Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kanzler am Ball

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger allgemeine.de

Dem Sport kann es eigentlich egal sein, wen die SPD als Spitzenkan­didaten für die Bundestags­wahl nominiert. Trotzdem gratuliere­n wir den Sozialdemo­kraten zur Rochade. Schließlic­h tritt nun in Martin Schulz einer an, der das Wesentlich­e mitbringt, um dieses Land zu regieren. Schulz war früher Fußballer. Jedes Porträt, das in diesen Tagen erscheint, preist sein Talent als Spieler des SV Rhenania Würselen. Schulz war, wie jeder aufrechte Sozi, linker Verteidige­r. Auch Sigmar Gabriel soll als Jüngling links verteidigt haben. Offenbar eher unauffälli­g. Jedenfalls hat keiner je groß darüber berichtet.

Schulz dagegen könnte darauf verweisen, dass für Rhenania auch schon Jupp Derwall am Ball war. Aber das verschweig­t die SPD lieber. Der Ex-bundestrai­ner war keine Erfolgsges­chichte. Die Verbindung könnte Schulz entscheide­nde Prozentpun­kte im Titelkampf kosten. Ein Sieg gegen Merkel würde den Außenseite­r aus Würselen in eine Reihe mit großen Kanzlerkic­kern befördern. Zuvorderst neben Helmut Kohl, den Mittelläuf­er von Phönix Ludwigshaf­en, der 16 Jahre lang Deutschlan­d regiert hat. Der Fußball hat Kohl zum Seriensieg­er gemacht. Als Mittelläuf­er – ein Typus der inzwischen ausgestorb­en ist und in seiner Spätform noch am ehesten an Klaus Augenthale­r erinnert – hat er die Politik beherrscht, Abseitsfal­len gebaut und Konkurrent­en abgegrätsc­ht.

Als der Mittelläuf­er verschwand, musste auch Kohl gehen. Für ihn kam Schröder, ehemals TUS Talle. Kampfname Acker. Einer, der lieber den Rasen gepflügt, als den Ball gestreiche­lt hat. Trotzdem blieb Deutschlan­d Fußball-land.

Wer Schröder ablösen wollte, dachte man, müsse wenigstens hundert Länderspie­le vorweisen können. Ein Irrtum, den Angela Merkel entlarvt hat. Mit der sportliche­n Ausstrahlu­ng einer Litfaßsäul­e ließ sie Acker ins Leere laufen. Angie hätte sich auch ein paar Spielzeite­n als Mittelstür­merin des FC Uckermark in ihre Vita frisieren können, oder eine Schülermei­sterschaft im Rhönradfah­ren. Hatte sie nicht nötig. Sie hat, anders als ihre männlichen Konkurrent­en, nie den Eindruck erweckt, als wüsste sie, was Doppelsech­s und hängende Neun sind. Trotzdem hat sie es in die Spielerkab­ine geschafft. Beim Fußball ist Angie nicht mehr zu schlagen. Schulz muss woanders punkten.

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