Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Mein Augsburg

Derzeit versuchen wieder viele Augsburger, ein Schnäppche­n zu machen. Warum das nicht immer funktionie­rt, erklärt unsere Autorin

- Ziss@augsburger allgemeine.de Foto: Miriam Zissler

Haben Sie sie schon gesehen? Die unermüdlic­hen, unerschütt­erlichen und vor allem unersättli­chen Flaneure dieser Tage. Diejenigen, die das Halali blasen, bevor sie die Innenstadt betreten: die Schnäppche­njäger. Derzeit sind sie wieder unterwegs. Denn derzeit wird dem gefrönt, was eigentlich schon im Winter 2004 abgeschaff­t wurde – dem Schlussver­kauf. Damals wurde er am letzten Montag im Januar eingeläute­t. Oft standen die Kunden schon Schlange vor den Türen der Einkaufshä­user, um als erstes einen Blick auf die reduzierte Ware werfen zu dürfen. Zwei Wochen lang beherrscht­e die Preisschla­cht den Handel, bevor das alte Sortiment langsam aus den Regalen geräumt wurde und neue Ware Lust auf den bevorstehe­nden Frühling gemacht hat. Diese harten zeitlichen Bandagen sind vorbei, der Handel darf nun ganzjährig Schnäppche­n anbieten. Dennoch drängen sich die Rabatt-aktionen nach wie vor im Januar und Juli.

„Das ist eine nachwirken­de Tradition. Der Schlussver­kauf ist zwar gesetzlich abgeschaff­t, aber viele Unternehme­n nehmen diese Zeit zum Anlass, um flächendec­kend ihre Waren zu reduzieren“, sagt Wolfgang Puff vom schwäbisch­en Handelsver­band.

Die Ankündigun­gen „Letzte Reduzierun­g“oder schlicht „Sale“gibt es in der Annastraße zu lesen – „Markensale“, „30 Prozent auf Rabatte“, „20 bis 50 Prozent“, „bis zu 70 Prozent“steht auf Schildern in Geschäften der Bürgermeis­terfischer-straße geschriebe­n. Die Jagdsaison ist in Augsburg damit eröffnet und auch schon seit Wochen Thema.

Denn nicht immer ist die Jagd von Erfolg gekrönt: Eine Freundin berichtet seit November von den schönen Stiefeln, die sie in einem Schuhgesch­äft entdeckt hat. „Die hole ich mir, wenn sie herunterge­setzt sind“, hat sie damals angekündig­t und die Schuhe seither auch schon oft an ihrem Regal besucht. Alle nebenanlie­genden Treter werden bereits billiger angeboten – nur an den schönen Stiefeln klebt noch kein roter „Reduziert“-aufkleber. Wer in diesen Tagen ein Schnäppche­n machen will, muss seinem Wunscharti­kel also viele Be- suche abstatten oder strategisc­h vorgehen. Animiert von einer Freundin, die ausschließ­lich reduzierte Kleidung kauft, hat sich eine Kollegin in das Einkaufsge­tümmel gestürzt. Sie benötigte ein neues Paar Schuhe und wurde am Wochenende auch fündig. Im Überschwan­g der Preissenku­ngen gab es gleich noch ein zweites Paar Schuhe. „Waren ja reduziert“, lautete die Erfolgsmel­dung.

Was zählt, sind manchmal auch ein langer Atem und vorausscha­uendes Einkaufen. Die stark reduzierte Winterjack­e aus dem vergangene­n Jahr konnte eine Freundin in den vergangene­n Wochen erstmals anziehen, weil es im vorherigen Winter gar nicht mehr so kalt wurde. Bei all den reduzierte­n Verführung­en muss der Schnäppche­njäger schließlic­h noch aufpassen, dass er nicht in eine Falle tappt und ein unglaublic­h herabgeset­ztes Teil kauft, das sich schließlic­h im eigenen Schrank als Ladenhüter erweist. „Das habe ich total günstig gekauft, aber noch nie angehabt“, heißt es dann.

Wie diese spezielle Jagd ausgehen wird, ist immer ungewiss. Nur eines ist sicher: Wenn die Winterware so langsam aus den Geschäften verschwind­et und die Frühlingsm­ode einsortier­t wird, dann dauert es meist nicht mehr lang, bis die Sonne wärmt und die Blumen sprießen. Das sind doch schon einmal schöne Aussichten.

 ??  ?? Unübersehb­ar locken derzeit signalrote Schilder und Aufkleber, die Rabattakti­onen bewerben, in die Geschäfte der Innenstadt.
Unübersehb­ar locken derzeit signalrote Schilder und Aufkleber, die Rabattakti­onen bewerben, in die Geschäfte der Innenstadt.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany