Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die Spur führt nach Kufstein
Fahndung In den Weinbergen von Endingen bei Freiburg wurde die Leiche einer Joggerin gefunden. Die Polizei kam lange nicht weiter. Nun sucht sie einen Mann, der wohl schon einmal mordete
Freiburg Rund 2000 Hinweisen sind die Ermittler in Endingen bei Freiburg nachgegangen, seit dort vor knapp drei Monaten eine Frau ermordet wurde. Doch keiner von ihnen führte zum Erfolg. Erst Spezialisten im Labor haben nun eine entscheidende Spur gefunden. Sie führt ins über 400 Kilometer von Endingen entfernte österreichische Kufstein – und zu einem Mehrfachtäter.
Der Unbekannte, der in Endingen die 27-jährige Joggerin Carolin G. ermordete, hat eine ähnliche Tat bereits vor drei Jahren in Tirol begangen. Die Freiburger Polizei geht damit an die Öffentlichkeit. „Das Ergebnis (der Labor-untersuchung, lässt keinen vernünftigen Zweifel zu, dass es sich nicht um dieselbe Person handelt“, sagt auch Hansjörg Mayr, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck. Damit nimmt der Mordfall Carolin G. eine entscheidende und überraschende Wendung.
In einem kleinen Waldstück in Weinbergen des 9000 Einwohner zählenden Ortes unweit von Freiburg wurde Anfang November die Leiche der 27-Jährigen gefunden. Carolin G. war vergewaltigt und ermordet worden. Eindeutige Dna-spuren fanden sich in Endingen nicht. Doch winzige Teile von Körperspuren reichten nun, um im Labor eine Verbindung zum Kufsteiner Fall herzustellen. Das Ergebnis: Spuren, die an beiden Tatorten gefunden wurden, sind identisch. Im österreichischen Kufstein am Innufer wurde in der Nacht zum 12. Januar 2014 die 20-jährige französische Austauschstudentin Lucile K. erschlagen.
Die österreichische Polizei ging zunächst von einem Raubüberfall aus, hält inzwischen aber ein Sexualverbrechen für wahrscheinlich – bei dem der Täter gestört wurde. Er soll etwa 35 bis 40 Jahre alt sein, zwischen 1,70 und 1,80 Meter groß sein und damals einen Oberlippenbart getragen haben.
Aus Sicht der Ermittler ist der Täter möglicherweise ein Fernfah- rer, sagte der Freiburger Polizeisprecher Walter Roth. Lucile K. wurde vor drei Jahren mit einer Eisenstange, die aus einer bei Lastwagen zu findenden Hydraulikvorrichtung stammt, erschlagen. Polizeitaucher hatten sie aus dem Inn gefischt; an ihr fanden sich Blutspuren der jungen Französin.
Im Endinger Fall wurde zwar keine Eisenstange gefunden. Doch sowohl der Tatort in Endingen als auch der Tatort in Kufstein liegen in unmittelbarer Nähe zu einer Autobahn, beide Taten geschahen in Grenznähe, der südbadisch-franzöden sischen und der bayerisch-österreichischen, und beide Taten wurden an einem Wochenende begangen.
In Deutschland und in Österreich herrscht ein Lkw-fahrverbot an Wochenenden – möglicherweise hat der Täter seine Ruhezeit für die Verbrechen genutzt. Die Ermittler überprüfen unter anderem, ob es Logistik-unternehmen gibt, die oft in den entsprechenden Regionen Aufträge übernehmen.
Da die Sonderkommission „Erle“der Freiburger Polizei annimmt, dass Carolin G.s Mörder in den Endinger Weinbergen eine gewisse Ortskenntnis besaß, könnte er diesen Tatort, aber auch den in Kufstein zuvor erkundet haben.
Der junge Afghane Hussein K., der verdächtigt wird, drei Wochen vor dem Endinger Sexualverbrechen im nahen Freiburg die 19-jährige Studentin Maria L. vergewaltigt und getötet zu haben, scheidet als Mörder von Carolin G. damit höchstwahrscheinlich aus. Auch für den Mord in Kufstein kommt er nicht als Täter infrage.