Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Selbermachen als Geschäftsidee
Trend Immer mehr Menschen nähen, stricken und werken selbst. Manche von ihnen machen das Hobby sogar zum Beruf
Basteln, Werkeln, Selbermachen – so richtig stillhalten konnte Kathrin Marpert ihre Finger noch nie. „Ich war schon immer kreativ, habe immer irgendwie rumfummeln müssen“, sagt die 40-Jährige aus Königsbrunn. Damit liegt sie derzeit voll im Trend, denn „Do it yourself“ist mächtig angesagt. Immer mehr Menschen beschäftigen sich wieder kreativ. Für Marpert ist die Handarbeit sogar zum Beruf geworden. Sie verdient mit Näharbeiten Geld, auch wenn es sich dabei nur um „ein nettes Zubrot für die Familie“handelt.
Seinen Anfang nahm das mit der Geburt ihrer Tochter. Marpert gab damals ihren Bürojob auf und blieb zuhause. In dieser Zeit entdeckte sie das Nähen wieder. Ein selbst genähter Beutel kam so gut bei Freunden und Bekannten an, dass sie schon bald ihre ersten Aufträge entgegennahm. Vor sechs Jahren wurde daraus dann ein Gewerbe. Seitdem näht sie Portemonnaies und Etuis, Windeltaschen und Hüllen für den Mutterpass oder Beutel fürs Hundefutter. Den Großteil ihrer Produkte verkauft sie via Internet – in ihrem eigenen Onlineshop kaddis.de und über Dawanda, einem Onlinemarktplatz für Selbstgemachtes, der in den letzten Jahren stark gewachsen ist.
Dawanda unterstützt auch den „Handgemacht Kreativmarkt“, der am Wochenende in Augsburg stattfinden wird. 200 Aussteller werden vor Ort ihre Arbeiten anbieten, unter ihnen 20 aus der Region. „Bei Selbstgemachtem hat man einen anderen Bezug zum Produkt als bei Sachen von der Stange“, meint Holger Diehnelt. Er ist Projektleiter für den Kreativmarkt. Einen, wie es ihn immer häufiger in ganz Deutschland gibt. Auch Sina Samper aus Schwabmünchen legt gerne selbst Hand an. Zusammen mit ihrer Mutter gestaltet die 25-Jährige Objekte aus alten Büchern. Durch eine spezielle Falttechnik entstehen dabei Notizzettelhalter, Vasen und Wandschmuck. Diese verkauft sie seit fast zwei Jahren unter dem Label „Lasidea“ebenfalls auf Dawanda. Für sie spielt auch der Recyclinggedanke – etwas nicht mehr Genutztes wiederzuverwerten – eine Rolle. Geld hingegen sei „nur ein positiver Nebeneffekt“. Viel verdiene man mit solchen Arbeiten nicht. Das weiß auch Helene Wurm aus Augsburg, die früher vor allem Lederschuhe für Kinder genäht hat. „Man hat recht hohe Kosten beim Material und die Arbeitszeit, die man reinsteckt, ist ebenfalls nicht zu unterschätzen“, sagt sie. Hinzu kommen Mitgliedsbeiträge, die bei solchen Tätigkeiten an die Handwerkskammer
Do it yourself Kurse haben großen Zulauf
gezahlt werden müssen. Auch deshalb hat die 31-Jährige nach zwei Jahren ihr Gewerbe wieder aufgegeben. Das Kreativsein hingegen nicht; sie näht noch immer sehr gerne und viel – Kleidung. „Es ist eine Freude, etwas selbst zu erschaffen, das man auch noch tragen kann“, sagt sie.
Das scheinen viele Menschen aus der Region ähnlich zu sehen. Bei der Volkshochschule Augsburg werden Näh-, aber ebenso andere Do-ityourself-kurse derzeit stark nachgefragt. Im Kreativbereich gibt es im laufenden Semester rund 200 Kurse – vom Gestalten mit Papier, übers Arbeiten mit Keramik oder Holz bis hin zum Korbflechten. Laut Linda Mößner-brosius, Fachbereichsleitung Kultur, seien das deutlich mehr Kurse als noch einige Jahre zuvor. Die Nachfrage steige, vermehrt auch bei jüngeren Menschen. Die gleiche Erfahrung hat Bianka Groenewolt gemacht. Sie ist Gründerin des Werkraums Augsburg im Martini-park, in dessen Werkstätten man seine eigenen Ideen mit Holz und anderen Werkstoffen umsetzen kann. Im vergangenen Jahr haben 500 Bastler diese Möglichkeit wahrgenommen. „Ich glaube, heutzutage wollen sich viele nicht mehr der Massen-industrie unterwerfen, sondern stattdessen einfach ihre eigenen Ideen umsetzen“, sagt sie.
Veranstaltung Der Handgemacht Kreativmarkt in Kooperation mit Da Wanda findet am Samstag und Sonntag, 27. und 28. Januar, auf der Messe Augsburg statt. Am Samstag ist er von 11 bis 18 Uhr geöffnet, Sonntag von 10 bis 17 Uhr. Der Eintritt kostet fünf Euro.