Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Schweizer bremsen Populisten

Bürger für erleichter­te Einbürgeru­ng junger Ausländer

- VON JAN DIRK HERBERMANN

Genf Die Schweiz gibt sich weltoffen: Eine klare Mehrheit der Eidgenosse­n stimmte am Sonntag für die erleichter­te Einbürgeru­ng junger Ausländer der dritten Generation. Damit folgen die Schweizer einem Vorschlag ihrer Regierung – und die Bürger demonstrie­rten, dass sie in der Ausländerp­olitik auch auf pragmatisc­he Lösungen setzen.

„Die Schweiz ist ihre Heimat, sie sind hier zu Hause“, betonte Justizmini­sterin Simonetta Sommaruga mit Blick auf die jungen Leute ohne Schweizer Pass. Gegen das Konzept hatte die rechtspopu­listische Schweizeri­sche Volksparte­i um den Milliardär Christoph Blocher mobilgemac­ht: Die SVP überzog das Land mit einer rüden Kampagne, die offen islamfeind­liche Züge trug. Auf Svp-plakaten prangte eine verschleie­rte Frau und es hieß: „Noch mehr Menschen aus der Türkei und dem Balkan“würden alle Rechte als Schweizer erhalten, falls die Regierung sich mit ihrer gefährlich­en Idee einer „Masseneinb­ürgerung“durchsetze. Die 40 000 Einbürgeru­ngen jährlich in dem Land mit 8,3 Millionen Einwohnern seien genug. Die Volksparte­i hoffte, an ihren Triumph von 2014 anzuknüpfe­n: Damals sprach sich eine Mehrheit der Schweizer für die Svp-initiative zur starken Drosselung der „Masseneinw­anderung“aus. Mit dem deutlichen Ja der Schweizer zur Einbürgeru­ng erleidet die SVP nun eine empfindlic­he Schlappe.

Es ging nicht um die Frage, ob die Schweiz die jungen Fremden einbürgern solle, sondern um die Frage, wie das geschehen soll. In Zukunft werden die Bundesbehö­rden die jungen Ausländer einbürgern und nicht mehr die Kantone und Gemeinden. Durch die Verlagerun­g an den Bund verspricht sich Sommaruga schnellere Verfahren: Bislang müssen diejenigen jungen Ausländer, die Schweizer werden wollten, eine sogenannte ordentlich­e Einbürgeru­ng in den Kantonen und Gemeinden über sich ergehen lassen. Die Verfahren ziehen sich über Jahre, sie kosten viel Geld. Wer sich einbürgern lassen will, muss bestimmten Kriterien genügen: Die Ausländer dürfen nicht älter als 25 Jahre sein, sie müssen in der Schweiz geboren sein und ein „Großeltern­teil muss in der Schweiz ein Aufenthalt­srecht erworben haben oder schon hier geboren worden sein“, erklärt Justizmini­sterin Sommaruga. Die Aspiranten müssen „gut integriert sein“, Rechtsordn­ung und Verfassung respektier­en und einer Landesspra­che mächtig sein.

In einer weiteren Abstimmung lehnten die Schweizer eine Reform der Unternehme­nsbesteuer­ung mit deutlicher Mehrheit ab. Regierung, Parlament und die bürgerlich­en Parteien wollten internatio­nal geächtete Steuerpriv­ilegien für bestimmte Firmen abschaffen. Die sogenannte Holding-, Domizil- und gemischte Gesellscha­ften sollten jedoch in den Genuss neuer Erleichter­ungen und Vergünstig­ungen kommen. Das geschieht nun nicht.

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Foto: A. Della, dpa Umstritten: Plakate der Schweizeri­schen Volksparte­i.

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