Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wenn Wind und Sonne eine Pause machen
Energie Der Anteil des Stroms aus Photovoltaik und Windkraft wächst, er ist aber auch sehr schwankungsanfällig. Das zeigt sich gerade im Januar – in Zeiten der sogenannten „Dunkelflaute“
Augsburg Immer mehr Strom in Deutschland stammt aus erneuerbaren Quellen. Im Jahr 2016 dürften es bereits über 32 Prozent des Stromverbrauchs in der Bundesrepublik gewesen sein, berichtet das Bundeswirtschaftsministerium. Doch dass Elektrizität von Sonne und Wind auch schwankungsanfällig ist und nicht gesichert zur Verfügung steht, zeigt sich gerade im Winter, zum Beispiel im Januar. In der kalten Jahreszeit kommt die Sonne durch den Nebel manchmal kaum hindurch, Schnee bedeckt die Photovoltaik-anlagen. Weht auch der Wind nicht ausreichend, um die Windräder anzutreiben, sprechen Fachleute von der dunklen Flaute oder der „Dunkelflaute“. Dann fließt sehr wenig Strom aus erneuerbaren Energien ins Netz.
Besonders deutlich konnte man die Auswirkungen zum Beispiel am 7. und 8. Januar in Bayern beobachten, meint Detlef Fischer, Geschäftsführer des Verbands der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft. Fischer hat für die beiden Tage verglichen, was Windkraft und Photovoltaikanlagen in Bayern bei frischem Wind und voller Sonne hätten leisten können – und was sie tatsächlich geleistet haben. Das Ergebnis fällt ernüchternd aus.
Problem 1: Windstille. In Bayern sind Fischer zufolge Windräder mit einer Leistung von rund 2200 Megawatt installiert – fast das Doppelte der Leistung eines Blocks des Kernkraftwerks Gundremmingen. Tatsächlich erzeugt haben die Anlagen an den beiden Tagen aber nur einen Bruchteil davon. „In der Spitze waren es an den beiden Tagen für eine kurze Dauer rund 450 Megawatt“, sagt Fischer. Problem 2: Auch die Photovoltaik lieferte kaum Strom. „Was erzeugt wurde, ist vernachlässigbar“, sagt Fischer.
Wie problematisch ist diese Situation? Fallen Wind und Sonne als Stromlieferanten aus, muss der Strom anderswo herkommen. Dann schlägt die Stunde der konventionellen Kraftwerke – also von Gas, Kohle und Atom. Zuständig für die Stabilität des Stromnetzes sind die Betreiber des großen Übertragungsnetzes in Deutschland. Für unsere Region ist dies die Firma Amprion. „Wenn wir wissen, dass Sonne und Wind ausfallen, laufen praktisch alle konventionellen Kraftwerke“, beschreibt Amprion-sprecher Andreas Preuß die Situation in der Dunkelflaute. „Derzeit sind genug konventionelle Kraftwerke in Deutschland da.“Wenn es eng wird, werden Kraftwerke hochgefahren, die sonst häufig stillstehen – eine Situation, die man vom Gaskraftwerk im bayerischen Irsching kennt. In diesem Januar kam zwar ein Energieengpass in Frankreich als Problem hinzu. Generell hätten die Übertragungsnetzbetreiber jedoch gelernt, mit der Situation umzugehen.
„Die Dunkelflaute zeigt aber ein Problem der Energiewende“, erklärt Preuß: Theoretisch könnten die Erneuerbaren an guten Tagen ganz Deutschland mit Energie versorgen. Der Spitzenbedarf der Bundesrepublik werde im Winter auf rund 85 Gigawatt geschätzt. Installiert seien heute bereits über 80 Gigawatt an erneuerbaren Energien. Das Problem ist, dass diese Leistung der Erneuerbaren nicht sicher zur Verfügung steht: „Es kann sein, dass an einigen Tagen nur ein bis zwei Gigawatt geliefert werden“, sagt Preuß. Die Folge: „Deutschland bleibt bis auf Weiteres auf konventionelle Energieerzeuger angewiesen.“Denn Speicher für den grünen Strom sind bisher in dieser Größenordnung nicht vorhanden.
Bayern, da ist sich Energiefachmann Fischer sicher, ist in einer Dunkelflaute auf Energieimporte aus anderen Bundesländern oder dem Ausland angewiesen. Um die Energieversorgung zukunftsfähig zu machen, muss aus seiner Sicht deshalb entweder in Leitungen investiert werden oder in Reservekraftwerke in Bayern – zum Beispiel Gaskraftwerke. Dafür, meint er, fehlt es aber vor allem an einem: „An Zahlungsbereitschaft.“
Und wie stellte sich die Dunkelflaute am 7. und 8. Januar in unserer Region dar? Große Teile des regionalen Netzes betreiben die Lechwerke mit Sitz in Augsburg. Dort berichtet man, dass die Situation an den beiden Tagen „in keiner Weise kritisch“war. Die heimischen Solaranlagen hätten zwar nur einen Bruchteil des Möglichen eingespeist – von rund 1600 Megawatt installierter Leistung flossen am 8. Januar in der Spitze nur rund 90 Megawatt ins Netz, sagt Lew-sprecher Ingo Butters. Der fehlende Strom sei aber aus dem deutschlandweiten Übertragungsnetz bezogen worden. „Unsere Netze sind darauf ausgelegt, dass wir mit dieser Situation umgehen können“, sagt Butters.
Und an anderen Tagen ist die Sonne oft ein großer Energielieferant: Am 30 Januar, berichtet Butters, war das Wetter zum Beispiel so gut, dass Photovoltaik und andere Kraftwerke mehr Strom erzeugten, als in Schwaben gebraucht wurde.