Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Große Kunst aus dem Dachspitz

Ausstellun­g Mehr als 65 Jahre hat Fons Dörschug mit seinen Bildern Augsburg bereichert. Eine kleine Altstadt-galerie präsentier­t nun seinen Nachlass mit über 1000 Werken

- VON ALOIS KNOLLER

Der Adler im Rathausgie­bel, die Sonnenuhre­n am Wertachbru­cker und Roten Tor, die Ausgestalt­ung des Gymnasiums bei St. Stephan: Einige Plätze in Augsburg erinnern an den Künstler Fons Dörschug, der am 6. März 2016 mit fast 90 Jahren gestorben ist. Schöpferis­ch tätig war er davon über 65 Jahre. Sein Werk soll auch über seinen Tod hinaus nicht vergessen werden. Dafür eröffnet nun in einem Altstadtha­us im Lechvierte­l die „Galerie Fons“.

Obwohl sie nur zwei Zimmer umfasst, birgt die Galerie, die Ausstellun­gsraum und Archiv in einem ist, über tausend Werke Dörschugs. Allesamt sind sie sorgfältig registrier­t und katalogisi­ert. Und was nicht schon an den Wänden hängt, kann jederzeit aus großen Schubladen zur Ansicht gehoben werden. Solchen Service zum Bestand bietet wahrlich nicht jedes Museumsdep­ot. Zu verdanken ist die Ordnung einem Mann, der bescheiden im Hintergrun­d bleiben will. Selbst auf gutes Zureden hin, möchte dieser Augsburger

Alles ist sorgfältig registrier­t und katalogisi­ert

in der Zeitung nicht genannt werden. „Schreiben Sie: Die Galerie Fons verdankt sich Luise Dörschug, der Witwe des Künstlers.“

Alfons „Fons“Dörschug wurde am 2. August 1926 in Köln geboren, kam aber schon als Kind nach Augsburg. Vier Jahre lang besuchte er hier das Gymnasium bei St. Stephan und kurze Zeit die Kunstgewer­beschule, ehe er 1943 zum Dienst eingezogen wurde. Aus Kriegsgefa­ngenschaft zurückgeke­hrt, studierte er an der Münchner Kunstakade­mie und verdiente ab 1948 als Textildesi­gner sein Brot. Schon 1953 wagte er die freiberufl­iche Künstlerex­istenz und blieb ihr bis zum Tod treu. Ebenso treu blieb er seiner Künstlerwo­hnung im Dachspitz der Antonspfrü­nde. Er selbst hatte durchgeset­zt, das mittelalte­rliche Spital in der Dominikane­rgasse zu einem Künstlerha­us umzuwidmen.

Hier war sein Reich, das er mit Leinwänden, Zeichenblö­cken und Modellen teilte, wo er Fundstücke seiner Spaziergän­ge in seinem Blickfeld drapierte, um deren Strukturen künstleris­ch zu verarbeite­n. „Siehst du das nicht?“, hörte sein Betreuer ständig auf ihren gemeinsame­n Ausflügen. „Fons hatte einen Blick für alles und jedes. Tagelang saß er vor seinen Fundstücke­n und hat etwas daraus gemacht.“Worauf es bildlich hinausläuf­t, wusste der Fons vorher nie. „Aber mit sicherem Strich fing er einfach in der linken oberen Ecke zu zeichnen an.“Seine künstleris­che Fantasie war unerschöpf­lich und ein bestimmter Stil war ihm zu wenig.

Die Galerie Fons spannt einen weiten Bogen über sein Oeuvre, angefangen von frühen Sachen aus den 1950er-jahren bis ins Alterswerk. Fons habe bis fast unmittelba­r vor seinem Tod noch gearbeitet, sagt sein Betreuer und Nachlassve­rwalter. Kunst am Bau, sein Standbein über Jahrzehnte, ist in Entwürfen und Modellen gegenwärti­g. Die Ausführung lässt sich jeweils am Ort besichtige­n. Seien es die Gemälde an historisch­en Bauwerken, die Gedächtnis­platte für Bischof Simpert im Dom, Arbeiten im Friedhof Kö- nigsbrunn oder Bilder in der Kirche St. Christopho­rus in Sonthofen.

Besonders reich ausgestatt­et hatte Fons Dörschug das Stephansgy­mnasium. Manches ist griechisch-antiker Vasenmaler­ei nachempfun­den, der Entwicklun­g der Schrift von alters her setzte er ein markantes Signum und – in Verbeugung vor Leonardo da Vinci – dem Menschen als Maß aller Dinge. Der humanistis­che Gedanke erfüllte Fons Dörschug ebenso wie der Wille zur Zeitgenoss­enschaft. Die Malerei der klassische­n Moderne widerspieg­elt sich in seinem Werk, aber auch ganz eigenständ­ige Bildschöpf­ungen sind dabei – etwa seine dichten Fotocollag­en.

Dass die Galerie Fons am Hinteren Lech eröffnen kann, ist auch den Hausbesitz­ern Cordula und Walter Weiß zu verdanken. Ihre Familie hat früh die Qualität Dörschugs erkannt und Werke von ihm gekauft. Als Unternehme­r in Informatio­nstechnolo­gie hat das Ehepaar Weiß auch die Website (www.galeriefon­s.de) ermöglicht, die eine lückenlose Recherche in der Nachlassda­tenbank erschließt. Ein vollständi­ges Werkverzei­chnis hält der Verwalter für ausgeschlo­ssen. Dörschug habe schon an amerikanis­che Soldaten Aquarelle verkauft und danach viele, viele andere Arbeiten. Gelegentli­ch taucht etwas in einer Auktion wieder auf. Aber Fons’ Nachlass ist ja auch schon sehr reich.

Galerie Fons

 ?? Fotos: Ulrich Wagner ?? Über 1000 Werke des Augsburger Künstlers birgt die neue „Galerie Fons“im Lechvierte­l. TONKÜNSTLE­RVERBAND
Fotos: Ulrich Wagner Über 1000 Werke des Augsburger Künstlers birgt die neue „Galerie Fons“im Lechvierte­l. TONKÜNSTLE­RVERBAND
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Fons Dörschug (1926–2016).

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