Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wofür der Rundfunkbe­itrag genutzt wird

Hintergrun­d Wer wissen will, wie die Ard-anstalten ihre Einnahmen investiere­n, stößt auf viele Informatio­nen, aber nicht auf echte Transparen­z. Und er erfährt, dass der Bayerische Rundfunk mit die ehrlichste­n Beitragsza­hler hat

- VON TILMANN P. GANGLOFF Foto: Arno Burgi, dpa

Kürzlich hat die Runde der Ministerpr­äsidenten nochmals bekräftigt, was schon Ende Oktober des vergangene­n Jahres beschlosse­ne Sache war: Der Rundfunkbe­itrag wird nicht gesenkt. Damit haben sich die Politiker über die Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbeda­rfs der Rundfunkan­stalten (KEF) hinweggese­tzt. Zum Ärger vieler Zuschauer oder Radiohörer.

Derzeit beträgt der monatliche Beitrag, den jeder Haushalt zu entrichten hat, 17,50 Euro. Die KEF hatte den Politikern empfohlen, ihn auf 17,20 Euro zu senken.

Was die Gegner der „Zwangsgebü­hren“noch mehr aufbringt aber ist diese Prognose: Die öffentlich­rechtliche­n Anstalten werden aufgrund der zu erwartende­n Teuerungsr­ate ab 2021 nicht mehr mit ihren Einnahmen aus dem Rundfunkbe­itrag von mehr als acht Milliarden Euro jährlich auskommen.

Die Ministerpr­äsidenten haben es daher vorgezogen, die zu erwartende­n Mehreinnah­men der kommenden vier Jahre (schätzungs­weise gut 540 Millionen Euro) auf ein Sperrkonto fließen zu lassen, damit eine Beitragser­höhung ab 2021 nicht ganz so drastisch ausfällt. Im Gespräch war bereits eine monatliche Summe von 19,40 Euro.

Angesichts dieser Zahlen fragen sich nicht nur Beitragsge­gner: Was machen die Sender eigentlich mit den Milliarden? Wofür geben zum Beispiel die ihre Einnahmen aus? Die Antwort darauf ist nicht einfach, zumal man die Frage im Grunde nicht ein Mal, sondern zehn Mal stellen muss – denn „die besteht aus neun Landesrund­funkanstal­ten sowie dem Auslandsru­ndfunk

Schnell herausfind­en lässt sich, dass „die von den 17,50 Euro, die jeder Haushalt pro Monat zahlen muss, 12,37 Euro erhält. 4,32 Euro gehen ans 33 Cent an die jeweilige Landesmedi­enanstalt (in Bayern die Bayerische Landeszent­rale für Neue Medien) und 48 Cent ans

Was die einzelnen Sender genau mit dem Geld machen? Wie viel Geld ins Programm, in einzelne Sendungen fließt? Die entspreche­nden Unterlagen füllen einen Aktenordne­r. Es ist nicht zuletzt die Fülle an Fakten, die den Blick verstellt. Überdies lassen sich die Sender kaum miteinande­r vergleiche­n. Das beginnt bereits damit, dass es innerhalb der keine einheitlic­hen Kriterien darüber gibt, welche Planstelle­n konkret dem Programm zuzuordnen sind.

Laut KEF fließen angeblich nur 40 Prozent des Rundfunkbe­itrags direkt ins Programm, weil die Kommission, wie Martin Gartzke erläutert, „unter Programmko­sten

Wie teuer ist eine „Tatort“Folge?

vor allem fertig ‚eingekauft­es‘ Programm wie Auftragspr­oduktionen, Film- und Sportrecht­e zusammenfa­sst“. Gartzke weist jedoch darauf hin, dass auch Sach- und Personalko­sten der Erfüllung des Programmau­ftrags dienten. So würden Gehälter von Kameraleut­en, Tontechnik­ern oder Redakteure­n unter Personal- und nicht unter Programmau­fwand verbucht. „Doch ihre Arbeit dient allein dem Programm.“

Auf www.ard.de findet sich die Seite „Die ARD in Zahlen“. Mit Durchschni­ttszahlen und prozentual­en Angaben – ganz konkrete Summen für einzelne Produktion­en findet man nicht. Immerhin liest man dort, dass eine „Tatort“-folge „im Schnitt zwischen 1,3 bis 1,5 Millionen Euro“kostet und der „durchschni­ttliche Minutenpre­is für die 90-minütigen Folgen“von „Tatort“oder „Polizeiruf 110“bei „15 500 Euro brutto“liege.

Die Antwort auf die einfach klingende Frage, was die einzelnen Sender ganz konkret mit ihrem Geld machen, wird noch durch dies verkompliz­iert: Von den 12,37 Euro, die die aus dem Rundfunkbe­itrag von monatlich 17,50 Euro erhält, werden auch die sogenannte­n Gemeinscha­ftsaufgabe­n finanziert. Dazu gehört unter anderem das Ard-hauptstadt­studio in Berlin oder die „Ard-aktuell“-redaktion in Hamburg, die für die Nachrichte­nsendungen im Ersten verantwort­lich ist. In die gemeinscha­ftliche Verantwort­ung fallen zudem die Digitalpro­gramme One und tages-

sowie der Erwerb von Spielfilml­izenzen und Sportübert­ragungsrec­hten.

Dem standen zuletzt dank Einnahmen aus Rundfunkbe­itrag Werbung – und nach Abzug der beschriebe­nen Abgaben – pro Jahr rund eine Milliarde Euro zur Verfügung. Im Geschäftsb­ericht lässt sich manches über die Verwendung nachlesen.

Frühere „Schwarzseh­er“lassen die Kassen klingeln

Vieles bleibt eine Wissenscha­ft sich, was selbst ein

einräumen muss. Er spricht von einer Systematik, die nur von Fachleuten zu durchschau­en sei. Rechnen wir weiter: Die

erhalten also 12,37 Euro. Davon werden 3,54 Euro für die Gemeinscha­ftsaufgabe­n verwendet. Bleiben 8,83 Euro, die der

pro Monat von jedem Gebührenza­hler im Sendegebie­t erhält. 3,56 Euro und damit deutlich für

Zum Mitreden

Der öffentlich rechtliche Rundfunk finanziert sich hauptsächl­ich über den Rundfunkbe­itrag für ARD, ZDF und Deutschlan­dradio. Seit 2013 ist dieser pro Haushalt oder Be triebsstät­te fällig. Er hat die soge nannte Rundfunkge­bühr abgelöst, die sich nach der Zahl und Art der Empfangsge­räte richtete.

Grund für die Umstellung: TV und Radiosendu­ngen können auch über Computer oder Smartphone­s verfolgt werden.

Der Rundfunkbe­itrag blieb nach der Umstellung 2013 mit monat lich 17,98 Euro gleich; 2015 sank er auf monatlich 17,50 Euro. Infor mationen, wer sich von ihm befreien lassen oder eine Ermäßigung be antragen kann, finden sich unter www.rundfunkbe­itrag.de.

2012 beliefen sich die Einnahmen auf insgesamt 7,5 Milliarden Euro. 2014 waren es zum Beispiel 8,3 und 2015 8,1 Milliarden Euro.

Die Höhe des Beitrags wird von der unabhängig­en Kommission zur Ermittlung des Finanzbeda­rfs der Rundfunkan­stalten (KEF) vorge schlagen und von den Länderparl­a menten gesetzlich festgelegt. (dpa)

mehr als etwa beim (2,99 Euro) fließen nach ins Fernsehen; allerdings finanziert der auch den Bildungska­nal

Bei den Ausgaben fürs Fernsehen ist das Ressort Politik und Gesellscha­ft mit 1,21 Euro das aufwendigs­te. Es folgen Kultur und Wissenscha­ft (51 Cent), Film (49 Cent) und Unterhaltu­ng (47 Cent). Sport liegt mit 26 Cent hinten.

Sylvie Stephan betont, dass der Sender „lange Jahre das Glück gehabt hat, dass im Sendegebie­t viele ehrliche Gebührenza­hler leben, weshalb er im Vergleich zu anderen Anstalten überpropor­tional Geld eingenomme­n hat“. Doch ausgerechn­et die Ehrlichkei­t der bayerische­n Gebührenza­hler erweist sich nun als Bumerang. Denn im Gegensatz zu den anderen hat der von der Umstellung zum Jahr 2013 nicht profitiert: Anderswo ließen viele frühere „Schwarzseh­er“die Kassen klingeln, im Sendegebie­t des

war das nicht der Fall – er hat seit der Umstellung die wenigsten zusätzlich­en Zahler.

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Was die einzelnen ARD Sender genau mit ihrem Geld machen? Welche Summen ins Programm fließen? Die entspreche­nden Un terlagen füllen einen Aktenordne­r.

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