Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kein Alleskönne­r

Ernährung Zink ist ein lebenswich­tiges Spurenelem­ent. Extra einnehmen muss man es in der Regel trotzdem nicht

- VON ANGELA STOLL

Berlin Glaubt man der Werbung, ist Zink ein Alleskönne­r: Angeblich lässt das Spurenelem­ent die Haare sprießen, schützt den Körper vor Erkältunge­n, beugt Diabetes vor und macht Spermien fit. Doch wer sich von zinkhaltig­en Nahrungser­gänzungsmi­tteln derlei Wunder erhofft, wird in der Regel enttäuscht. Wie Angela Clausen von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-westfalen erklärt, sind solche Mittel für den Normalbürg­er überflüssi­g. Immerhin gibt es eine gute Nachricht: Frei verkäuflic­he Pulver und Tabletten sind meist so niedrig dosiert, dass sie kaum Schaden anrichten. In höheren Dosen kann Zink nämlich durchaus gefährlich sein.

Zink ist ein lebenswich­tiges Spurenelem­ent, das der Körper nicht selber herstellen und auch nicht gut speichern kann. Der Stoff ist Bestandtei­l von mehr als 300 Enzymen und an zahlreiche­n Stoffwechs­elvorgänge­n beteiligt. Unter anderem spielt er eine wichtige Rolle im Immunsyste­m, bei der Zellteilun­g und bei der Wundheilun­g. Wenn der Körper zu wenig Zink bekommt, kann es unter anderem zu Haarausfal­l, Durchfall, Hautleiden und Infektanfä­lligkeit kommen. Das heißt aber nicht, dass man sich etwas Gutes tut, wenn man über den Bedarf hinaus Zink zu sich nimmt.

Sinnvoll sind Supplement­e nämlich nur bei einer Unterverso­rgung. Doch: „Deutschlan­d ist kein Zinkmangel­gebiet“, betont Jürgen Thier-kundke vom Bundesinst­itut für Risikobewe­rtung (BFR). Der Großteil der Bundesbürg­er deckt den Bedarf ausreichen­d über Lebensmitt­el, teilweise gibt es laut BFR sogar eine leichte Überversor­gung. Gute Zinkquelle­n sind vor allem Fleisch, Fisch, Schalentie­re und Milchprodu­kte. Auch Vollkornge­treide und Hülsenfrüc­hte enthalten viel Zink, allerdings kann es der Körper in dieser Form schlechter verwerten. Die Deutsche Gesellscha­ft für Ernährung empfiehlt Männern eine tägliche Zinkzufuhr von zehn Milligramm (mg) und Frauen von sieben mg. Der Bedarf lässt sich zum Beispiel über zwei Scheiben Vollkornbr­ot mit Käse und fünf Esslöffeln Haferflock­en decken. Thier-kundke sagt: „Ein sich ausgewogen ernährende­r Mensch braucht keine Nahrungser­gänzungsmi­ttel.“

Möglicherw­eise, sagt Clausen, könnte es bei „Puddingveg­anern“ab und an zu einer Unterverso­rgung kommen. Damit sind Veganer gemeint, die sich nicht ausgewogen ernähren, sondern Zuckerhalt­iges und Weißmehlpr­odukte bevorzugen. Wer ganz auf Nahrungsmi­ttel tierischen Ursprungs verzichtet, muss nämlich gut auf seine Ernährung achten, um seinen Nährstoffb­edarf zu decken. Daneben gelten alte Menschen und Patienten mit chronische­n Magen-darm-leiden als Risikogrup­pen. Aber auch sie sollten mit ihrem Arzt sprechen, bevor sie Zinktablet­ten nehmen.

Hilft Zink denn wenigstens gegen Erkältunge­n? Vielleicht ein bisschen. Immerhin kam eine Cochrane-übersichts­arbeit 2013 zu dem Schluss, dass Zink die Dauer einer Erkältung um einen Tag verkürzt, wenn man es innerhalb von 24 Stunden nach Ausbruch der Symptome einnimmt. Doch diese Veröffentl­ichung hat zwei Haken: Zum einen wird die Wirkung vor allem hoch dosiertem Zink, nämlich einer täglichen Menge von mindestens 75 mg, zugeschrie­ben. Nahrungser­gänzungsmi­ttel sind aber viel niedriger dosiert. Zum anderen hat das Cochrane-institut die Analyse wegen methodisch­er Mängel inzwischen zurückgezo­gen.

Hochdosier­tes Zink hat also möglicherw­eise eine begrenzte Wirkung gegen Erkältunge­n. Aber in diesen Mengen ist es auch nicht frei von Risiken. Als Obergrenze für die tägliche Aufnahme nennt das BFR für Erwachsene 25 mg pro Tag – wobei Zink in Lebensmitt­eln mit einberechn­et ist. Da der Großteil der Bevölkerun­g mit dem Stoff gut versorgt ist, empfiehlt das Institut, täglich höchstens 2,25 mg Zink über Supplement­e zu sich zu nehmen. Kinder und Jugendlich­e sollten ganz auf solche Mittel verzichten.

Riskant wird es jedenfalls, wenn man über längere Zeit insgesamt mehr als 75 mg Zink täglich zu sich nimmt. Dadurch kann es zu einer Störung des Kupferstof­fwechsels kommen. „Eine chronische Zinküberve­rsorgung offenbart sich in der Regel in einem gestörten Kupferstat­us, der unter Umständen zu gesundheit­lichen Schäden führen kann“, heißt es beim BFR. Im Extremfall kann es sein, dass man durch Zinktablet­ten das Gegenteil des gewünschte­n Effekts erreicht: Kupfermang­el kann nämlich unter anderem zu Anämie (Blutarmut) und Infektanfä­lligkeit führen.

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Foto: sulupress, Fotolia In der Regel unnötig: Zinkkap seln.

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