Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
So weit ist die Elektromobilität in der Region
Mobilität Dem E-auto gehört die Zukunft, liest man häufig. Doch auf der Straße sieht man es selten. Wie viele elektrische Fahrzeuge gibt es in unserer Region also wirklich? Wie weit ist das Ladenetz ausgebaut? Und rentiert sich die Technik für den Verbrau
Augsburg Seit dem Vw-abgasskandal hat das Thema Elektromobilität neue Aufmerksamkeit bekommen. Kein Wunder, die Fahrzeuge gelten als umweltfreundlich, da sie auf der Straße keine Emissionen ausstoßen. Doch fast nirgendwo klaffen Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinander: E-autos sind noch immer selten. Wir geben einen Überblick, wie weit die Elektromobilität in unserer Region ist und wie der Kauf gefördert wird.
Wie viele Elektroautos sind in unserer Region unterwegs?
Die Zahl ist noch übersichtlich. Dies ergibt eine Erhebung des Energieversorgungsunternehmens Lechwerke unter den schwäbischen Landkreisen. Demnach fahren in Schwaben rund 1250 E-autos (Stand: 31.12.2016), dazu kommen 4120 Hybridautos, die elektrisch und mit Verbrennungsmotor unterwegs sind. Deutschlandweite Zahlen stammen noch aus dem Januar 2016. Damals waren von 45 Millionen zugelassenen Pkw nur 25500 E-autos und rund 130 000 Hybridautos.
Wie fördert der Staat den Kauf von E-autos?
Für den Kauf gibt es eine Prämie: 4000 Euro für reine Elektroautos, 3000 Euro für Plug-in-hybride, also Autos, die neben einem Verbrennungsmotor auch einen Elektromotor besitzen und an der Steckdose geladen werden können, berichtet das Bundeswirtschaftsministerium. Doch die Kunden zögern bisher: Bis Ende Januar 2017 sind bundesweit nur 10 835 Anträge gestellt worden.
Wie teuer ist eigentlich ein Elektroauto und wie viele Modelle gibt es?
Derzeit gibt es auf dem Markt rund 30 Elektroautomodelle, berichtet Eckart Wruck, E-mobilitätsfachmann der Lechwerke. Demnächst kommen aber mehrere Modelle dazu. „Das Thema nimmt Fahrt auf“, meint Wruck. Elektroautos
„Ab 60 000 Kilometern Fahrleistung lohnt sich das Elektroauto.“
gelten teilweise noch immer als relativ teuer, doch nach Meinung Wrucks fallen die Preise. Den Renault Zoe bewirbt Renault mit einem Preis ab 22 100 Euro, allerdings fällt auch eine monatliche Batteriemiete an. Beim BMW i3 geht es ab 34950 Euro los.
Wie sieht es mit der Reichweite von Elektroautos aus?
Die Reichweiten sind ein großer Diskussionspunkt. Lange Zeit waren sie begrenzt, neuere Modelle kommen aber weiter. Der BMW i3 hat Firmenangaben zufolge bis zu 300 Kilometer Reichweite, wobei es im Alltagsbetrieb eher 200 Kilometer sind. Bei dem neuen Renault Zoe sollen es bis zu 400 Kilometer Reichweite sein. Und Opel wirbt für den neuen Ampera mit über 500 Kilometern. Damit seien Elektroautos ideale Zweitwagen für eine Familie, Pendler- und Firmenfahrzeuge, wenn diese vor allem regional unterwegs sind, sagt Martin Sambale, Geschäftsführer des Energie- und Umweltzentrums Allgäu (Eza). Das Problem: „Im Winter sinkt die Reichweite“, sagt Sambale. Die Batteriekapazität ist bei Kälte geringer, die Heizung braucht Strom und Winterreifen erzeugen mehr Widerstand. Sambale rechnet zum Beispiel damit, dass das neue Eza-firmenauto – ein Renault Zoe mit 400 Kilometern ausgewiesener Reichweite – in der Praxis im Sommer rund 300 Kilometer weit kommt und im Winter rund 200 Kilometer.
Wie dicht ist das Ladenetz in unserer Region?
Wer mit dem Elektroauto unterwegs ist, will häufig auch unterwegs laden. In unserer Region kooperieren zahlreiche Energieversorger – darunter die Stadtwerke Augsburg und Ulm/neu-ulm, Erdgas Schwaben, das Allgäuer Überlandwerk und die Lechwerke. Sie haben sich zur Initiative „Ich tanke Strom“zusammengeschlossen. Aktuell zählt das Netzwerk 150 Ladestationen. Daneben gibt es Stromtankstellen anderer Anbieter, zum Beispiel von Supermärkten. Fachmann Wruck hält das Ladenetz in der Region für ausreichend. „Falls mehr Fahrzeuge dazukommen, brauchen wir aber mehr Ladesäulen“, sagt er. Auffindbar sind die Ladesäulen über das Navi oder über Smartphone-apps.
Wie sieht es mit Schnellladesäulen in unserer Region aus?
Hier ist das Netz weniger dicht. Schnellladesäulen betreibt zum Beispiel Tesla an den Autobahnen in Jettingen-scheppach, Aichstetten, Ulm-seligweiler und Ellwangen. Deutsche Autohersteller wollen ebenfalls ein Netz errichten. Zudem baut die Raststättenkette Tank & Rast mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums das Schnellladenetz an den Autobahnen aus. Verkehrsminister Alexander Dobrindt nahm kürzlich an der Raststätte Augsburg Ost (A8) die 100. dieser Schnellladesäulen in Betrieb. Weitere Säulen befinden sich an den Rastplätzen Edenbergen Süd (A8), Leipheim Süd (A8), Illertal Ost/west (A7) und Lechwiesen Nord und Süd (A 96). Auch regionale Unternehmen betreiben Schnellladesäulen, zum Beispiel die Lechwerke in Augsburg und Gersthofen. In Zusmarshausen plant die Firma Sortimo nach eigenen Worten die modernste Schnellladetankstelle der Welt. Strom für eine Reichweite von 500 Kilometern soll dort in weniger als 15 Minuten geladen werden können.
Ist diese Vielfalt an Lade-konzepten ein Problem?
Ja, denn es fällt den Kunden schwer, die Kosten zu kalkulieren, wenn sie unterwegs laden. „Wir haben noch immer keinen transparenten Autostrommarkt in Deutschland“, kritisiert Adac-sprecher Christian Buric. „Richtig transparent ist die Rechnung nur, wenn man zu Hause lädt.“Dann kann man mit dem Haushaltsstrompreis kalkulieren.
Was kostet eine Ladestation am Eigenheim?
„80 Prozent der Ladevorgänge finden zu Hause statt“, sagt Lechwerke-experte Wruck. Ein E-auto lässt sich zu Hause an der normalen Steckdose laden. Besser sei ein Starkstromanschluss. Die Kosten der Ladebox beziffert das Unternehmen auf 695 Euro. Dauert es an einer einfachen Steckdose rund 8 Stunden, um ein Auto zu laden, sinkt die Zeit bei einem Starkstromanschluss auf 3 bis 4 Stunden, sagt Wruck. Die ersten Power-ladestationen zum Beispiel entlang den Autobahnen könnten ein Auto in 25 bis 30 Minuten ausreichend laden.
Was kostet es, ein E-auto zu laden?
Wer zu Hause lädt, zahlt den Haushaltsstrompreis, sagt auch Eza-geschäftsführer Sambale – derzeit sind das rund 28 bis 30 Cent pro Kilowattstunde. Ein Beispiel: Der Renault Zoe hat eine Kapazität von 41 Kilowattstunden. Das Laden kostet damit rund zwölf Euro. Rechnet man in der Praxis mit 300 Kilometern Reichweite, wären das reine Stromkosten von vier Euro pro hundert Kilometer. An öffentlichen Ladestationen können die Kosten abweichen. Einige Supermärkte oder Energieversorger stellten den Strom heute noch kostenlos zur Verfügung, andere verlangen aber Geld. „Falls die Anbieter kostendeckend arbeiten wollen, ist der Strom an der Ladesäule etwas teurer als Haushaltsstrom“, sagt Sambale.
Rentiert sich ein den Verbraucher? Elektroauto für
Hier gehen die Meinungen auseinander. Bei einem Elektroauto ist zwar der Kaufpreis höher, dafür fallen geringere Betriebskosten an, sagt Lechwerke-fachmann Wruck. Schließlich braucht das E-auto keinen Ölwechsel und ist von der Kfzsteuer befreit. „Ab einer bestimmten Kilometerfahrleistung lohnt sich das Elektroauto“, ist Wruck deshalb überzeugt. Er sieht diese Grenze bei 60 000 Kilometern erreicht. Kritischer ist der ADAC. „Gerade im urbanen Raum und im Umland kann sich der Betrieb eines Elektroautos ab einem bestimmten Zeitpunkt lohnen“, sagt zwar auch Sprecher Buric. „Der Kaufpreis für Ottonormalverbraucher ist aber immer noch zu hoch“, schränkt er ein. In einem Kostenvergleich aus dem April 2016 schnitten nur zwei von zwölf E-autos pro Kilometer günstiger ab als vergleichbare Diesel oder Benziner: der Mercedes B250e und der Kia Soul EV.
Eckart Wruck, Lechwerke