Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wie Geldfälscher sich bereichern
Betrug Die Zahl gefälschter Scheine nimmt zwar ab, doch der Schaden ist nach wie vor immens. Oft wenden die Fälscher ganz einfache Tricks an – und Unbedarfte fallen darauf herein
Frankfurt am Main Zumindest Farbe und Größe passen – sonst hat der lila Fünfhunderter aus Simbabwe wenig mit dem 500-Euro-schein gemein. Doch Fälscher motzten den Schein, der umgerechnet gerade einmal gut 1,20 Euro wert ist, mit wenigen Federstrichen zur wertvollsten Eurobanknote auf: Die Kuhbilder auf der Rückseite verschwinden unter der modernen Brücke, die den 500-Euro-schein ziert, das nachträglich aufgebrachte Eurozeichen auf der Vorderseite und die Europaflagge suggerieren zusätzlich Seriosität. Die Masche hat offensichtlich Erfolg: In der Ukraine bringen Kriminelle im vergangenen Jahr etliche dieser Blüten in Umlauf.
Als eine Bankkundin in Berlin das Geld im August 2016 einzahlen will, gibt sie an, es in einer Wechselstube in Kiew erhalten zu haben. „Es ist erstaunlich, dass solche Fälschungen 15 Jahre nach der Einführung des Euro-bargeldes noch funktionieren“, sagt Rainer Elm, Leiter des Nationalen Analysezentrums der Bundesbank. In einem anderen Fall gingen Fälscher noch plumper vor: Bei der 200-Dinarnote aus Serbien machten sie sich nicht einmal die Mühe, die Motive der entsprechenden Euro-banknote anzupassen, sondern änderten lediglich den Wert in Euro. Bei einem in bar abgewickelten Geschäft über 35000 Euro wurden einer deutschen Firma zwei dieser Blüten untergejubelt.
Solche Fälle sind mit dafür verantwortlich, dass die Schadenshöhe durch Falschgeld in Deutschland auf vergleichsweise hohem Niveau verharrt, obwohl im vergangenen Jahr hierzulande weniger Blüten aus dem Verkehr gezogen wurden als 2015: Insgesamt 82 150 Stück zählte die Bundesbank nach mehr als 95 000 ein Jahr zuvor. Der Schaden sank von 4,4 Millionen auf 4,2 Millionen Euro. „Trotz des Rückgangs der Stückzahlen ist das Falschgeldniveau nach wie vor vergleichsweise hoch“, bilanziert Elm. „Das liegt vor allem daran, dass Falschgeld zunehmend anonym über dunkle Kanäle im Internet verbreitet wird.“
Dort mischten immer mehr auch junge Leute mit. Auch ihr Material kaufen viele Fälscher mittlerweile im Darknet – dem verborgenen Internet: Mit ein paar Klicks kann sich im Grunde jeder zum Beispiel glitzernde Hologramm-sticker besorgen und damit billige Farbkopien veredeln. „Mit Hologrammen aus dem Darknet werden relativ primitive Fälschungen stark aufgewertet“, äußert sich Elm besorgt. „Das sind oft Fälschungen, die im Zahlungsverkehr angenommen werden, weil sie einer ersten Prüfung standhalten.“
Seit 2005 haben Geldfälscher aus Süditalien europaweit mehrere hun- derttausend Stück solcher Scheine in Umlauf gebracht. Der schwunghafte Handel zweier junger Männer mit 50-Euro-blüten von einem Dachboden im niedersächsischen Samern aus fiel den Ermittlern im vergangenen Sommer allerdings nur per Zufall auf: Weil der Besitzer des Gutshofes die beiden wegen Stromklaus anzeigte, kam es zu einer Durchsuchung auf dem Hof nahe der niederländischen Grenze. Die Polizei entdeckte nicht nur eine Hanfplantage, sondern auch jede Menge Falschgeld. In der vergangenen Woche erhob die Staatsanwaltschaft Osnabrück
Hologramme lassen sich kaufen und aufkleben
Anklage gegen die 23 und 24 Jahre alten Männer wegen Verdachts der gewerbs- und bandenmäßigen Geldfälschung.
Im noch immer erreichbaren Internetshop des Duos aus Niedersachsen mit dem bezeichnenden Namen „High Quality Counterfeit Notes Store“äußert sich die Kundschaft begeistert: „Einwandfrei! Super Blüten, Super Service“ist dort zu lesen. Man müsse das Falschgeld nur aus zehn bis 20 Zentimeter Entfernung für drei Sekunden mit Haarspray besprühen, schon sei fast kein Unterschied zum Original mehr zu erkennen. Wer es besonders gut wolle, könne die Scheine mit Kerzenwachs einreiben. Ein englischsprachiger Nutzer lobt, das Hologramm auf den 50-Euro-blüten sei „überraschend gut“.
Kein Wunder also, dass der Fünfziger einmal mehr der am häufigsten gefälschte Schein ist – sechs von zehn Euro-blüten in Deutschland waren 2016 Fünfziger. Die Währungshüter hoffen auf die Trendwende durch den runderneuerten Fünfziger, der vom 4. April an unters Volks gebracht werden soll.
Wie der neue Zwanziger, den es seit November 2015 gibt, hat der Fünfziger der zweiten Generation ein durchsichtiges Porträtfenster und eine glänzende Smaragdzahl – Merkmale, an denen sich Fälscher bisher die Zähne ausbeißen. „Die Fälschungssicherheit der neuen Eurobanknotenserie ist deutlich höher als bei der ersten Serie“, betont Bundesbank-vorstand Carl-ludwig Thiele.
Bis Ende 2018 sollen auch der neue 100- und der 200-Euro-schein eingeführt sein, die Ausgabe des Fünfhunderters wird eingestellt. Banknoten-experte Elm warnt aber vor trügerischer Sicherheit: „Die Einführung einer neuen Banknotenserie ist zwar ein Meilenstein, wir müssen aber noch mehr für Prävention tun.“