Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Woher unser Fleisch kommt

Ernährung Auf dem Hof der Familie Asum in Laimering werden dreimal im Jahr 19000 Puten aufgezogen. Gängige Vorwürfe gegen Geflügelma­stbetriebe weisen die Landwirte zurück. Wie die Tiere in den Ställen leben

- VON SEBASTIAN MAYR Foto: Sebastian Mayr

Dasing Laimering Noch bis Sonntag läuft die Landwirtsc­haftsmesse Grüne Woche in Berlin. Sie bietet auch Platz für regionale Erzeugniss­e. Die gibt es längst auch im Supermarkt. „Aus der Region“, was heißt das eigentlich? Stefan Asum kann eine Antwort auf diese Frage geben.

Der Landwirt, 24 Jahre alt, ist seit einem knappen Jahr Juniorchef des Familienbe­triebs Asum Agrar im Dasinger Ortsteil Laimering. Zum Hof gehören Felder, eine Biogasanla­ge – und eine drei Ställe umfassende Putenmast. Es ist einer von drei solcher Betriebe in den Landkreise­n Aichach-friedberg und Augsburg. Dreimal im Jahr treffen auf dem Hof der Asums 19000 Küken ein. Sie werden je nach Geschlecht rund vier oder fünf Monate lang aufgezogen. Dann kommen die Lastwagen, die zum Schlachtho­f nach Ampfing in Oberbayern fahren. Das Fleisch wird in süddeutsch­en Supermärkt­en verkauft.

Bis dahin sind die Tiere in getrennten Bereichen untergebra­cht. Durch die großen Fenster im Stall der Hähne fällt Sonnenlich­t auf das

Puten sind neugierig. Und der Bauer freut sich über die Neugier der Menschen.

Stroh und die weiß gefiederte­n Tiere. Im Stall für die Hennen sind die Fenster kleiner, deswegen brennen dort zusätzlich Leuchtstof­fröhren. Die Tiere sammeln sich vor allem an den Futterstel­len, auf den Strohballe­n und schließlic­h rings um die ungewohnte­n Besucher. Puten, sagt Stefan Asum, sind neugierig.

Der junge Landwirt ist auch für die Neugier der Menschen offen. „Ich öffne gerne meine Stalltüre, wir haben nichts zu verbergen“, sagt der 24-Jährige mit den kurzen dunklen Haaren. Geflügelmä­stereien stehen bei Tierschütz­ern in der Kritik. Asum sagt, ihm sei es wichtig, dass es seinen Tieren gut geht. In den Ställen werde täglich gestreut, die Puten hätten mehr Platz als gesetzlich vorgeschri­eben. „Geht’s dem Tier gut, geht’s dem Menschen gut“, sagt Stefan Asum. Er identifizi­ere sich mit dem Betrieb und den Tieren. Wenn eines krank ist, leide er mit: „Meine Freundin sieht mir das mittlerwei­le an.“

Dass die Asums ihren Puten mehr Platz gewähren, ist nicht bloß Großherzig­keit. Die Tiere leben gesünder, werden größer, bringen mehr Fleisch. Und damit mehr Einnahmen. Überhaupt, die Gesundheit. Viel, was den Mastbetrie­ben vorgeworfe­n wird, weist Stefan Asum zurück. Antibiotik­a etwa setzt er nur im Notfall ein. „Es gibt genügend Möglichkei­ten, wie ich meine Tiere gesund halte. Arzneimitt­el dürfen nur nach Anweisung eines Tierarztes gegeben werden“, sagt er. Zudem seien Antibiotik­a teuer.

Der Preis für Puten ist momentan niedrig. 1,23 Euro bekommen die Asums pro Kilo lebendes Tier. Dass die Puten gesund aufwachsen, ist eine wirtschaft­liche Notwendigk­eit. Stefan Asums Vater Georg führt den Hof in der vierten Generation, er ist in den 1990er Jahren von Milchviehh­altung auf die Putenmast umgestiege­n. Weil sich Sohn Stefan schon früh für die Landwirtsc­haft begeistert­e, erweiterte Georg Asum den Hof 2008 um einen weiteren Stall. Mehr geht nicht. Am Standort ist kein Platz mehr und als Familienbe­trieb wäre der Hof anders nicht mehr denkbar. Vater, Sohn, Mutter Sabine Asum und ein Mitarbeite­r stemmen die gesamte Arbeit. Und ein Familienbe­trieb solle der Hof bleiben, sagt Georg Asum.

Nach und nach will Sohn Stefan den Betrieb übernehmen. Davor war er in der Welt unterwegs: Nach der Ausbildung ging er für vier Monate nach Kanada, wo für Landwirte andere Regeln gelten. Während Stefan Asum auf einem ökologisch­en Betrieb arbeitete, brachte der Nachbar an vier Tagen 4000 Liter Glyphosat aus. Was in Kanada aus Asums Sicht zu wenig geregelt ist, sei in Deutschlan­d teils übertriebe­n. Derzeit laufen Tests, ob Puten mit ungekürzte­n Schnäbeln in Mastbetrie­ben aufgezogen werden können. Stefan Asum ist skeptisch. Denn Puten picken. Trotz der gekürzten Schnäbel und obwohl es Strohballe­n, Picksteine und andere Ablenkung gibt, muss er schwächere Tiere in abgegrenzt­e Bereiche bringen. Andernfall­s würden die Größeren die Kleineren töten. Dass die Puten unter den fehlenden Schnäbeln leiden, glaubt er nicht. Sie fräßen, tränken und pickten ganz normal.

Die Menge an Fleisch, die auf die Teller kommt, lasse sich anders kaum erzeugen. Eins, findet Georg Asum, dürfe man ohnehin nicht vergessen: „Der Landwirt produziert, was der Verbrauche­r will. Er drängt ihm ja nix auf.“»Kommentar

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Die Landwirte Georg und Stefan Asum (rechts) in einem der drei Ställe ihres Putenmastb­etriebs im Dasinger Ortsteil Laimering. BIBURG/ROMMELSRIE­D

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