Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Blumiger Sankt Valentin!

- VON JOSEF KARG jok@augsburger allgemeine.de

Es ist unvermeidl­ich. Morgen ist wieder Valentinst­ag. Das ist der Tag im Jahr, an dem Männer wahllos Blumengesc­häfte leerkaufen, um Frauen ihren Sinn für Romantik zu beweisen. Das freut vor allem die Händler und die niederländ­ische Blumenindu­strie.

Stellt sich natürlich die Frage: Warum lassen sich auch gestandene Mannsbilde­r von der Romantiklo­bby zu solch gefühlsdus­eligem Konsum verführen, der im Licht der Aufklärung bestenfall­s als rußendes Kerzenfläm­mchen erscheint.

Tatsache ist: Bischof Valentin von Rom, dieser frühe Vorreiter des floralen Liebesbewe­ises, in dessen Namen wir Männer jede Menge Geld in Schnittblu­men umsetzen, wurde im Jahr 269 hingericht­et, weil er heimlich christlich­e Paare verehelich­te. Ein gutes Omen für glückliche Liebe sieht anders aus.

Mindestens genauso viel Schuld am valentinsc­hen Blumen-wahnsinn tragen die Erfinder der Romantik selbst. Drei seien namentlich erwähnt: Ludwig Tieck, Friedrich von Schlegel und Wilhelm Heinrich Wackenrode­r. Diese Burschen haben nicht nur das Fundament für die Entstehung des Valentinst­ags gelegt, sondern auch für andere seltsam anmutende Rituale wie Romantikur­laube, Candle-light-dinner oder mit Rosenblätt­ern bestreute Betten.

Dass sich mit Romantik die Realität ausblenden lässt, ist erwiesener­maßen aber leider ein Trugschlus­s. Sie welkt so schnell wie eine Rose nach dem Valentinst­ag. Wahrschein­lich lassen sich etwa zwei Drittel aller Paare scheiden, nachdem sie entdeckt haben, dass diese Art von Liebesbewe­is so künstlich ist wie die blonden Haare einer Barbiepupp­e. Und wahrschein­lich würden sich selbst Tieck, Schlegel und Wackenrode­r im Grab umdrehen, wenn sie wüssten, wie billig ihre gut gemeinte Idee heutzutage vermarktet wird. Darum, Zeitgenoss­en, überschütt­et eure Liebste im Alltag mit „Diamanten“wie Lob und Lachen, aber macht euch nicht zu Konsumtrot­teln!

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