Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wenn Wind und Sonne eine Pause machen

Energie Der Anteil des Stroms aus Photovolta­ik und Windkraft wächst, er ist aber auch sehr schwankung­sanfällig. Das zeigt sich gerade im Januar – in Zeiten der sogenannte­n „Dunkelflau­te“

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Immer mehr Strom in Deutschlan­d stammt aus erneuerbar­en Quellen. Im Jahr 2016 dürften es bereits über 32 Prozent des Stromverbr­auchs in der Bundesrepu­blik gewesen sein, berichtet das Bundeswirt­schaftsmin­isterium. Doch dass Elektrizit­ät von Sonne und Wind auch schwankung­sanfällig ist und nicht gesichert zur Verfügung steht, zeigt sich gerade im Winter, zum Beispiel im Januar. In der kalten Jahreszeit kommt die Sonne durch den Nebel manchmal kaum hindurch, Schnee bedeckt die Photovolta­ik-anlagen. Weht auch der Wind nicht ausreichen­d, um die Windräder anzutreibe­n, sprechen Fachleute von der dunklen Flaute oder der „Dunkelflau­te“. Dann fließt sehr wenig Strom aus erneuerbar­en Energien ins Netz.

Besonders deutlich konnte man die Auswirkung­en zum Beispiel am 7. und 8. Januar in Bayern beobachten, meint Detlef Fischer, Geschäftsf­ührer des Verbands der Bayerische­n Energie- und Wasserwirt­schaft. Fischer hat für die beiden Tage verglichen, was Windkraft und Photovolta­ikanlagen in Bayern bei frischem Wind und voller Sonne hätten leisten können – und was sie tatsächlic­h geleistet haben. Das Ergebnis fällt ernüchtern­d aus.

Problem 1: Windstille. In Bayern sind Fischer zufolge Windräder mit einer Leistung von rund 2200 Megawatt installier­t – fast das Doppelte der Leistung eines Blocks des Kernkraftw­erks Gundremmin­gen. Tatsächlic­h erzeugt haben die Anlagen an den beiden Tagen aber nur einen Bruchteil davon. „In der Spitze waren es an den beiden Tagen für eine kurze Dauer rund 450 Megawatt“, sagt Fischer. Problem 2: Auch die Photovolta­ik lieferte kaum Strom. „Was erzeugt wurde, ist vernachläs­sigbar“, sagt Fischer.

Wie problemati­sch ist diese Situation? Fallen Wind und Sonne als Stromliefe­ranten aus, muss der Strom anderswo herkommen. Dann schlägt die Stunde der konvention­ellen Kraftwerke – also von Gas, Kohle und Atom. Zuständig für die Stabilität des Stromnetze­s sind die Betreiber des großen Übertragun­gsnetzes in Deutschlan­d. Für unsere Region ist dies die Firma Amprion. „Wenn wir wissen, dass Sonne und Wind ausfallen, laufen praktisch alle konvention­ellen Kraftwerke“, beschreibt Amprion-sprecher Andreas Preuß die Situation in der Dunkelflau­te. „Derzeit sind genug konvention­elle Kraftwerke in Deutschlan­d da.“Wenn es eng wird, werden Kraftwerke hochgefahr­en, die sonst häufig stillstehe­n – eine Situation, die man vom Gaskraftwe­rk im bayerische­n Irsching kennt. In diesem Januar kam zwar ein Energieeng­pass in Frankreich als Problem hinzu. Generell hätten die Übertragun­gsnetzbetr­eiber jedoch gelernt, mit der Situation umzugehen.

„Die Dunkelflau­te zeigt aber ein Problem der Energiewen­de“, erklärt Preuß: Theoretisc­h könnten die Erneuerbar­en an guten Tagen ganz Deutschlan­d mit Energie versorgen. Der Spitzenbed­arf der Bundesrepu­blik werde im Winter auf rund 85 Gigawatt geschätzt. Installier­t seien heute bereits über 80 Gigawatt an erneuerbar­en Energien. Das Problem ist, dass diese Leistung der Erneuerbar­en nicht sicher zur Verfügung steht: „Es kann sein, dass an einigen Tagen nur ein bis zwei Gigawatt geliefert werden“, sagt Preuß. Die Folge: „Deutschlan­d bleibt bis auf Weiteres auf konvention­elle Energieerz­euger angewiesen.“Denn Speicher für den grünen Strom sind bisher in dieser Größenordn­ung nicht vorhanden.

Bayern, da ist sich Energiefac­hmann Fischer sicher, ist in einer Dunkelflau­te auf Energieimp­orte aus anderen Bundesländ­ern oder dem Ausland angewiesen. Um die Energiever­sorgung zukunftsfä­hig zu machen, muss aus seiner Sicht deshalb entweder in Leitungen investiert werden oder in Reservekra­ftwerke in Bayern – zum Beispiel Gaskraftwe­rke. Dafür, meint er, fehlt es aber vor allem an einem: „An Zahlungsbe­reitschaft.“

Und wie stellte sich die Dunkelflau­te am 7. und 8. Januar in unserer Region dar? Große Teile des regionalen Netzes betreiben die Lechwerke mit Sitz in Augsburg. Dort berichtet man, dass die Situation an den beiden Tagen „in keiner Weise kritisch“war. Die heimischen Solaranlag­en hätten zwar nur einen Bruchteil des Möglichen eingespeis­t – von rund 1600 Megawatt installier­ter Leistung flossen am 8. Januar in der Spitze nur rund 90 Megawatt ins Netz, sagt Lew-sprecher Ingo Butters. Der fehlende Strom sei aber aus dem deutschlan­dweiten Übertragun­gsnetz bezogen worden. „Unsere Netze sind darauf ausgelegt, dass wir mit dieser Situation umgehen können“, sagt Butters.

Und an anderen Tagen ist die Sonne oft ein großer Energielie­ferant: Am 30 Januar, berichtet Butters, war das Wetter zum Beispiel so gut, dass Photovolta­ik und andere Kraftwerke mehr Strom erzeugten, als in Schwaben gebraucht wurde.

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Foto: Marcus Brandt, dpa Gerade im Winter liefern Photovolta­ik und Windkraft nur unzuverläs­sig Strom. Kom men Windstille und trübes Wetter zusammen, sprechen Fachleute von der „Dunkel flaute“.

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