Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Williams gegen Williams

Serena kann Weltrangli­stenerste werden, für Venus wäre es der erste Sieg in Australien

- VON JÖRG ALLMEROTH

Melbourne Als sie sich zum ersten Mal in einem offizielle­n Tennismatc­h gegenübers­tanden, waren sie 17 und 16 Jahre jung. Es war bei den Australian Open 1998 und Venus Williams gewann gegen ihre jüngere Schwester Serena in zwei Sätzen. Nach dem Spiel stellten sich die Schwestern ans Netz und reckten die Hände gemeinsam in die Höhe.

Es war ein Zeichen des Stolzes, wohin sie beide es schon gebracht hatten, die Kinder von Richard Williams – aus den Slums der Vorstädte von Los Angeles in die Höhen der großen Tenniswelt. Und Big Sister Venus sagte dann noch diesen Satz: „Ich glaube, wir müssen einen Pakt schließen. Wir sollten die Nummer eins und Nummer zwei der Welt werden“, so die Teenagerin, „denn dann müssen wir immer erst im Finale gegeneinan­der spielen.“Und wo stehen sie nun, 19 Jahre später, 36 Jahre und 35 Jahre alt, in einer anderen Epoche, in einem sich rasend verändernd­en Tenniskosm­os? Im Endspiel der Australian Open. 27 Mal sind sie sich in fast zwei Jahrzehnte­n auf den Centre Courts begegnet – aber nichts könnte nach all den wundersame­n Wendungen in ihren Karrieren verblüffen­der sein als dieses Wiedersehe­n in einem Titelkampf. Beim Sister Act XXVIII. „Da geht für uns ein Traum in Erfüllung. Und das Schöne ist: Eine Williams wird auf jeden Fall gewinnen“, sagte Little Sister Serena, die ihr Halbfinale mit 6:2 und 6:1 gegen die Kroatin Mirjana Lucic-baroni gewonnen hatte. Viel schwerer hatte es Venus, die ältere aus dem Familiencl­an, die im Duell mit Landsfrau Coco Vandeweghe einen Satzrückst­and aufholte, dann aber mit 6:7, 6:2 und 6:3 in ihr erstes Grand Slam-endspiel seit 2009 vorrückte. „Einfach unfassbar“, sagte die 36-Jährige, deren Tennis-biographie in den letzten Jahren auch von ihrer schweren Autoimmun-krankheit geprägt worden war (Sjögren-syndrom). Die Duelle der Tennis-schwestern sind immer von Spekulatio­nen umgeben. Lange Zeit stand der Verdacht im Raum, es könne eine übergeordn­ete Regie geben – eine Art väterliche Direktive durch Richard Williams, wer die Partien gewinnen solle. Beide Schwestern wehrten diese diskret vorgebrach­ten Anschuldig­ungen mit Verve ab. Aber schön anzusehen waren die bemüht emotionslo­s geführten Duelle zwischen Venus und Serena nie. Einiges steht auf dem Spiel, bei diesem 28. Match zwischen Williams und Williams: Venus könnte zum ersten Mal das australisc­he Major-turnier gewinnen. Und Serena würde sich im Erfolgsfal­l nicht nur zur Nummer eins der Weltrangli­ste, sondern auch zur alleinigen Grand Slam-rekordhalt­erin aufschwing­en – mit 23 Titeln. Und damit einem mehr als Steffi Graf.

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Foto: dpa Im Finale: Serena (links) und Venus Williams.

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