Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Steinmeier will Deutschen Mut machen
Bundesversammlung Der Spd-politiker wurde mit überwältigender Mehrheit zum neuen Bundespräsidenten gewählt. Doch der Kandidat der Linken schnitt stärker als erwartet ab
Berlin Der zwölfte deutsche Bundespräsident heißt Frank-walter Steinmeier. Der frühere Spd-außenminister und gemeinsame Kandidat von Sozialdemokraten und Union bekam am Sonntag erwartungsgemäß im ersten Wahlgang die erforderliche Mehrheit: 931 von 1239 gültigen Stimmen. So sagt Steinmeier: „Ich nehme die Wahl an – gerne sogar.“In einer Dankesrede rief er die Deutschen zu einem mutigen Blick in die Zukunft auf, auch wenn viele verunsichert seien. Deutschland sei in „stürmischen Zeiten“für viele Menschen in der Welt zu einem „Anker der Hoffnung“geworden, sagte Steinmeier. „Und wenn wir anderen Mut machen wollen, dann brauchen wir selber welchen.“
Für Steinmeier hatten sich neben CDU, CSU und SPD im Vorfeld der
Steinmeier fehlten dutzende Stimmen
Bundespräsidenten-wahl auch FDP und Grüne ausgesprochen. Gemessen an der so möglichen Höchststimmzahl fehlten Steinmeier allerdings dutzende Stimmen: Die fünf Parteien verfügten über 1106 Sitze in der Bundesversammlung.
Der langjährige Spd-politiker tritt sein Amt am 19. März an. Die Zeit bis dahin will Steinmeier nutzen, um ein wenig „runterzukommen“von seinen Aufgaben als Außenminister. In einem Punkt beabsichtigt Steinmeier allerdings, parteiisch zu bleiben: „Immer dann nämlich, wenn es um die Sache der Demokratie selbst geht.“So will er auch als Bundespräsident in schwierigen Gesprächen mit internationalen Partnern deutliche Worte finden. „Wir können und dürfen gar nicht vermeiden, unser Wertefundament zu verteidigen.“
Dank richtete Steinmeier an seinen Vorgänger Joachim Gauck. Der sichtlich gerührte Bundespräsident wurde von der Bundesversammlung mit stehendem Applaus gefeiert, als Sitzungsleiter Norbert Lammert (CDU) dessen Arbeit würdigte. Vertreter der AFD und der Linken blieben dagegen sitzen, was Cdugeneralsekretär Peter Tauber als fehlenden Anstand kritisierte.
Steinmeier setzte sich gegen ein vergleichsweise großes Konkurrentenfeld von vier weiteren Kandidaten erwartungsgemäß durch. Die Linkspartei war mit Armutsforscher Christoph Butterwegge ins Rennen gegangen. Er schnitt mit 128 Stimmen deutlich stärker ab als erwartet.
Kanzlerin Angela Merkel zeigte sich zufrieden mit der Wahl Steinmeiers: „Ich bin überzeugt, er wird ein hervorragender Bundespräsident sein.“Die Cdu-chefin war in ihrer Partei dafür kritisiert worden, keinen eigenen Unionskandidaten aufgeboten zu haben.
Zum Auftakt der Bundesversammlung hatte Lammert eine ungewöhnlich lange Rede gehalten. Großen Beifall erhielt er für Mah- nungen an die Adresse von Us-präsident Donald Trump. Abschottung und Protektionismus könnten „fatale Nebenwirkungen für die internationalen Beziehungen“haben. Ausdrücklich kritisierte Lammert ein Programm des „Wir zuerst“. Trump war mit dem Wahlspruch „America First“ins Weiße Haus eingezogen. Die Europäer rief Lammert auf, ihre Interessen gemeinsam zu vertreten.
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