dann gibt es seit Oktober mit dem Partner TSV Utting noch das Gymnastikangebot mit der nicht ganz unbescheidenen, aber durchaus die Realität beschreibenden Bezeichnung „Fit 100“: eine Gymnastik für Hochbetagte, deren älteste Teilnehmerin 99 Jahre alt ist. Dazu kommen Yoga auf dem Stuhl und Gedächtnistrainings. Damit die Zielgruppe erreicht werden kann, hat der Bürgertreffpunkt auch ein eigenes Auto.
Dem Verein ist es gelungen, die Seniorenarbeit in der 4800-Einwohner-gemeinde bis zu einem gewissen Grad zu institutionalisieren. Die Kommune finanziert nicht nur die Miete für den Bürgertreff, sondern auch die Halbtagesstelle von Andrea Birner, der gerontopsychiatrischen Fachkraft des Vereins. Birner kümmert sich vor allem um die Ausbildung und Supervision von rund 20 ehrenamtlichen Alltagsbegleitern für Menschen, die noch in der eigenen Wohnung leben, zwar nicht pflegebedürftig sind, aber doch Hilfe benötigen.
Darüber hinaus Gelder für die Arbeit von „Füreinander“einzusammeln, ist eine der Hauptaufgaben von Hans Starke. Regelmäßig durchstöbert er das Internet nach Förderprojekten öffentlicher Stellen oder Stiftungen, schreibt Anträge und kann immer wieder Fördergelder akquirieren: 140000 Euro habe der Verein seit 2010 unter anderem auf diese Weise für die Seniorenarbeit eingebracht. Die jüngst für den Bürgertreff neu gekauften Tische und Stühle bezahlte die „Glücksspirale“, das Tablet-projekt für Senioren die Robert-bosch-stiftung: „Da waren über 40 Leute da, und damit wir niemanden nach Hause schicken mussten, haben wir weitere Schüler organisieren müssen, die den Senioren die Tablets erklärt haben.“
In Utting hat der Verein „Füreinander“schon in einem gewissen Maße erreicht, was in der Zukunft auch andernorts als kommunale Aufgabe zu verstehen sein werde, wie Hans Starke meint. Die Seniorenhilfe müsse eigentlich den gleichen Stellenwert wie die Kinderbetreuung bekommen. Dass Frauen heutzutage gut ausgebildet und berufstätig seien, habe auf die Betreuung älterer Menschen in den Familien die gleichen Auswirkungen wie auf die Kinderbetreuung.
Hans Starke ist derweil ganz in Utting angekommen: „Ich habe viele tolle Leute kennengelernt“, beschreibt er das, was er durch sein Engagement gewonnen hat.