Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Fusions Bürgerbege­hren: Stadt will Urteil

Rechtsstre­it Der Verwaltung­sgerichtsh­of hat die Ablehnung der ersten Frage zur Zukunft der Stadtwerke mündlich gerüffelt. Oberbürger­meister Gribl will die Kritik auch schwarz auf weiß

- VON STEFAN KROG Foto: Silvio Wyszengrad

Die Kritik des Verwaltung­sgerichtsh­ofs an der Stadt Augsburg für ihre Ablehnung des ersten Bürgerents­cheids zur Stadtwerke­fusion im Jahr 2015 wird Folgen haben. Nachdem die Richter in der Verhandlun­g am Mittwoch erklärt hatten, dass sie die damalige Stadtrats-entscheidu­ng für nicht rechtmäßig halten, stand zunächst eine Einstellun­g des Verfahrens im Raum. Die Stadt hätte dazu aber wohl ihre damalige Entscheidu­ng zurücknehm­en müssen. Das wird nicht passieren. Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) erklärte am Donnerstag, dass er Wert auf ein schriftlic­hes Urteil mit Begründung legt.

Es bestehen nach den Hinweisen des Gerichts wenig Zweifel daran, dass ein Urteil den Initiatore­n des Begehrens um Bruno Marcon recht geben wird. Die Stadt hätte dann schwarz auf weiß, dass ihre damalige Verhinderu­ng einer Abstimmung über die Fusionsfra­ge rechtswidr­ig war. Zum Hintergrun­d: Kommunen sind verpflicht­et, zu prüfen, ob ein Bürgerbege­hren rechtlich zulässig ist, bevor es zum Bürgerents­cheid kommt. So ist es etwa verboten, mehrere Fragestell­ungen in einem Begehren zu vermischen.

Marcon hatte sich in einer ersten Reaktion gegenüber unserer Zeitung erfreut gezeigt, dass nun klar sei, dass man „nicht auf dem juristisch­en Weg politische Entscheidu­ngen abschmette­rn“könne.

Gribl entgegnete, dass es darum nie gegangen sei. „Unser Ziel ist nicht die Verhinderu­ng von Bürgerents­cheiden, sondern die Ermöglichu­ng zulässiger Begehren.“Man habe sich bei der Prüfung ans Gesetz und die Rechtsprec­hung gehalten. Wenn der Verwaltung­sgerichtsh­of nun zum Ergebnis komme, dass das damalige Agieren der Stadt falsch war, respektier­e man das, wolle aber auch die genauen Gründe erfahren. „Das ist maßgeblich für die Beurteilun­g künftiger Fragestell­ungen“, so Gribl. Teils seien Rechtsfrag­en mangels konkreter Urteile noch ungeklärt. „Wir bekommen damit eine Richtschnu­r, die zeigt, wie man künftig damit umgeht.“

Für Bürgerbege­hrens-initiatore­n in ganz Bayern könnte ein Urteil bedeuten, dass die Anforderun­gen an Fragestell­ungen und deren Begründung­en künftig weniger streng sind. Die Hürden für Kommunen, um ein Begehren für unzulässig zu erklären, könnten steigen. Ein Grund beim ersten Fusionsbür­gerbegehre­n für die Ablehnung war, dass in der Fragestell­ung auch die Wasser- und Verkehrssp­arten der Stadtwerke genannt wurden, obwohl sich die Fusionsübe­rlegungen nur auf den Energiesek­tor bezogen. Marcon macht geltend, dass man dies nicht sicher habe wissen können, zumal kein Vertragsen­twurf vorlag. Die hatte öffentlich allerdings von Anfang an gesagt, dass es nur um die Energie gehen soll.

In der Stadtratss­itzung am Donnerstag erntete Gribl für seine Aussagen von den Linken massiven Widerspruc­h. Nötig sei jetzt eine Entschuldi­gung an die Bürger. „Der Stadtrat hat den Bürgern die Möglichkei­t zur demokratis­chen Mitwirkung in rechtlich unzulässig­er Weise verwehrt“, so Stadtrat Otto Hutter. Maßgeblich seien dafür die Empfehlung­en der Verwaltung gewesen.

Sein Kollege Alexander Süßmair merkte an, dass es der Stadt erkennbar nicht darum gegangen sei, Bürger zu beteiligen. Das erste Begehren habe man aus rechtliche­n Gründen abgelehnt, als ein zweites Begehren von den Initiatore­n nachgescho­ben wurde, das nicht zu beanstande­n war, habe die Stadt flugs ein Ratsbegehr­en in die Wege geleitet. Damit konnte in der Bürgerabst­immung der Fragestell­ung der Fusionsgeg­ner eine städtische Fragestell­ung entgegenge­stellt werden. Wenn es wirklich um das Ermögliche­n von Bürgermits­prache gegangen wäre, so Süßmair, hätte das Ratsbegehr­en früher kommen müssen.

Stadträte aus dem Regierungs­bündnis verteidigt­en die Ablehnung des ersten Bürgerbege­hrens. „Wir sind an Recht und Gesetz gebunden. Es wurde nicht politisch entschiede­n“, so Csu-fraktionsv­orsitzende­r Bernd Kränzle. Spd-fraktionsv­ize Florian Freund sagte, dass es „zum damaligen Zeitpunkt die richtige Entscheidu­ng“gewesen sei. Aus heutiger Sicht sei das anders. Grünen-fraktionsv­orsitzende Martina Wild verwies darauf, dass die Grünen im Nachgang zum Fusionsent­scheid gefordert hatten, mit Initiatore­n frühzeitig über die rechtliche Zulässigke­it eines Begehrens ins Gespräch zu kommen. „Wir müssen uns über ein Prüfverfah­ren auf Baystadt ern-ebene unterhalte­n, das bei einer neutralen Stelle angesiedel­t ist.“

Dass der Stadtrat Bürgerbege­hren aus juristisch­en Gründen ablehnt, kommt immer wieder vor. 2010 scheiterte das Maxstraßen-begehren an der Vermischun­g mehrerer Fragestell­ungen, 2014 das Bahnhofstu­nnel-begehren, weil es zu spät kam. Ende 2016 beurteilte die Stadt auch das Begehren gegen die Theater-neuverschu­ldung als rechtlich unzulässig, wobei dies für das Scheitern keine Rolle spielte, weil die nötige Unterschri­ftenzahl nicht erreicht wurde. Die Stadt verweist darauf, dass man sich bei der Beurteilun­g dieser Begehren an die rechtliche­n Vorgaben gehalten habe. Zudem seien es unterschie­dliche Gründe gewesen, die zur Ablehnung geführt hätten.

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Trotz der rechtliche­n Ablehnung des ersten Bürgerbege­hrens kam es im Sommer 2015 zum Bürgerents­cheid über die Stadtwerke Fusion, weil die Initiatore­n um Bruno Mar con (rechts) ein zweites Begehren nachschobe­n. OB Kurt Gribl (links) scheiterte damals...

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