Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Jazz ohne Grenzen

Jacob Karlzon tourt mit neuem Album

- VON DANIELA TIGGEMANN

Was für ein Wiedersehe­n: Jacob Karlzon, der den Jazzclub vor anderthalb Jahren eröffnet hatte, kam nun mit seinem Trio in den ausverkauf­ten Klub zurück. „Now“, Jetzt, heißt sein neuestes Album – und, wie er erklärt, sein bestes. Mithilfe seiner magischen Musik und nicht zuletzt seinem Witz breitete er in dem Jazzkeller dann aus, was Gegenwart für ihn bedeutet: Ein moderner Balanceakt zwischen organische­m skandinavi­schen Jazz und elektronis­chen Klängen.

Weit über die Grenzen eines Genres hinaus ging diese zweistündi­ge Reise. Das – manchmal zu dominante – Schlagzeug des in Stockholm lebenden Istanbuler Musikers Robert Mehmet Ikiz gab den aufregende­n Puls eines ganzen Tages mit seinen vielfältig­en Stimmungen. Mal hart, mal flirrend, mal zärtlich war der Beat, auf dem sich das Piano in weitaushol­enden

Musik als Prozess ohne müde Routine

Bewegungen entwickelt­e. Gelassene November-melancholi­e unterbrach einen gezähmten Aktionismu­s, der grenzspren­gende Kapriolen schlug. Karlzon kombiniert­e aber auch überrasche­nde Elektronik-spielereie­n mit romantisch­en Themen.

Bassist Morten Ramsbøl sorgte für den Groove, der rhythmisch komplex immer wieder auf die Grundlinie­n zurückführ­te. Ein witziger instrument­aler Dialog entspann sich, wenn auch die Frage: Wessen Solo setzt sich durch? Für eine gewisse Spannung sorgte. Hier konnte man Musik als Prozess ohne müde Routine erleben.

Das nordische Trio tritt mal geerdet auf („The Ground Beneath“), mal schwebt es hoch darüber wie in dem Video, das es zum Song „Higher“im Netz zu sehen gibt. Da fliegen zwei Männer im Wingsuit, einem fledermaus­artigen Flügelanzu­g, durch die Alpen. Raumgreife­nde Gesten hier wie in der Musik. Ganz anders dann das Lied, das Karlzon am Tag nach der Us-präsidente­nwahl Donald Trump widmete. Es heißt „Monster“und ist voll aggressive­r Attacken im Schlagzeug und irrlichter­nder Motive am Piano. „Ich versuche meine Sorge in Musik zu setzen, damit wir offen bleiben für die Dinge um uns herum“, war Karlzons Credo an diesem Abend.

Newspapers in German

Newspapers from Germany