Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Das Gold kehrt zurück

Hintergrun­d Deutschlan­d besitzt die zweitgrößt­en Goldreserv­en der Welt. Doch über Jahrzehnte lagerten die meisten Barren im Ausland. Jetzt holt sie die Bundesbank in die eigenen Tresore

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Frankfurt am Main „Holt unser Gold heim!“– die Bundesbank scheint den Ruf besorgter Bürger und kritischer Politiker erhört zu haben. Schneller als geplant füllen sich die Tresore der Notenbank in Frankfurt mit dem Milliarden­schatz, der jahrzehnte­lang überwiegen­d in New York, aber auch in Paris und London aufbewahrt wurde. Seit 2013 werden Jahr für Jahr hunderte Barren auf streng geheimen Wegen über den Atlantik und den Rhein nach Deutschlan­d gebracht. 216 Tonnen Gold waren es allein im vergangene­n Jahr. Damit lagern nun 1619 Tonnen oder 47,9 Prozent des Edelmetall­es in der Heimat.

Nach öffentlich­em Druck hatte die Bundesbank vor vier Jahren das Ziel ausgegeben, bis spätestens Ende 2020 mindestens die Hälfte der deutschen Goldreserv­en in eigenen Tresoren im Inland aufzubewah­ren. Doch die Verlagerun­g geht deutlich schneller als geplant. „Mehr als drei Jahre vor dem Termin wird sie in diesem Jahr umgesetzt“, berichtet Bundesbank-vorstand Carl-ludwig Thiele. Der ursprüngli­che Zeitplan sei großzügig kalkuliert gewesen. Weitere Verlagerun­gen nach 2017 sind Thiele zufolge nicht geplant. Transport und Umschmelze­n einiger Barren haben bisher 6,9 Millionen Euro gekostet.

Dass das Gold, das dem deutschen Staat gehört und von der Bundesbank verwaltet wird, lange im Ausland aufbewahrt wurde, hat historisch­e Gründe: Ab Mitte 1951 baute die Bank deutscher Länder als Vorgängeri­n der Bundesbank erste Goldreserv­en auf, in den Wirtschaft­swunderjah­ren nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs der deutsche Goldschatz rasant. Denn der florierend­e Export brachte der Bundesrepu­blik viele Dollar ein, die bei der Us-zentralban­k gegen Goldforder­ungen eingetausc­ht wurden. Während des Kalten Krieges war es durchaus gewollt, deutsches Gold „westlich des Rheins“und mög- weit außerhalb der Landesgren­zen zu verwahren – als möglichen Puffer für Währungskr­isen.

Doch kritische Fragen bis hin zu Verschwöru­ngstheorie­n nagten am glänzenden Image. Ist der Goldschatz – immerhin mit mehr als 270 000 Barren der zweitgrößt­e der Welt – im Ausland sicher? Ist das Gold überhaupt vorhanden? Im Herbst 2012 monierte der Bundesrech­nungshof, die Bundesbank habe die Goldreserv­en jenseits der Landesgren­zen noch nie „körperlich aufgenomme­n und auf Echtheit und Gewicht“geprüft. Seither setzt die Bundesbank auf Transparen­z: Auf 2400 Seiten listet die Notenbank seit Ende 2015 öffentlich einsehbar jeden einzelnen Barren auf. Und um letzte Zweifler zu überzeugen, gibt es immer mal wieder Gold zum Anfassen – so auch vergangene Woche in der Bundesbank-zentrale. Gleich nebenan, im Geldmuseum,

in der Dauerausst­ellung ein ist Goldbarren eine der Hauptattra­ktionen: Kleiner als eine Milchtüte, aber mit rund 12,5 Kilogramm so schwer, dass man ihn in der engen Vitrine nur mit Mühe um Millimeter in die Höhe bekommt. Und was könnte man mit so einem Barren, der aktuell etwa 470 000 Euro wert ist, nicht alles machen. „Erst mal eine Villa, dann einen Pool, dann nehme ich noch vier Mäuse, drei Hunde, fünf Katzen und einen ganzen Garten für Tiere“, meinte der zehnjährig­e Ayman zur Neueröffnu­ng des Geldmuseum­s kurz vor Weihnachte­n.

Auch gestandene Politiker hatten immer wieder viele Ideen, wie sich das Gold „versilbern“ließe – wahlweise zur Hilfe für die Opfer der Elbeflut 2002 oder für einen Systemwech­sel im Gesundheit­swesen. Für Schlagzeil­en sorgte 1997 der damalige Bundesfina­nzminister Theo Waigel (CSU) mit seiner „Operation Goldfinger“: Er wollte die Bundeslich­st bank dazu bringen, ihre Gold- und Devisenres­erven höher zu bewerten und daraus resultiere­nde Gewinne an den Bund auszuschüt­ten.

Doch alle Begehrlich­keiten blieben erfolglos. Etwa drei Tonnen Gold pro Jahr bekommt der Bundesfina­nzminister zum Prägen von Sammlermün­zen. Ansonsten wacht die Bundesbank mit Argusaugen über den Milliarden­schatz.

Ein Teil des Schatzes bleibt aber weiter in New York und London. Die USA seien die größte Volkswirts­chaft der Welt und London der größte Handelspla­tz für Gold, erläutert Thiele. Sorgen um das Edelmetall seit dem Amtsantrit­t von Uspräsiden­t Donald Trump macht sich die Bundesbank nicht. Es gebe keine Notwendigk­eit und keine Diskussion, das Konzept zu ändern, betont der Notenbank-vorstand. „Wir arbeiten vertrauens­voll mit der Fed zusammen.“Jörn Bender

und Friederike Marx, dpa

 ?? Foto: Boris Roessler, dpa ?? Goldbarren im Wert mehrerer Millionen Euro zeigte die Bundesbank Anfang Februar. Unten liegt ein bereits 1917 hergestell­ter Barren, oben einer aus aktueller Produktion von 2014.
Foto: Boris Roessler, dpa Goldbarren im Wert mehrerer Millionen Euro zeigte die Bundesbank Anfang Februar. Unten liegt ein bereits 1917 hergestell­ter Barren, oben einer aus aktueller Produktion von 2014.

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