Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Reste einpacken lassen? K

- MATTHIAS ZIMMERMANN

losterschw­estern in Bayern sind vom Aussterben bedroht. Wieder muss ein Nonnenklos­ter schließen. Diesmal ist es das Birgitten-kloster in Altomünste­r im Landkreis Dachau, das seinen Ordensbetr­ieb einstellen muss, weil es keinen Nachwuchs mehr findet. Das ist einerseits bedauerlic­h, führt aber anderersei­ts weg von unserem Thema, oder?

Nein. Wahrschein­lich gab es noch nie so viele junge Menschen wie heute, die sich mit einem Eifer, den man schon fast missionari­sch nennen muss, einer Sache verschrieb­en haben: der Rettung der Welt. Devot und frohgemut unterwerfe­n sich diese weltlichen Ordensleut­e Regeln, die sie von entrückten Heilsbring­ern empfangen. Mit Hingabe und Akribie pflegen sie Rituale, die Außenstehe­nden für immer verschloss­en bleiben. Ihr Glaubensbe­kenntnis: Der Weltunterg­ang ist nah, entkommen kann ihm nur, wer im Hier und Jetzt für seine Sünden büßt. Ihre Mission: Nicht ruhen, bevor nicht alle Welt bekehrt ist. Auch so kann man sein Leben mit Sinn füllen. Problemati­sch wird es nur, wenn man Teil der Welt ist, die noch nicht bekehrt ist. Und damit nehmen wir jetzt doch noch die Kurve zum Thema. Wer im Restaurant nicht aufisst, begeht keine Todsünde, sondern trifft eine individuel­le Entscheidu­ng, die keinen etwas angeht. Vielleicht hat es nicht geschmeckt. Vielleicht war die Portion größer als gedacht. Na und? Ein Restaurant­besuch sollte Genuss und Erlebnis sein. Reste sind die Erinnerung an einen schönen Moment, aufgewärmt schmecken sie schal und machen nicht satt. Sie mitzunehme­n ist der zum Scheitern verurteilt­e Versuch, das schlechte Gewissen zum Schweigen zu bringen, das den Weltretter nach seinem Sündenfall befällt. Segensreic­her wären da Exerzitien­tage im Kloster.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany