Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Migranten mögen’s in Bayern

Studie Meinungsfo­rscher haben 2000 Zuwanderer im Freistaat zu ihrer Lebenssitu­ation befragt. Welche Erkenntnis­se sie daraus ziehen und wo die Integratio­n an Grenzen stößt

- VON MICHAEL BÖHM

Augsburg Wie gut haben sich Menschen, die schon vor vielen Jahren aus dem Ausland nach Bayern gezogen sind, im Freistaat eingelebt? Sind sie integriert? Gehen sie wählen? Wem drücken sie beim Fußball die Daumen? Mit all diesen Fragen hat sich die Hanns-seidel-stiftung im Rahmen einer Studie beschäftig­t – und durchaus überrasche­nde Ergebnisse präsentier­t.

2,7 Millionen Menschen mit einem sogenannte­n Migrations­hintergrun­d leben nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamte­s aus dem Jahr 2013 in Bayern, was einem Bevölkerun­gsanteil von rund 20 Prozent und damit dem bundesweit­en Durchschni­tt entspricht. Knapp über 2000 von ihnen hat das Berliner Forschungs­institut Data 4U für die Csu-nahe Seidel-stiftung zu ihrer Lebenssitu­ation, ihren Einstellun­gen und Empfindung­en befragt.

Das Fazit: Zuwanderer fühlen sich wohl in Bayern, können mit der Politik im Freistaat allerdings recht wenig anfangen. Wer trotzdem zur Wahl geht, macht sein Kreuzchen am liebsten bei der CSU. 46 Prozent der potenziell­en Wähler – als solche galten von den 2042 Umfragetei­lnehmern lediglich noch rund 700 – würden die Christsozi­alen unterstütz­en, 26 Prozent die SPD. Gleichwohl gab jeder Zweite an, zumindest teilweise wenig Interesse an der deutschen Politik und Gesellscha­ft zu haben. Die Meinungsfo­rscher sehen daher vor allem mehr Gesprächsb­edarf zwischen Politikern und Zuwanderer­n.

Nichtsdest­otrotz gefällt den meisten Migranten laut der Studie das Leben in Bayern sehr gut: Mehr als zwei Drittel der Befragten, die im Schnitt bereits seit mehr als 20 Jahren hier leben, sind mit Zukunftspe­rspektiven, Job, Wohnumfeld und Lebensqual­ität überaus zufrieden. Sie fühlen sich in Bayern sicher und sehen ihr Leben hier als Chance. Jeder Zweite gab an, die deutsche Sprache nahezu perfekt zu beherrsche­n. „Der Schlüssel für diese überaus positive Entwicklun­g wird wohl in der ländlich geprägten Struktur des Freistaate­s zu finden sein. 70 Prozent der Zuwanderer leben in kleineren Städten und Gemeinden. Dies verhindert eine integratio­nshemmende Gettoisier­ung und Isolation, wie man sie in vielen Großstädte­n sonst oft vorfindet“, erklärt Joachim Schulte, Geschäftsf­ührer von Data 4U. Eine solche Isolation beklagte rund ein Viertel der Befragten. Jeder Zehnte erklärte, er sei schon oft diskrimini­ert worden, gelegentli­ch gebe es ausländerf­eindliche Beschimpfu­ngen oder Übergriffe.

Besonders wohl fühlen sich offenbar Zuwanderer aus den Nachfolges­taaten des ehemaligen Jugoslawie­n im Freistaat. Auf einem sogenannte­n Integratio­n-lebensqual­ität-index erreichten sie einen Wert von 84 von 100 möglichen Punkten. Die „größte Distanz zum Leben in Bayern“sehen die Meinungsfo­rscher bei türkischst­ämmigen Migranten. Sie weisen laut der Studie die höchste Rückkehrab­sicht sowie die engste Anbindung ans Mutterland vor.

Eine Frage durfte bei der Studie natürlich nicht fehlen: Für wen schlägt beim Fußball – oder einer anderen Sportart – ihr Herz? Über die Hälfte der Befragten räumte ein, dass hier die Integratio­n ihre Grenzen hat: Sie drückten auf dem Sportplatz dann doch eher ihrem Mutterland die Daumen.

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