Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Mein Augsburg
Derzeit versuchen wieder viele Augsburger, ein Schnäppchen zu machen. Warum das nicht immer funktioniert, erklärt unsere Autorin
Haben Sie sie schon gesehen? Die unermüdlichen, unerschütterlichen und vor allem unersättlichen Flaneure dieser Tage. Diejenigen, die das Halali blasen, bevor sie die Innenstadt betreten: die Schnäppchenjäger. Derzeit sind sie wieder unterwegs. Denn derzeit wird dem gefrönt, was eigentlich schon im Winter 2004 abgeschafft wurde – dem Schlussverkauf. Damals wurde er am letzten Montag im Januar eingeläutet. Oft standen die Kunden schon Schlange vor den Türen der Einkaufshäuser, um als erstes einen Blick auf die reduzierte Ware werfen zu dürfen. Zwei Wochen lang beherrschte die Preisschlacht den Handel, bevor das alte Sortiment langsam aus den Regalen geräumt wurde und neue Ware Lust auf den bevorstehenden Frühling gemacht hat. Diese harten zeitlichen Bandagen sind vorbei, der Handel darf nun ganzjährig Schnäppchen anbieten. Dennoch drängen sich die Rabatt-aktionen nach wie vor im Januar und Juli.
„Das ist eine nachwirkende Tradition. Der Schlussverkauf ist zwar gesetzlich abgeschafft, aber viele Unternehmen nehmen diese Zeit zum Anlass, um flächendeckend ihre Waren zu reduzieren“, sagt Wolfgang Puff vom schwäbischen Handelsverband.
Die Ankündigungen „Letzte Reduzierung“oder schlicht „Sale“gibt es in der Annastraße zu lesen – „Markensale“, „30 Prozent auf Rabatte“, „20 bis 50 Prozent“, „bis zu 70 Prozent“steht auf Schildern in Geschäften der Bürgermeisterfischer-straße geschrieben. Die Jagdsaison ist in Augsburg damit eröffnet und auch schon seit Wochen Thema.
Denn nicht immer ist die Jagd von Erfolg gekrönt: Eine Freundin berichtet seit November von den schönen Stiefeln, die sie in einem Schuhgeschäft entdeckt hat. „Die hole ich mir, wenn sie heruntergesetzt sind“, hat sie damals angekündigt und die Schuhe seither auch schon oft an ihrem Regal besucht. Alle nebenanliegenden Treter werden bereits billiger angeboten – nur an den schönen Stiefeln klebt noch kein roter „Reduziert“-aufkleber. Wer in diesen Tagen ein Schnäppchen machen will, muss seinem Wunschartikel also viele Be- suche abstatten oder strategisch vorgehen. Animiert von einer Freundin, die ausschließlich reduzierte Kleidung kauft, hat sich eine Kollegin in das Einkaufsgetümmel gestürzt. Sie benötigte ein neues Paar Schuhe und wurde am Wochenende auch fündig. Im Überschwang der Preissenkungen gab es gleich noch ein zweites Paar Schuhe. „Waren ja reduziert“, lautete die Erfolgsmeldung.
Was zählt, sind manchmal auch ein langer Atem und vorausschauendes Einkaufen. Die stark reduzierte Winterjacke aus dem vergangenen Jahr konnte eine Freundin in den vergangenen Wochen erstmals anziehen, weil es im vorherigen Winter gar nicht mehr so kalt wurde. Bei all den reduzierten Verführungen muss der Schnäppchenjäger schließlich noch aufpassen, dass er nicht in eine Falle tappt und ein unglaublich herabgesetztes Teil kauft, das sich schließlich im eigenen Schrank als Ladenhüter erweist. „Das habe ich total günstig gekauft, aber noch nie angehabt“, heißt es dann.
Wie diese spezielle Jagd ausgehen wird, ist immer ungewiss. Nur eines ist sicher: Wenn die Winterware so langsam aus den Geschäften verschwindet und die Frühlingsmode einsortiert wird, dann dauert es meist nicht mehr lang, bis die Sonne wärmt und die Blumen sprießen. Das sind doch schon einmal schöne Aussichten.